Kapitel 9

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"Da seid Ihr ja", sagte da Legolas, der plötzlich hinter einer Säule hervortrat. "Ich habe auf Euch gewartet." "Oh, entschuldigt.", sagte ich überrascht und mit etwas schlechtem Gewissen. Ich hatte fast vergessen, dass wir uns verabredet hatten. Aber mir war auch nichts anderes übrig geblieben, als in der Bibliothek abzuwarten, bis Aragorn und Boromir verschwunden waren. Immerhin etwas neues, was in Legolas mitteilen konnte. Später. 

Legolas nickte nur mit einem Lächeln und öffnete mir die Tür zur gestrigen Speisehalle, die heute zu einer Ratshalle umfunktioniert worden war. Dort fanden sich bereits alle anderen nach kurzen Gesprächen miteinander ein und nahmen Platz auf ihren Stühlen. Auch ich suchte mir einen Platz aus, möglichst weit weg von Boromir und neben Legolas, der mir zuvorkommend den Stuhl zurechtschob. Absichtlich würdigte ich Boromir keinen Blick, nicht dass er sich noch falsche Hoffnungen machte, dennoch konnte ich aus meinem Augenwinkel Aragorns Blick erhaschen, der mich mit gerunzelter Stirn zu mustern schien. Als er bemerkte, dass ich dessen bewusst war, schaute er schnell weg. Da erhob sich Gandalf auch schon mit großen Gebärden und seinem schwingenden grauen Mantel von seinem Stuhl und eröffnete mit einem Klopfen seines Stabes die Runde. Alle verstummten und als Gandalf gerade seinen Mund öffnete um zu einer Eröffnungsrede anzusetzen, da ertönte lautes Gezeter von draußen. 

"Wir wollen auch mit rein!", hörte ich die aufgebrachte, hohe Stimme eines protestierenden Hobbits. "Ja, wenn Herr Frodo darf, warum sollten wir dann nicht?", pflichtete ihm ein anderer bei, gefolgt von Klopfen an der Tür. Seufzend erhob sich Elrond um die Sache zu klären. Erst jetzt fiel mir auf, dass in der Tat nur Frodo am Tisch mit uns saß, seine drei Gefährten jedoch nicht.

"Ihr wisst ganz genau welche Rolle Frodo bei diesem Rat spielt, also akzeptiert, dass ihr nicht eingeladen seid.", sagte Elrond freundlich aber bestimmt. In diesem Moment kam auch Frodo hinzu und trat seinen Freunden gegenüber. Auch er war sichtlich verwundert darüber, dass er der einzige der Hobbits war, der dem Rat beiwohnen durfte. "Was ist hier denn los?", fragte Frodo mit seiner unschuldigen, fast kindlichen Stimme. "Herr Elrond will uns nicht rein lassen!", rief Merry, worauf auch Pippin anfing herumzuschreien.

"Ruhe!", rief Elrond schließlich laut, sodass die Hobbits eingeschüchtert vor ihm zurück wichen und große Augen machten. "Komm Frodo", sagte Elrond und warf den Halblingen noch einen entschuldigenden Blick zu. Er hatte es nicht so gemeint, aber ich konnte an seinem Gesichtsausdruck merken, dass er dringendere Probleme hatte, als enttäuschte Hobbits.  Sie sind doch wirklich noch kleine Kinder, dachte ich schmunzelnd und seufzte. Dann wandte ich mich zurück zur Runde. Elrond räusperte sich und begab sich an seinen Platz von gestern Abend ans Ende der Tafel.

"Lasst uns beginnen.", sagte er und wies auf Frodo. "Zeig uns den Ring.", forderte Elrond ihn auf. Ich beobachtete, wie dieser zögernd in seine Westentasche griff, dort kurz innehielt, dann schluckte und schließlich etwas glänzendes hervorholte und vorsichtig auf den Tisch legte. Man konnte förmlich spüren, wie alle im Raum erwartungsvoll die Luft anhielten. Eine Schwere legte sich auf die Schultern alle, eine Schwere, die kaum von dem Gewicht des sichtbar auf der Tischplatte liegenden Ringes verursacht werden konnte. Und doch. Der Ring., dachte ich mulmig. Ich hatte bis jetzt nicht wirklich angenommen, dass er ihn tatsächlich bei sich hatte. Der eine Ring. Andere hätten ihn vermutlich nur für eine Legende gehalten, hätten sie nicht miterlebt, welches Leid er vor Jahrhunderten verursacht hatte. Hätten sie nicht - wie Elrond -gesehen wie Isildur selbst damals den Ring von Saurons Hand getrennt hatte. Oder wären sie und ihre Kräfte nicht direkter Abstammung eines Ringgeistes, der von dem einen Ring kontrolliert wurde - wie ich. Und diesen einen Ring hatte der arme Hobbit die ganze Zeit mit sich getragen. Was für eine unendliche Bürde. 

"Danke Frodo", sagte Elrond in die Stille hinein. Dann stand er auf und lief unruhig hin und her, wie ein Tier in einem zu kleinen Käfig - ganz ungewöhnlich für ihn, der doch sonst in kritischen Situationen es immer vermochte, die Ruhe zu bewahren. 

Der Herr der Ringe oder das Erbe von AngmarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt