Kapitel 34

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Gandalf wurde die folgenden Tage als Befreier Rohans gefeiert. Was dieser natürlich mit seinem weisen Lächeln und einem Wink seines Stabes lachend ablehnte. Trotzdem veränderte sich nun Einiges im Königreich, oder zumindest in Edoras. Viele Dinge waren unter Grimes, beziehungsweise Saraumans Machenschaften vernachlässigt worden und so musste Theoden Vieles wieder an die Tagesordnung setzen, was in den Zeiten vor Grima normal gewesen war. Das Trainieren der Soldaten, Patrouillen durch Rohan und das Schmieden neuer Waffen. All das war Saraumans Versuch das Reich zu schwächen zum Opfer gefallen. Da war ihm leider auch ziemlich gut gelungen: Immer wieder trafen Berichte ein von Dörfern nahe an Isengard, die von Orks überfallen worden waren. Es musste gehandelt werden.

Aragorn, Legolas, Gimli und ich halfen wo wir konnten, während Gandalf sich oftmals mehrere Stunden mit Theoden besprach. Es gab einiges zu erklären und zu planen. Man hatte uns nach unserer weniger erfreulichen Ankunft und der Befreiung Theodens nun mehr als dankbar willkommen geheißen und uns gemütliche Schlafplätze angeboten. Dazu durften wir jeden Abend an der großen Tafel in der Haupthalle Platz nehmen und mit den Soldaten Theodens und ihm höchstpersönlich am Tischende unser Mahl genießen. So kam es, dass wir eines Abends nach dem Essen auf den Bänken versammelten, uns unterhielten und das ein oder andere Bier floss. Auch wenn Tag für Tag das Schicksal Mittelerdes immer düsterer wirkte, war es gut, auch solche Momente zu haben. Gerade lachten wir herzlich über einen Scherz Gimlis, da sah ich die blonde junge Frau mit den welligen langen Haaren, die sich als erstes um den befreiten Theoden gekümmert hatte. Nach meinem Verständnis stand sie ihm sehr nahe, konnte aber nicht seine Tochter sein. Ich hatte gehört, dass Theodens einziges Kind, Theodred, nicht lange vor unserer Ankunft in Rohan am Fluss Isen gefallen war. 

Die Frau saß etwas verloren zwischen all den Soldaten, wieder in ein helles, fließendes Gewandt gekleidet und obwohl sie ab und zu mit einem ihrer Landsmänner redete oder auch ab und zu über etwas lächelte, bemerkte ich, dass ihr Blick immer wieder zu uns Gästen glitt. Sie konnte nicht älter als ende zwanzig sein und sah mir zumindest äußerlich von Alter her sehr ähnlich. Ich beschloss, mich zu ihr zu setzten. Ich konnte mich nämlich nur zu gut in ihre Lage versetzten. 

"Ihr heißt Eowyn, richtig?", begann ich das Gespräch und nahm mit meinem Krug Bier neben ihr Platz. Sie schaute überrascht aber erfreut auf und nickte. "Eowyn , Eomunds Tocher und Eomers Schwestern. Ihn habt Ihr ja schon kennengelernt, wie ich gehört habe.", bestätigte sie. Ah, jetzt verstand ich die Familienverhältnisse. Sie sah ihrem Bruder auch zugegebenermaßen sehr ähnlich. Dieser war bis jetzt noch nicht zurückgekehrt, aber man hatte ihn und seine aussätzigen Reiter ausfindig gemacht und nun hieß es, dass sie auf dem Weg zurück nach Edoras seien. Es musste schwer gewesen sein, ihren Bruder gehen haben lassen. "Freut mich.", meinte ich ihr zunickend und hob meinen Krug. "Ich bin Elodiel, Elronds Tochter aus Bruchthal. Ich war noch nie in Rohan.", stellte ich mich meinerseits vor. "Danke für Eure Gastfreundschaft! Euer Land und die Pferde sind wirklich wundervoll." "Oh nein, wir haben zu danken! Und das ist doch selbstverständlich, nach eurer langen Reise.", erwiderte Eowyn abwinkend und erhob nun ihrerseits ihr Bier. Sie kam mir sehr sympathisch vor. Ich wusste nicht, wieviel sie von unserer Gemeinschaft und dem Grund unserer Reise wusste, also ging ich nicht weiter darauf ein, obwohl ich ihr sehr gerne von all den Erlebnissen erzählen würde. Stattdessen fragte ich sie, inwiefern sie mit König Theoden verwandt war und welche Rolle sie an dessen Hof spielte. Es konnte nie schaden sich mehr über königliche Familien in Mittelerde zu informieren. 

Also erklärte sie mir, lang und ausführlich aber dennoch unterhaltsam und interessant, dass Theoden ihr und Eomers Onkel sei, der die Beiden schon in jungen Jahren zu sich genommen hatte, nachdem beide Eltern kurz nacheinander verstarben. Sie erzählte, was ihr Name in der Sprache der Rohirrim bedeutete, wie ihr Alltag als sogenannte Schildmaid in Rohan aussah und dass sie neben den typischen Eigenschaften einer Dame am Hof auch die Fähigkeit zu Kämpfen besaß. "Leider sieht nicht jeder hier am Hof dieses Talent in mir.", meinte sie kurz und verstummte dann. Ihr Blick lag auf meiner leichten Rüstung, die ich nur zum Teil abgelegt hatte. "Ich wünschte, ich könnte auch so viel reisen und für mein Volk kämpfen." "Ich kenne dieses Gefühl und erst recht kann ich es verstehen, dass viele von einer Frau nicht so viel erwarten. Aber wenn deine Zeit kommt, wirst du sie alle in den Schatten stellen, da bin ich mir sicher. Sie alle überraschen und denjenigen, die dich unterschätzt haben einen Denkzettel verpassen.", ermutigte ich sie und dachte dabei an all die Male in meinem deutlich längeren Elbenleben, in denen man mich für schwach und unfähig abgetan hatte. Mein Selbstbewusstsein, mein Mut und Stolz waren hart erkämpft und manchmal immer noch Probleme für mich. "Ihr habt Recht. Dank, wirklich. Hier gibt es nicht viele, die dies nachvollziehen könnten.", meinte sie und schaute sich dabei bedeutungsvoll in der Halle voll mit zechenden Soldaten um. Ich schnaubte und nickte. Dann brachen wir beide in Gelächter aus. 

Der Herr der Ringe oder das Erbe von AngmarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt