Kapitel 21

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Es ging viel zu schnell, als das ich handeln konnte und so konnte ich nur mit offenen Augen dastehen und die Eiserne Spitze auf mich zufliegen sehen. Doch als ich schon dachte, mein Körper würde als Delikatessenspieß enden, ertönte ein lauter Schrei.
"Nein!".... Und dann ging alles ganz schnell.
Ohne Vorwarnung durchbohrte mich der Speer nicht, denn auf einmal schoss etwas in die Flugbahn und so traf die tödliche Metallspitze auf den Körper, der nur noch einmal zusammenzuckte und dann mit einem letzten Seufzer leblos liegen blieb.
Es war Frodo.
Ungläubig starrte ich auf den toten Hobbit. Das Kämpfen hatte aufgehört, überall Leichen von Orks und nun blickten alle starr vor Entsetzen auf die Szenerie die sich vor meinen Augen abgespielt hatte und eine ganz unerwartete Wendung bekommen hatte. Selbst der Troll blinzelte überrascht. Dafür dass das alles so schnell passiert war es jetzt so, als ob die Zeit stehen geblieben war. Und dann begriff ich: Frodo war tot.
Ich keuchte endlich auf und stürzte zu dem Halbling. Der Speer steckte nicht weit in seinem Körper. Nur bis zur hälfte der Spitze. Ich drehte Frodo zu mir und bettete ihn in meinen Schoß. Sein Gesicht war noch vom Schmerz verzerrt, seine Augen halb geschlossen... Und er hielt etwas fest in seiner Hand umklammert. Es war der Ring, der an einer Kette gegangen hatte, die jetzt gerissen war.
Ein heißes Gefühl stieg in mir hoch, Trauer, vermischt mir Wut, sodass mir unweigerlich Tränen in die Augen schossen. Das durfte nicht sein... Nein, nein, nein. Nicht wegen mir! Egal was ich tat, egal wie oft ich verzweifelt mit meinen Finger durch seine Haare fuhr, ich konnte es nicht rückgängig machen. Er hatte sich für mich geopfert.
Ich ergriff mein Schwert, legte Frodo vorsichtig auf den Boden, wischte die Tränen weg, die mir gekommen waren und erhob mich. Der Feind würde dafür bezahlen. 
Und als hätte man auf diesen Moment gewartet, fing der Troll plötzlich an, um sich zu schlagen. Legolas feuerte Pfeile auf das Untier und alle, selbst die Hobbits erhoben ihre Klingen und stürmten auf die Kreatur zu, um den Tod ihres treuen Freundes zu rächen. Allen voran stürmte ich wütend vor und schleuderte meine beiden Dolche jeweils in die Rechte und linke Schulter des Trolles. Dieser kreischte und versuchte Aragorn, Gimli und Boromir aus dem Weg zu gegen, aber die drei Krieger bearbeiteten ohne jegliche Pause seine Beine, sodass der Troll bald unter wütenden Stöhnen in die Knie ging.
Jetzt war meine Zeit gekommen. Ich sprang auf den weißen Steinblock von Balin und von dort aus auf die Schultern des Trolls, wobei ich mich an den beiden Dolchen abstützte. Ich stand jetzt im Nacken des Biests, das versuchte mich abzuschütteln, aber bevor ich das Gleichgewicht verlor, hob ich mein Schwert und versetzte ihm den Todesstoß durch seinen Hinterkopf.
Nach ein paar letzten krampfartigen Bewegungen erschlaffte er und ich sprang von dem riesigen toten Fleischberg.
Ich sah mich um und sah das sich die anderen bereits Frodo zugewannt hatten. Sam und Pippin vergruben ihre Gesichter in ihren Händen und Merry versuchte sie zu trösten. Langsam setzte ich mich zu ihnen, um mit zu trauern, auch wenn uns nicht viel Zeit blieb. Mir war klar, dass wir hier schnellstens verschwinden mussten, denn das war sicher nur ein Teil der Orks gewesen. Auch die anderen senkten traurig ihre Köpfe, als Aragorn sich hinunter beugte, um den Körper zu sich zu ziehen.
Doch plötzlich, als Frodo schon in seinen Armen lag und Aragorn ihn gerade hoch geben wollte, geschah etwas unmögliches. Frodo blinzelte. Er keuchte plötzlich auf und schaute sich um, was passiert sei. Ich konnte es kaum fassen. Wie konnte er noch leben? Oder war das nur eine Illusion?
Nein, denn Frodo schaffte es tatsächlich sich hinzusetzen und uns so anzuschauen, als wäre nicht passiert. 
Doch er wäre fast gleich wieder umgekippt, hätte Gandalf den schlagartig glücklichen Hobbits, die versuchen Frodo stürmisch zu umarmen, nicht Einhalt geboten. Immer noch verwundert, aber froh zugleich beugte ich mich hinunter zu ihm, um sein Gesicht zwischen meine Hände zu nehmen und ihn unverwandt anzustarren, während mir stumm sie Tränen auf den Umhang tropften. Ich konnte es nicht fassen. Er starrte zurück, dann lächelte er. In diesem Moment hätte ich ihm wirklich gerne richtig ausgeschimpft, aber anstatt dessen umarmte ich ihn stürmisch.
"Wieso hast du das gemacht?", fragte ich dabei, wobei meine Stimme vor Emotionen bebte. "Wieso hast du dein Leben für mich geopfert?"
Frodos Grinsen wurde immer breiter.
"Weil du es nicht verdient hast, zu sterben." Ich konnte es noch immer nicht glauben. "Weißt du, was du uns für einen Schrecken eingejagt hast?", donnerte Sam. "Und wie konntest du das überleben?", wollte Boromir wissen.
Doch bevor Frodo uns Allen eine Antwort geben konnte, ertönte auf einmal erneuter Lärm aus der Halle: Noch mehr Orkgekreisch. "Wir müssen hier verschwinden.", sagte Gandalf bestimmt. "Frodo, kannst du aufstehen?". "Ich versuche es", antwortete Frodo und stand mit Hilfe der anderen Hobbits auf. Ich konnte mir gut vorstellen, was der Aufprall des Speers angerichtet hatte, auch wenn er dabei glücklicherweise nicht gestorben war.
So schnell es eben ging hasteten wir aus dem Raum hinaus in die Halle, an deren anderen Ende erneut Orks aus dem Tunnel kamen und uns mit Pfeilen beschossen. Zwar feuerte Legolas zurück, aber wir mussten weiter.
"Hier durch!", rief Gandalf und hielt eine schwere Eisentür auf, hinter der wieder eine Treppe hinunterführte. "Ich halte die Tür, lauft schon weiter, Aragorn, du übernimmst die Führung!"
Gandalf schloss die Tür hinter uns und blieb auf dem obersten Treppenabsatz stehen, während die Anderen Aragorn folgten. Ich drehte mich um und sah das Gandalf anfing Beschwörungen zu murmeln. Wie will er das ganz alleine schaffen?, fragte ich mich. Vor allem gegen so viele Orks?
Ich blieb bei ihm stehen und als er mich sah unterbrach er sich wütend. "Eliodiel, geh! Stör mich nicht ich muss mich konzentrieren!", zischte er, aber ich blieb und fing an mich auf die Felsen zu konzentrieren, die die Tür umgaben. Zwar schmerzten meine Hände schon, aber Ich wollte dem Gestein befehlen einzustürzen, wenn ein Ork hindurch...
"Geh!", rief Gandalf jetzt mit solch einer Macht, dass ich einige Stufen hinabfiel. Die ersten Schläge donnerten an die Tür, während Gandalf wieder weiter murmelte und ich begriff dass ich ihm nicht helfen konnte. Also wandte ich ihm missmutig den Rücken zu und hastete die Treppe hinunter; die Stufen schienen nur so dahin zu fliegen. 
Am Fuß der Treppe erwarteten mich die anderen mit großen Augen. "Wo bleibt Gandalf?", fragten sie besorgt, als plötzlich ein Krachen die Treppe erschütterte und eine Gestallt die Treppe hinunter flog. In wehenden grauen Gewändern landete der Zauberer schmerzhaft auf dem harten Boden. Er hustete. Er war sichtlich geschwächt.
"Da ist eine größere Macht hinter dieser Tür, meine eigene Kraft ist mir entgegengekommen. Die Tür wird nicht lange halten.", keuchte er. "Wir dürfen keine Zeit verlieren!"
Legolas kam ihm zu Hilfe und stützte den schwachen Zauberer. So hasteten wir - wenn auch verlangsamt - durch eine weitere riesige Halle, deren Ende man nicht sehen konnte und die von großen und schmuckvollen Pfeilern in einem anderen Stil gestützt wurde. Das Licht von den zwei kleinen Fackeln die wir noch hatten reichte nicht einmal annähernd aus, um sehr weit zu sehen; die Zwerge hatten damals wohl ganze Teile des Berges ausgehöhlt. 

Das unheimliche Geräusch von vielen, wütend stampfenden Füßen hinter uns bewegte uns weiter, aber schon nach einiger Zeit schien es nicht nur von der Treppe zu kommen, sondern von überall, sodass es schaurig in dem Raum widerhallte.
Die Schatten schienen sich zu bewegen und wir rannten immer schneller, doch auch von vorne kamen quietschende Geräusche immer näher, bis sich plötzlich hunderte von Orks aus den Schatten lösten.
Fast schon panisch, wie ein Kaninchen vor der Schlange versuchten wir einen Ausweg zu suchen, liefen im Zickzack durcheinander, versuchten eine Lücke in der Masse der Orks zu finden, die sich rollend auf uns zubewegte. Sie schienen auf etwas zu warten, zwar leckten ein Paar ihre hässlichen Fratzen, aber ich merkte nach einiger Zeit, dass sie überraschenderweise einen gewissen Abstand zu uns hielten. Sie griffen nicht an. Und auf einmal verstummten alle. Kein Zischen. Kein Schaben ihrer Füße auf dem Steinboden. Auch wir wurden instinktiv langsamer.
Was geht hier vor sich? , fragte ich mich und eine unbeschreibliche Angst kroch in mir hoch. Was konnte so viele Orks zurückhalten. Wohl nur etwas viel Schlimmeres...
Mit großen Augen sah ich mich um. Einige Orks fingen an komisch zu zucken, andere wimmerten sogar und auf einmal wichen sie Schritt für Schritt zurück in die Schatten, aus denen sie gekommen waren. Schon wollte erleichtert ausatmen, da wurde die Halle von einem Licht erfüllt, feurig rot und hell, sodass ich mehrmals Blinzeln musste, nach all der Finsternis hier unten.
"Ein Balrog", hauchte Gandalf und das war das erste mal, dass ich so etwas wie Angst in seiner Stimme erkennen konnte. Es schmerzte so etwas in der sonst so starken Stimme des Zauberers zu hören. Wie die Orks vorher, wichen auch wir zurück. Und dann rief Aragorn: "Rennt!"

Der Herr der Ringe oder das Erbe von AngmarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt