Kapitel 84

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Sie wachte in einem dunklen feuchten Raum auf. Beziehungsweise dachte sie, dass sie aufgewacht war. In Träumen hatte sie nämlich noch nie dröhnende Kopfschmerzen gehabt. Stöhnend hielt sie sich ihre pochende Schläfe.
Was war passiert?
Sie war doch gerade auf dem Weg zu Mason.
Warum ist sie jetzt hier?
Wo ist sie?
Langsam dämmerte es ihr. Sie trug Plastikschnüre um ihre Handgelenke, die sich unangenehm in ihre Haut schnitten. Auf ihren Mund klebte ein Stück Klebeband. Ruckartig riss sie es sich vom Mund, da sie langsam durch die Nase keine Luft mehr bekam.
Panik verbreitete sich in ihrer Brust und ließ ihr Herz noch schwerer werden. Das Atmen wurde noch schwieriger, als sie in das pure Schwarze blickte.
In dem Raum, in dem sie sich befand, war nichts, was ihr zu sehen verhelfen könnte. Ihr laut gewordener Atem verstummte, als Kylie Schritte hörte, die sich einer vermutlichen Tür näherten.
Ihre Vermutung wurde bestätigt, als sich die Tür öffnete und somit ein Lichtschwall in den Raum drang. Von der Helligkeit geblendet, kniff Kylie die Augen zu. Schnell schloss sich die Tür und es wurde wieder dunkel.
Doch dieses Mal war sie nicht allein.

"Hallo?" fragte sie in die Stille.

"Genau ihre Stimme..." stieß eine rauchige Stimme aus.

"Wie bitte?" fragte sie verwirrt.

"Genau Monikas Stimme..." hauchte ihr Gegenüber. Kylies Herz setzte einen Schlag aus. Monika ... diesen Namen gibt es sicherlich etliche Male auf dieser Welt. Also muss er gar nicht ihre Mutter meinen. Der Mann am Ende des Raumes stieß ein komisches Stöhnen aus, welches Kylies Nackenhaare aufstellte.

"Ich muss dich sehen..." seufzte er und ein Klicken drang durch den Raum. Licht, ausgesendet von einer kargen Glühbirne, fiel in den Raum.
Nicht weit weg ging ein Mann mit dunkel braunen, bereits grauen Haaren auf die Knie. Seine hellbraune Hose lag auf den feuchten, kalten Gestein des Kellers in dem sie sich vermutlich befanden. Das blaue Hemd spannte sich über seinen Bierbauch, während seine Hände auf seinen Knien lagen.

"Doch irgendwie ist das nicht meine Monika. Dein Vater ist dieser Jerry Black, richtig?" Darauf hatte Kylie zwar eine Antwort, aber konnte sie nicht herausbringen. Sie lehnte an der kalten Wand und schmiegte sich immer näher an sie, je näher dieser unheimliche Perverser kam.

"Jerry ... es war meine Frau ... er hat sie mir einfach so weggeschnappt ... Mistkerl!"stoß er immer wieder heraus. Kylie hätte schwören können, dass er bei der Beleidigung ihres Vater spuckte und noch röter anlief.

"Aber jetzt hab ich dich. Zwar nicht so schön, wie sie, aber du kommst ihr schon sehr nahe." sagte er und kam so nah an sie heran, dass er nur einen Arm ausstrecken musste, um sie zu berühren.

"Wer sind sie und woher kannten sie meine Mutter?" brachte Kylie die Frage endlich hinaus, die ihr auf den Lippen brannte.

"Die Monika..." er schmunzelte und Kylie hätte kotzen können, weil ihr so unwohl war.

"Ich war ihr Fotograph. Wir waren verliebt, aber sie hatte eben zwei Kinder und einen Ehemann, deshalb wollte sie nicht weiter gehen."

"Meine Mutter war nicht in sie verliebt. Sie war angewidert von ihnen." erklärte Kylke wahrheitsgemäß. Ihre Mutter hatte damals von einem komischen Fotografen erzählt, welcher Fotos von ihr zum Zweck ihrer Arbeit gemacht hat. Irgendwas muss er aber getan haben, dass sie die Bilder nicht abholen kommen wollte.

"Du hast keine Ahnung! Selbstverständlich hat sie keine Ahnung ... du warst zu jung. Es war unser Spiel. Sie tat angewidert, aber war es in Wirklichkeit nicht. Deine Mutter scherzte gern, nun bin ich in scherzen nie gut gewesen. Oftmals verstand ich vieles falsch, aber die Liebe zwischen uns war echt!" für einen Bruchteil einer Sekunde schenkte Kylie den Worten dieses Mannes Glauben. Danach besonn sie sich wieder und schluckte die aufsteigende Übelkeit herunter.

"Dann allerdings ..." fuhr der Mann weiter,
"gab es diesen Jerry. Der Mann an den sich meine Monika immer gewandt hat. Der Mann an den sie sich anvertraut hat. Der Mann der ich hätte sein müssen.
Deshalb bat ich sie, dass sie weiterhin in mein Büro kommt, damit ich sie weiter fotografieren kann.
Du musst verstehen, dass deine Mutter eine sehr Schüchterne war. Ich wusste, dass sie unter ihrer Kleidung eine noch bezaubernde Frau versteckte." Kylie wurde von Mal zu Mal unwohler und sie wusste, dass wenn er weiter ins Detail gehen würde und sie weiter mit den quälenden Erinnerungen konfrontieren würde sie diese Übelkeit nicht mehr aufhalten konnte. Zu ihrem Pech holte er Luft und fing kurz danach wieder an mit reden.

"Aber das ging meinem Liebling zu weit und sie versteckte sich bei ihm. Ich beobachtete sie, damit ich ihr jeder Zeit helfen konnte, falls ihr etwas zustoßen würde.
Und dann ... traf es mich wie der Blitz. Ich hatte sie verloren. Meine Monika war verloren und würde nie wieder zu mir zurück kommen.
Das wusste ich.
Du musst wissen, dass ich nicht gern teile.
Wenn ich nicht sie haben durfte, dachte ich, sollte sie keiner haben." sagte er nickend und versuchte mit Kylie Blickkontakt aufzubauen. Sie jedoch starrte angespannt und konzentriert auf seine Hose.

"Was wollen sie mir damit sagen?" fragte Kylie gepresst und ballte ihre Hände zu Fäusten.

"Ich will sagen, dass ich nette Leute engagierte, um das fahrrende Auto, indem sie sich befand, zu rammen.
Du musst wissen, dass ich alles tat, um sie zu beschützen.
Aber als ich sah, dass sie noch lebte, beschloss ich ihr Leben sofort zu beenden." Kylies Herz begann zu rasen. Bilder flogen in ihrem inneren Auge an ihr vorbei. Szenen von der Vergangenheit. Sie hörte Schüsse. Nein. Sie hörte den Schuss, der ihre Mutter tötete. Den, der von diesem Mann gegenüber abgedrückt wurde.
Vermutlich war sie etwas neben der Spur, denn dir bekam nicht wirklich mit, wie sie sich nach vorne beugte und sich über den Schoß des Mannes übergab.

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