Irgendwann wurde mir klar das ich wieder einmal träumte.
Im ersten Moment hatte alles normal gewirkt. Ich war über das Feld, von dem ich immer wieder verdrängte, dass es eigentlich ein Massengrab war, in Distrikt Zwölf gerannt. Die Sonne schien mir warm ins Gesicht als ich von der Weide, in den Wald kam und der Schatten meine Haut kühlte. Wie früher oft, wanderte ich einfachdurch das Baumwerk um überschüssige Energie loszuwerden. Ich kletterte über umgefallene Baumstämme und rannte bis ich nicht mehr konnte und auf die Knie sank, um nach Luft zu schnappen. Der Schmerz in den Lungen war ein Zeichen, das ich lebte und ich hieß ihn willkommen. Gleichzeitig war ich froh, als er langsam wieder verstummte und ich ruhiger atmete. An einen umgefallenen Baum gelehnt schloss ich die Augen und genoss die Geräusche der Natur. Dieser Moment, der Erschöpfung, in dem ich endlich einmal nicht die Wut und Energie spürte, die ich immer in mir trug, war der Himmel.
„Darf ich mich zu dir setzten?“ Dillians Stimme war der Grund warum ich wusste, dass ich träumte. Genau wie mir klar war, dass es wohl wieder schrecklich enden würde.
Trotzdem konnte ich ein Lächeln nicht unterdrücken, als ich die Augen öffnete und zu ihm aufschaute. Ein schelmisches Lächeln auf seinen Lippen, wartete er gar nicht erst auf eine Erlaubnis, sondern setzte sich einfach neben mich. Ich kuschelte mich sofort an seinen Arm und lehnte meinen Kopf an seine breite Schulter. Wie wundervoll wäre es gewesen, wirklich einmal mit ihm in diesen Wald zu sitzen. Ihm seine wahre Heimat zu zeigen. Da wo er hingehörte. Aber es würde nie passieren.
Als wenn mein Traum-Dillian meine Traurigkeit spüren würde, befreite er seinen Arm aus meiner Umklammerung, nur um gleich darauf um mich zu legen. Fest zog er mich an sich und ich schlang meine Arme um seine schlanke Taille.
„Warum denn so trübsinnig Primrue?“, fragte er nach einer Weile, „Das Wetter ist schön. Wir sind zusammen. Was macht dich also traurig?“
„Das du nicht real bist.“, gestand ich leise und drückte mich stärker an ihn. Genoss wie warum und echt sich sein Körper anfühlte. Würde dies irgendwann verschwinden. Wenn ich vergaß, wie es sich angefühlt hatte, in seinen Armen zu liegen. Wären seine Berührungen dann ohne Wärme? So sehr ich vergessen wollte, ich wünschte, dass ich zumindest dies für immer behalten könnte. „Du bist nur ein Traum. Du bist nicht mehr da.“
„Das ist nicht wahr Primrue.“, gab er zurück. Ich runzelte verwirrt die Stirn. Warum widersprach mir mein eigener Traum? „Ich bin doch hier.“
Dillians Stimme hatte sich nur leicht verändert. Trotzdem ließ es mich aufhorchen. Ich hob meinen Kopf und schaute in sein Gesicht, was mittlerweile nur noch eine halb verweste Totenfratze war.
„Ich werde immer bei dir bleiben.“
Ich schrie nach Leibeskräften, um mich aus den Traum zu befreien, doch nichts halb. Die lebende Leiche, die nichts mehr mit Dillian gleich hatte, hielt mich mit unbarmherzigen Händen nah bei sich und grinste unheimlich. Tränen liefen mir über das Gesicht und ich bettelte darum, dass er mich gehen lassen sollte.
Meine Sicht verschwamm und ich war mir sicher, dass das Salzwasser, was in strömen aus meinen Augen floss, daran Schuld war.
Langsam wurde jedoch aus der Fratze wieder ein menschliches Gesicht, mit glatter, normaler Haut. Graue Augen starrten mich besorgt an und Lippen schienen stumm auf mich einzureden. Der Griff an meinen Armen war zwar immer noch fest, aber nicht mehr schmerzhaft und bestimmend. Nur Schritt für Schritt tauchte ich auf den Traum auf. Um jeden Millimeter musste ich kämpfen und das einzige was dazu führte, dass ich nicht auf gab, waren Catos graue Augen, die meinem Blick standhielten.
„Atme Primrue. Atme.“, vernahm ich endlich seine Stimme, als auch die letzten Fetzen des Traumes verschwanden. Nur noch in den Schatten des Zimmers lauerte der lebende Leichnam und wartete darauf wieder zu zuschlagen. Panisch schaute ich mich nach einem Lichtschalter um. Cato erkannte meine Not und fand ohne Probleme die Taste. Flut artig wurde das Zimmer in ein sanftes Licht getaucht und verscheuchte die Schatten und die Monster die darin lauerten.
DU LIEST GERADE
Primrue Mellark 2 | Ungewolltes Schicksal
FanfictionTeil 2 (Teil 1 hier: http://www.wattpad.com/story/14799951-primrue-mellark-ungewolltes-erbe) Mein Name ist Primrue Mellark und ich habe meine Spiele gewonnen, doch nicht ohne einen furchbaren Preis dafür zu zahlen. Zurück in meinem Distrikt will ich...