Primrue Mellark 2 | Kapitel 31

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Als ich aufwachte, war ich verwirrt.
Besonders, da ich nicht einmal wusste, warum ich überhaupt weg gewesen war.
Innerlich versuchte ich mich zu erinnern, was passiert war, aber ich konnte mich nur daran erinnern mit Henna zu Nex gekommen zu sein und mit ihm geredet zu haben. 
Die ganze Zeit hatte mein Kopf gebrummt gehabt aber dies hatte ich auf das Betäubungsgas geschoben. 
„Ich glaub sie wacht auf.“ Hennas Stimme klang erfreut und ich kämpfte darum, meine Augen zu öffnen. 
Zumindest schien ich mir nicht das Mädchen eingebildet zu haben.
„Was ist passiert?“, fragte ich, bevor ich wieder komplette Kontrolle über meine eigene Sicht hatte.
„Du bist umgefallen.“, erklärte wieder das Mädchen, welches ich nun, mit deutlicherer Sicht, vor mir knien saß. „Nex hat dich rechtzeitig aufgefangen und hier hin gelegt.“
Erst als sie es erwähnte, merkte ich, dass ich nicht auf einen Hart Betonboden lag, sondern auf einem weichen Schlafsack. 
„Du scheinst wohl einer derjenigen zu sein, den mein Vater mit den Nebenwirkungen meinte, oder?“ Nex tiefe Stimme war um einiges weiter weg, wodurch ich nicht mal versuchte ihn in der schummrig beleuchteten Halle zu finden. 
Eher dachte ich erneut über diese Aussage nach.
Nebenwirkung. Anscheinend vertrug ich das Gas wirklich schlecht. Sogar schlechter als ich selber gedacht hatte, wenn ich einfach ohne Grund umkippte.
Meinte Geier jedoch eher, dass das, was zwischen mir und Cato passiert war, auch nur deswegen gewesen war?
Mir war heiß gewesen, meine Haut zu eng und erst seine Berührungen schienen Linderung zu schaffen. War es aber nichts außer der Droge gewesen?
„Vielleicht.“, brachte ich leise heraus und wollte am liebsten nicht mehr genauer darüber nachdenken.
„Wie lange war ich weg?“, versuchte ich das Thema zu wechseln.
„Ungefähr einen Tag.“, erklärte Henna neben mir.
„Was?“, brach es fast panisch aus mir heraus.
„Es waren eher 26 Stunden und 23 Minuten.“, kommentierte Nex Stimme wieder von irgend woher und beruhigte mich damit nicht wirklich.
„Was ist passiert?“
„Du meinst wie viele gestorben sind?“
„Sind welche?“, fragte ich ängstlich und versuchte mich aufzusetzen, was jedoch nur halb gelang.
„Drei Jugendliche und die Frau aus Distrikt Drei.“ Nex Stimme klang ziemlich neutral, aber ich konnte es ihm nicht vorwerfen. Wie lang war er schon hier?
„Und alle anderen?“
„Scheinen noch sicher zu sein.“, mir gefiel nicht, wie er das „noch“ betonte, aber ich ignorierte es. „Irgendjemand macht da oben jagt auf die Anderen. Ich vermute die Diplomaten aus Zwei. Sind schließlich als Soldaten trainiert.“
„Nein, die nicht.“
„Kennst du sie so gut?“, ich musste Nex nicht sehen, um zu wissen, dass er schmunzelte.
„Gut genug! Sie ist eigentlich aus Distrikt Vier und Shade ist Ausbilder. Er liebt seinen Sohn. Vielleicht tötet er andere Diplomaten aber nicht die Jugendlichen.“
„Wahrscheinlich der Kerl, der mich beinahe erwischt hätte.“, schaltete sich Henna ein und ich nickte zustimmend.
„Er ist aus Distrikt Eins. Ich wusste nicht, dass die Leute auch dort trainieren, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.“
„Manche bleiben halt an ihren alten Sitten hängen.“, schlug Nex vor.
Das bedeutete, dass da draußen ein Karriero der alten Schule herum lief und jagt auf die anderen machte. Er wollte gewinnen, um jeden Preis und schien kein Problem damit zu haben dafür auch Kinder zu töten.
„Ich muss los.“, schoss es aus meinen Mund.
Gleichzeitig sprang ich auf, was jedoch nur zu folge hatte, dass mir kurz schwarz wurde, und der Boden unter meinen Füßen sich bewegte.
In der nächsten Sekunde schlangen sich starke Finger um meine Oberarme und sorgten dafür, dass ich stehen blieb.
Auch wenn ich mich im ersten Moment fragte, wie Nex so schnell da sein konnte, versuchte ich mich gleichzeitig, ohne großen Erfolg, mich los zumache.
„Schwach wirken, kommt vor den Kameras nicht so gut.“, erinnerte ich ihn und mich daran, dass wir ständig beobachtet wurden und aufpassten mussten, was wir sagten.
„Dann ist ja gut, dass ihr keine Kameras sind.“, gab Nex leise zurück. 
Ich wollte ihn fragend anschauen, aber immer noch drehte sich alles und ich hatte Angst mich zu sehr zu bewegen. Netter Weise erklärte er es von selbst.
„Ich hab hier unten alles von Asu entfernt.“
„Und das hat er zugelassen?“
„Er war nicht begeistert aber er da er mich nicht umbringen konnte, nicht mal als er die Jugendlichen auf mich gehetzt hat, hat er aufgegeben.“
„Die Jugendlichen aufgehetzt?“
„Der der ihn getötet hätte, wäre hier herausgekommen.“, erklärte Henna hinter mir. 
Immer wenn ich dachte, dass ich wusste, wie bösartig dieser Mann war, kamen neue Abgründe auf.
„Arschloch.“, rutschte es mir raus und wieder spürte ich Nex schmunzeln.
„Meine Meinung.“
Zwar schien der Boden unter meinen Füßen sich immer noch zu sehr zu bewegen, aber ich hatte schon zu viel Zeit verloren.
„Ich muss die Anderen finden.“, brachte ich wieder hervor, aber es klang sogar in meinen eigenen Ohren schwach. 
„Wie wäre es, wenn du kurz mal durch atmest, bevor du da hochgehst. Dann werden ziemlich sicher alle Kameras auf dich gerichtet sein, da du es irgendwie geschafft hast, ihn noch mehr anzupissen, als ich.“, meinte Nex leise.
„Darin bin ich gut.“ 
Trotzdem lehnte ich meinen Kopf gegen seine Schulter und tat was er sagte.
Kurz schloss ich die Augen und versuchte tief durchzuatmen. 
Da es sich gut an fühlte, nahm ich sogar noch einen Atemzug und merkte regelrecht, wie meine Beine wieder standhafter wurden.
Es vergingen ein paar Minuten, in denen ich mir diesen schwachen Moment gönnte, bevor ich mich wieder von Nexs Schulter abdrückte.
Dieses mal ließ er mich auch los, beäugte mich jedoch argwöhnisch, ob ich eventuell wieder umkippte.
Er schien nach einigen Sekunden aber genau wie ich davon überzeugt, dass ich stehen blieb.
„Und was willst du jetzt machen?“, fragte Nex ruhig.
„Die anderen suchen.“
„Welche Anderen. Geht das etwas genauer?“
Am liebsten hätte ich wegen seiner emotionslosen Art aufgeschrien aber er hatte Recht.
„Der Mann aus meinem Distrikt.“, kam sofort aus meinen Mund. „Der Junge aus Distrikt Neun, beide aus Zwei, der Mann aus Drei und der Mann aus Vier.“
„Und für was brauchen wir sie?“
„Du warst derjenige von uns beiden der hier raus wollte, oder?“
Nex nickte und ich lächelte triumphierend.
„Dafür brauchen wir Kämpfer und jemanden der sich mit Technik auskennt.“, behauptete ich schnell, auch wenn ich nicht sicher war, ob Aaron das überhaupt konnte. Nur weil er aus Distrikt Drei war, hieß nicht gleich, dass er ein technisches Genie war.
Anscheinend war ich jedoch nicht eine so gute Lügnerin, wie ich hoffte. Zumindest nicht Nex gegenüber, der mehr als paranoid wirkte. 
Also probierte ich es anders.
„Fein. Wenn du mir nicht helfen willst, tue ich es eben selber.“, knurrte ich angriffslustig.
Schnell schaute ich mich um und suchte das Messer, was ich den Mann aus Distrikt Eins abgenommen hatte. 
„Wo ist meine Waffe?“, wirbelte ich zu Nex herum, doch der stand schon wieder nicht dort, wo er war. 
Auch wenn es kindisch war, stampfte ich wütend mit dem Fuß auf, was Henna ein Lachen entlockte.
„Lass das Nex. Dafür hab ich keine Zeit!“
„Wofür?“ 
Da seine Stimme auf einmal wieder hinter mir war, drehte ich mich schnell um. Er stand wirklich da, nur dass er einen Köcher über den Rücken geschnallt hatte und einen Bogen in der Hand, wodurch er gleich noch einmal gefährlicher wirkte. 
Ohne etwas zu sagen streckte er die Hand in meine Richtung aus und hielt mir zwei Dolche in seiner riesigen Pranke entgegen.
„Ich denke die sind besser ausgewogen.“, erklärte er.
Schweigend nahm ich die beiden Dolche und musste gestehen, dass sie wirklich besser waren. 
Nex schien einiges angehäuft zu haben, da er aus einer weiteren Truhe noch einen Gürtel, an dem kleinere Messer befestigt waren. 
Wurfmesser.
Ich konnte nicht anders, als erfreut Lächeln.
Nex erwiderte es.
„Dann lass uns mal jagen gehen.“

Primrue Mellark 2 | Ungewolltes SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt