Die Zeit verging, ohne das ich es wirklich mitbekam. Karlic und ich trainierten, bis wir keine Luft mehr bekamen und jeder Knochen in unserem Körper schmerzte. Doch immer noch hörte wir nicht auf. Nach einer kurzen Pause schlug mein Sparring-Partner vor, doch mit Stäben zu kämpfen. Eine Waffe die ich noch nie in der Hand hatte aber ich stellte fest, das Karlic ein guter Lehrer sein konnte. Nach nur wenigen Minuten des Einweisens wirbelten wir schon wieder um einander herum und lockten damit, auch andere dazu uns zuzusehen. Nicht nur Diplomaten schienen hier zu trainieren, sondern auch Soldaten, die im Kapitol arbeiteten. Zumindest erkannte ich viele unbekannte Gesichter, als wir wieder eine kurze Pause einlegten. Schwer atmend stützte ich mich auf meine Knie und wusste nicht, was mir diesen Tag, überhaupt noch verderben sollte.
„Ach sind sie nicht süß die beiden? Wollt ihr euch nicht lieber ein Zimmer suchen, falls ihr noch mehr auf Tuchfühlung gehen wollt?“
…
Außer Daphne natürlich.
Wütend blickte ich nach oben, wo sie über mir aufgerichtet stand. Ihr Gesicht eine selbstzufriedene Grimasse.
„Dürfen wir anderen jetzt auch mal?“, fragte sich zuckersüß und zwinkerte mir zu.
Am liebsten hätte ich sie einfach angesprungen und sie umgeworfen, damit ich ihr das Lächeln aus dem Gesicht schlagen konnte aber Karlic hielt mich auf, indem er mir, eine Hand auf die Schulter legte.
„Klar. Wir machen was anderes?“ , erklärte er.
Warum tanzten immer alle nach ihrer Pfeife? Diese Matte hatten wir aufgebaut. Sie waren unsere.
Vielleicht war meine Einstellung nicht sehr Diplomatisch aber das war mir egal.
Gerade wollte ich wieder meinen Plan in die Tat umsetzten, als ich Karlics warnenden Blick sah. Er schaute zwischen mir und einigen der Soldaten, die Daphne eindeutig bewunderten, hin und her.
Oh das durfte doch nicht wahr sein!
Trotz meiner Wut, schaffte ich es aufzustehen und an ihr vorbei zu gehen. Karlic gesellte sich zu mir. Nur Daphne konnte es natürlich nicht lassen.
Gerade waren wir durch die herumstehende Masse gestoßen, als ich ihre Stimme hörte: „Anscheinend hat sie Angst vor mir.“ Einige Lacher stimmten ihr zu und ich wirbelte herum.
Nur Karlics Arme, die sich blitzschnell um meine Taille wanden, hielten mich auf.
„Wir gehen zu den Sandsäcken.“, bestimmte er, „Jetzt!“
Eher weil der Junge aus Distrikt Neun mich immer weiter weg zog, als weil ich es wollte, folgte ich ihm.
Die Idee mit den Sandsäcken war jedoch gar nicht so schlecht. Ich ließ meine Wut über das Mädchen eben einfach an ihnen aus.
Jedoch verpuffte mit der Wut, auch meine Lust weiter zu trainieren. Mit ihr auch nur in der gleichen Halle sein zu müssen, ließ meinen Magen rumoren.
„Ich hör auf für heute.“, beschloss ich deswegen leise in Richtung Karlic.
„Alles okay?“
Warum fragten mich das immer alle, obwohl sie es doch wussten? Nein. Nichts war okay.
Der einzige Grund, warum ich ihn nicht anfuhr war, weil er mich ehrlich besorgt an sah.
„Ich komm klar.“
„Morgen wieder um die gleiche Zeit?“
„Warum nicht.“ Ich schenkte ihn ein kurzes entschuldigendes Lächeln, bevor ich mich auf den Weg, zurück zu den Aufzügen machte.
Ich hatte nicht einmal gemerkt, wie viel Zeit überhaupt vergangen war, aber ein Blick aus den gläsernen Eingangstüren, zeigte mir, dass die Sonne untergegangen war.
„Verlässt du uns schon so früh?“
Frustriert seufzend blieb ich stehen. Das durfte doch nicht wahr sein? War ich irgendwie ein Magnet, der das Mädchen aus Elf irgendwie anzog?
„Was willst du?“, fragte ich deshalb auch genervt, ohne mich wirklich umzudrehen. Ich konnte jedoch regelrecht spüren, wie sie mit den Schultern zuckte.
„Warum denn immer so schlecht gelaunt? Nervt es dich, dass du nicht der einzige Stern mehr am Himmel bist?“
„Was?“ Jetzt drehte ich mich doch verwirrt herum.
„Das Mädchen, was die Spiele gewonnen hat. Eine kleine Berühmtheit und jetzt musst du es mit uns teilen. Dazu sieht Cato anscheinend nicht mehr nur dich, wie er es gern hätte. Sondern dein wahres Ich.“
„Und das wäre?“, knurrte ich leise, während ich einen Schritt auf sie zurück ging.
„Eine weinerliche, verzogene Göre? Du tust immer so super stark, aber eigentlich hattest du den Sieg nicht verdient. So viele waren besser als du aber mit deinen großen, blauen Augen hast du alle um den Finger gewickelt. Nalla oder Nero hätten so viel mehr den Sieg verdient als du. Sie kämpften Seite an Seite, mit dem wissen, dass nur einer von ihnen wieder kommen würde.“
„Die Zwillinge...“, stellte ich leise fest. Die beiden Tribute aus ihrem Distrikt. Ich wusste, nicht über wen sie sonst reden sollte.
„Nicht mal ihre Namen hast du also gekannt? Waren sie nicht gut genug für dich, um sie dafür auszunutzen, damit du gewinnst? Dillian, den Jungen aus Fünf. Ja selbst deinen eigenen Bruder hast du weiß gemacht, dass du ihn retten würdest!“
Ihre Worte schalteten irgend etwas in mir aus und die reine Mordlust nahm über. Bevor ich überhaupt wusste, was ich tat sprang ich dem Mädchen wie eine wild gewordene Furie entgegen. Anscheinend hatte sie jedoch genau damit gerechnet, da sie mich mit einer Stärke, die ich von ihr nicht erwartet hätte abfing und gegen die nächste Wand warf. Doch nur weil sie vielleicht, den ersten Schlag gesetzt hatte, waren wir noch lange nicht fertig. Dieses mal war es sie, die auf mich zukam und ich konnte ihr mit ausgestreckten Fuß in den Bauch treten, was sie schmerzhaft zusammenzucken ließ und mir ein befriedigendes Gefühl gab. Da ich mehr davon wollte, setzte ich sofort nach. Einmal traf ich mit meiner rechten Faust, bevor sie die linke abfing und verdrehte. Dieser Kampf war nicht schön, war nicht Spaß. Wir wollten einfach einander wehtun und das taten wir. Zumindest bis die ersten Wächter kamen und uns versuchten auseinanderzubringen. Immer noch traten wir nach einander und versuchten uns aus den Armen der Männer zu befreien, die es wagten, unseren Kampf zu unterbrechen.
Schon drei waren nötig, um mich festzuhalten, als ich eine vertraute Stimme hörte: „Verdammt Primrue, was machst du da?“
Mein Kopf wirbelte zu Finn, der mich entsetzt anstarrte. Gerade als ich zurück brüllen wollte, das Daphne angefangen hatte, sah ich wer bei ihm war.
Geier.
Vor Schreck gab ich sofort meine Gegenwehr gegen die Wächter auf, die mich dadurch endlich unter Kontrolle brachten.
Warum war er mit ihm zusammen unterwegs?
„Was ist hier vorgefallen?“ Die Stimme des älteren Mannes ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
„Wir fanden die beiden kämpfend vor, Sir und haben sie versucht zu trennen.“, erklärte einer der Wächter hinter mir.
„Schien ja nicht so einfach zwei junge Mädchen zu trennen, mmh?“ Geier schaute bei seinen emotionslosen Worten mich an und doch spürte ich regelrecht, wie der Soldat hinter mir, sich versteifte.
„Eine Nacht in einer Zelle sollte die Junge Ms. Mellark sicher wieder zur -vernunft bringen.“
Mein erster Gedanke war: Warum nur ich?
Mein zweiter jedoch, wandte sich an Finn: Warum half er mir nicht?
Er nickte nur unbemerkt, als ein weitere Soldat nach mir griff und meinen Überlebenswillen in mir weckte. Tretend und strampelnd kämpfte ich wieder um meine Freiheit. Warum hatte dieser alte Mann das Recht, über mich zu entscheiden.
„Lasst sie sofort los.“ Alles um mich herum erstarrte, als sie die eisige Stimme hörten, doch mein Herz machte einen Sprung, für welches ich es selber verabscheute. Verräter. Wir waren wütend auf ihn, schon vergessen?
Alle Blicke wanderten zu Cato. Ich hatte keine Ahnung wo er herkam, noch was er alles mitbekommen hatte. Doch seine wütenden Augen, waren nicht auf mich gerichtet, sondern auf Finn und Geier.
„Und sie mischen sich ein weil?“ Geier schien unbeeindruckt von meinem Distriktpartner.
„Weil, so weit mir bekannt ist, Diplomaten und Berater gleichgestellt sind, womit sie kein Recht haben, ohne den Präsidenten, über Primrue zu entscheiden. Also“ Sein Blick wanderte zu den Soldaten und er knurrte: „Lasst. Sie. Los.“
Sofort verschwanden die Arme, die mich festhielten und ich fiel einpaar Zentimeter tiefer. Gerade so schaffte ich es mein Gleichgewicht zu halten und einen Schritt zur Seite zu treten.
„Wie konnte ich das nur vergessen?!“, murmelte Geier, während er weiter, auf Cato starrte.
„Ein langer Tag. Jeder darf danach etwas verwirrt sein.“, schlug Cato charmant vor.
„Wohl wahr junger Mann. Wohl wahr.“ Kurz ruhte der Blick des ehemaligen Hauptspielmachers auf mir, bevor er weiter Richtung Ausgang ging und verschwand.
Auch der Rest der Gesellschaft, verschwand klammheimlich, selbst Daphne, deren Auge mittlerweile komplett zugeschwollen war.
Nur Finn blieb und sah mich ausdruckslos an.
„Primrue, gerade -“
„Wag es nicht.“, unterbrach ich ihn zischend. „Wag es nicht mit mir zu reden.“
Wütend wollte ich einfach nur weg und schlug deswegen wieder einmal den Weg zum Aufzug ein. Dieses mal wurde ich auch nicht unterbrochen und erreichte ihn, ohne Probleme.
Cato folgte mir, was mir im Augenblick egal war. Mit mir stieg er in den Aufzug und ich schlug auf unseren Knopf, damit die Türen sich schlossen.
„Was war los?“, fragte Cato sanft hinter mir.
„Nichts“, knurrte ich zurück.
„Nach nichts sah das nicht aus. Eher danach, dass ihr euch gegenseitig umbringen wolltet.“
„Sie hatte mich provoziert.“
„Mit was?“
„Mit der Wahrheit!“,schrie ich und wirbelte zu meinem Distriktpartner herum, während ich wütend die Tränen weg blinzelte, die sich in meinen Augen bilden wollten. „Damit das ich alle angelogen hatte. Das ich nie alleine gewonnen hätte und das die anderen für mich gestorben sind“
„Du weißt genau, dass das nicht wahr ist.“
„Sie sind für mich gestorben.“, gab ich kleinlaut wieder.
„Weil sie es wollten, nicht weil du sie gezwungen hast.“, erklärte Cato geduldig.
Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte und starrte deswegen lieber auf den Boden.
„Wegen gestern -“
„Es ist okay Cato.“, hielt ich ihn auf.
„Nein ist es nicht.“ Seine Hand wanderte unter mein Kinn, wodurch er mich zwang, in wieder in die Augen zu schauen. „Es war nicht richtig und es tut mir Leid.“
„Du magst sie halt..“ Meine Stimme klang trauriger, als ich gedacht hatte. „Jeder mag Daphne“
„Ich nicht.“, gestand er, „Aber ich kann ja schlecht unhöflich zu ihr sein oder? Nicht an den ersten Tagen.“
„Es wirkt aber eher, als würdest du sie sehr mögen.“, gab ich zurück. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln und ich merkte erst, wie eifersüchtig, das klang.
„Das liegt vielleicht daran.“, begann Cato, „das ich einfach an jemanden anderen denke, wenn ich mit ihr Rede.“
„An wen?“ Hatte er doch jemanden in Distrikt Zwölf kennen gelernt, ohne das ich es mitbekommen hatte? Sein Blick bohrte sich regelrecht in meinen, als seine Finger von meinem Kinn, auf meine Wange wanderten und dort sanft darüber strich.
Langsam bewegte sich sein Kopf auf mich zu. Seine Augen baten kurz um Erlaubnis und als ich nicht zurück wich, nahm er dies wohl als eine Zustimmung.
In der nächsten Sekunde berührten seine Lippen, die meinen, sanft. Kaum spürbar. Cato selber machte nicht mehr daraus und trotzdem begann sich in meinen ganzen Körper Wärme auszubreiten. Wie von selbst wanderte meine Hand ebenfalls zu seinem Gesicht und zog ihn näher an mich. Ich wollte mehr von ihm spüren und er kam meiner stillen bitte nach. Drückte seinen Mund stärker auf meinen Lippen, wodurch ein schaudern über meinen Rücken lief. Ich spürte sein schmunzeln an meinen Lippen, als er seine zweite Hand auf meinen Rücken legte, und die letzten Millimeter zwischen uns schloss.
Gerade, als aus dem unschuldigen Kuss mehr werden wollte, hielt der Aufzug mit einem lauten Bing und zerstörte die Atmosphäre. Erschrocken sprangen wir aus einander und keine Sekunde zu früh. Denn Effie wartete vor den sich öffnenden Aufzugtüren und schaute erfreut, als sie uns sah.
„Ah, da seit ihr ja. Ich hab euch schon gesucht. Wollen wir zusammen essen gehen?“, fragte sie erfreut.
Ich konnte nicht zu ihr schauen. Starrte nur weiter auf Cato, der genau so verwirrt schien wie ich.
„Danke aber nein danke. Ich bin müde.“, murmelte mein Distriktpartner und drückte sich an der älteren Frau vorbei. Ich konnte ihn nur hinterherschauen, wie er in seiner Wohnung verschwand.
Meine Hand wanderte zu meinem Mund und berührte mit den Fingerspitzen meine Lippen. Immer noch konnte ich Catos auf meinen spüren. Ich wusste nicht was ich fühlte oder davon halten sollte. Nur eins war mir klar.
Ich wollte nicht, dass es vorbei war.
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Primrue Mellark 2 | Ungewolltes Schicksal
FanfictionTeil 2 (Teil 1 hier: http://www.wattpad.com/story/14799951-primrue-mellark-ungewolltes-erbe) Mein Name ist Primrue Mellark und ich habe meine Spiele gewonnen, doch nicht ohne einen furchbaren Preis dafür zu zahlen. Zurück in meinem Distrikt will ich...