Gerade verlasse ich das Büro des Direktors. Nachdem mich Yoongi hier abgeladen hatte bin ich direkt und ohne Umwege in das Zimmer von Mr. Choi. Der Mann mittleren Alters ist immer sehr verständnisvoll aber dennoch bestimmt und führt diese Schule nach gewissen Regeln. Als ich ihm geschildert habe warum ich so reagiert habe und es für mich einfach nicht ging diese Prüfung zu absolvieren, hat er mich mit warmen Augen angesehen, einige Unterlagen angeschaut und mir versichert, dass ich das Vortanzen auf jeden Fall nachholen dürfe. Nun bin ich mehr als erleichtert und eine schwere Last ist von meiner Brust genommen worden. Zudem hat er mich für heute von den Kursen entlassen, wofür ich ihm dankbar bin.
Schnell checke ich mein Telefon, was glücklicherweise noch ein wenig Akku hat. Taehyung hat mich gefühlte 50 Mal angerufen und auch Jin hat mir einige Nachrichten hinterlassen. Es ist relativ untypisch für mich, solange nichts von mir hören zulassen, also verstehe ich die vielen Anrufen in Abwesenheit und Nachrichten Ihrerseits. Also schreibe ich beiden schnell eine Nachricht und sage, dass ich noch lebe und ich heute nicht zu den Vorlesungen erscheinen werde. Weitere Erklärungen gebe ich ihnen nicht, das kann warten.
Ich schultere meine Tasche und mache mich auf den Weg zur Bahn, welche mich in mein ach so geliebtes Heim bringt. Natürlich setzte ich mich an einen Fensterplatz und starre in die weite Ferne. Ich mag es mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, auch wenn es oft voll ist und man nicht immer sitzen kann. Doch wenn ich die Chance dazu habe, wähle ich immer einen Fensterplatz. Die Landschaft die an mir vorbei zieht und die Musik in meinen Ohren, befördert mich in meine eigene Welt. Manchmal in die trübe und dunkle Gedankenwelt, doch manchmal auch in die positive und sonnige Welt. Eine Welt wie ich sie mir wünsche, wie ich sie mir vorstelle.Am Haus angekommen, öffne ich die Tür mit meinen Schlüsseln und schon da beschleicht mich ein komisches Gefühl. Als ich eintrete erkenne ich schon die sauber polierten Schuhe meines Vaters und den roten Mantel meiner Mutter. Was tun sie hier? Sind sie zurück gekommen wegen Taemins Jahrestag? Schnell streife ich mir meine Sneakers von meinen Füssen und lasse die Tasche unachtsam auf den Boden fallen. Will ich ihnen überhaupt begegnen? Doch führt wohl kein Weg daran vorbei. Von der Küche nehme ich Geräusche wahr, meine Füsse tragen mich automatisch dorthin. Ein Teil von mir will meine Eltern wiedersehen, will sie umarmen und sagen wie sehr ich sie vermisst habe. Doch der andere Teil will sie wachrütteln, will sie anschreien und ihnen sagen wie einsam ich bin ohne sie, dass auch ich einen Verlust erleidet habe und genau so fühle wie sie es tun.
Das Räuspern Meinerseits lässt die Köpfe meiner Eltern in meine Richtung sausen und beide Augenpaare bedecken mich mit diesem kalten Blick. Wie von selbst schlinge ich mir meine Arme um meinen Oberkörper, um mir wenigstens selbst ein bisschen Wärme zu spenden. Wärme die ich von meinen Eltern wohl nie mehr erwarten kann. ''Jimin. '' Die Stimme meiner Mutter lässt mich frösteln. ''Seid wann seid ihr wieder hier? '' Mein Vater setzt seine Kaffeetasse an seine Lippen und trinkt einen grosszügigen Schluck daraus, ehe er antwortet. ''Gestern Abend sind wir angekommen. Aber wir bleiben nicht lange. Wir müssen heute Abend weiter nach Moskau. '' Das ist in wenigen Stunden, ob sie bis dahin an das Grab meines Bruders gehen, ihn besuchen? Soll ich einen Schritt auf sie zugehen? Ich nehme all meinen Mut zusammen und atme einmal tief ein und wieder aus. ''Gehen wir an Taemins Grab? '' Meiner Mutter fällt die Tasse aus den Händen, welche sie gerade dabei abzuwaschen. Einige Sekunden herrscht totale Ruhe, nur das noch immer laufende Wasser plätschert in das Waschbecken. Beide blicken mich nicht an, es scheint als ob all ihre Emotionen aus ihren Gesichtern gewichen ist. ''Nein! '' Ein einziges Wort, doch es schneidet die Luft und vor allem mich tief in mein Herz. Ohne sonst noch hinzuzufügen, stürmt sie an mir vorbei und verschwindet aus meinem Blickfeld. Tränen bilden sich in meinen Augen und es dauert nicht lange, bis sie mir über die Wangen fliessen. Wie konnte ich auch denken sie würden dies wollen. Meine Hoffnungen wurden erneut im Keim erstickt. Mit schnellen Schritten flüchte ich aus der Küche, lasse meinen Vater zurück.
In meinem Zimmer lasse ich mich an der Tür runtergleiten und mein Gesicht vergrabe ich in meinen Händen. Sie werden heute Abend einfach wieder abreisen, werden so tun als ob Taemins Tod niemals passiert wäre oder er überhaupt jemals existiert hätte. Wie können mich meine Hoffnungen solche Wünsche hegen lassen, wenn diese sowieso nicht in Erfüllung gehen. Doch ist es so falsch zu wollen, dass die eigenen Eltern einem etwas Kraft spenden, mit einem versuchen diese Trauer zu überwinden und gemeinsam in die Zukunft zu gehen?
Ich ertrage diese zwei Personen nicht mehr, ich muss hier raus, sollen sie doch gehen und mich behandeln als wäre ich nicht auch ihr Sohn. Ich bin all die Jahre schon auch ohne sie ausgekommen, irgendwie. Schwerfällig rapple ich mich auf und suche mir andere Klamotten aus dem Schrank, einen roten Pulli mit zu langen ärmeln und eine schwarze Skinny Jeans, ehe ich ins Badezimmer gehe und mich unter die Dusche stelle. Ich werde alleine zu seinem Grab gehen, werde alleine zu ihm sprechen und von meinem Tag berichten. Fertig geduscht und angezogen, verlasse ich ohne ein weiteres Wort das Haus und mache mich auf den Weg zum Friedhof. Zuerst kaufe ich aber noch Blumen, welche ich ihm hinlege.''Ich vermisse dich Hyung! Mama und Papa sind hier, aber nur kurz. Sie reden noch immer nicht über dich, behandeln deinen Tod so als ob er niemals passiert wäre. Ich wünsche mir nichts mehr als, dass du mich noch ein letztes Mal in den Arm nimmst, mich Geborgenheit und Liebe fühlen lässt.
Ich verkehre seit neustem in einem Tattoostudio und ich muss sagen die Leute sind so anders als ich sie immer abgetan habe. Aber da ist jemand Hyung, es ist fast als ob ich spüren kann, dass er etwas mit sich rumträgt, vielleicht geht es ihm ähnlich wie mir. Doch er redet nicht viel, ist kalt und distanziert. Manchmal da habe ich das Gefühl er hasst das Leben und wer weiss vielleicht tut er das auch.
Ich wünschte du wärst hier um mir durch meine Haare zu wuscheln und mir bezüglich dieses Typen einen Tipp zu geben. Er ist interessant Hyung, ich will ihn kennenlernen, wissen wer er wirklich ist unter all diesen Tätowierungen.
Ich liebe dich Taemin und ich vermisse dich so sehr. ''
Nach dem Besuch bei Taemin schlendere ich einfach durch die Strassen, an verschiedensten Läden vorbei, doch denen wirklich Aufmerksamkeit schenken tu ich nicht, gefangen in meinen eigenen Gedanken. Meine Füsse tragen mich einfach, ohne ein genaues Ziel anzuvisieren. Doch als ich meinen Blick hebe erkenne ich ganz deutlich das Studio, welches ich doch erst heute Morgen verlassen habe. Was tue ich hier, warum haben mich meine Füsse hier hingetragen? Unentschlossen ergreife ich die Klinke und weiss nicht so recht ob ich hineingehen soll oder nicht. Dennoch tu ich es und die kleine Glocke über der Tür klingelt bei meinem Eintreten.
Wird mich Yoongi überhaupt sehen wollen oder wird er mich bitten wieder zu gehen?
DU LIEST GERADE
Under my skin
FanfictionYoongi ist Tätowierer mit Leidenschaft und ein Adrenalin- Junkie. Er ist ganz bestimmt kein Vorbild, denn Drogen bestimmen sein Alltag. Jimin hingegen ist der Vorzeige- Student schlechthin. Er liebt ein geregeltes Leben. Was ist, wenn zwei Welten k...