Yoongi
„Ähm hi", fing ich an, betete, dass er mich gehört hatte und ich mich nicht wiederholen müsse.
Park Jimin stand wahrhaftig vor mir, seine Schönheit mit nichts zu übertreffen. Seine silbrig-blonden Haare schienen in dem fahlen Licht sogar ein wenig zu glitzern—bildete ich mir zumindest ein.
„Hallo", sagte er nur. Seine Lippen zu einem schüchternen Lächeln verzogen. Er hatte sich an die Wand gelehnt und ebenfalls einen Becher in der Hand, aus welchem er nun auch trank. Ich tat es ihm gleich und schon nach kürzester Zeit war mein Becher leer. Wobei mir aufgefallen war, dass die Flüssigkeit immer widerwärtiger wurde, desto mehr man davon intus hatte.
„Können wir bitte diesen elendigen Smalltalk überspringen?", fragte Jimin. Seine Stimme zeigte Unmengen an Desinteresse, was mich verunsicherte. „Wenn du unbedingt willst", versuchte ich, ihm einigermaßen stark zu antworten. Ich scheiterte, denn meine Stimme war viel zu leise, weshalb er nur fragend seine Augenbrauen zusammenzog.
„Wie auch immer", winkte er nur ab. „Was willst du von mir Yoongi?" Fast wäre ich beim Klang gestorben, wie ihm mein Name über die Lippen geglitten war. Wobei ich mich dann doch darüber wunderte, woher er ihn überhaupt wusste. „Du warst so alleine, weshalb ich dir Gesellschaft leisten wollte", sprach ich die Halbwahrheit aus. Eigentlich wollte ich nur die Chance nutzen, um endlich einmal mit dir zureden, ohne deinen besitzergreifenden Freund, wäre allerdings die Wahrheit gewesen.
„Ich bin aus einem guten Grund alleine", sagte er nur abschätzig. „Aber wenn du alleine sein willst, warum bist du dann hier?" Ich machte eine ausladende Geste, deutete auf all die Studenten, welche nun im Begriff waren, sich zu betrinken. Wobei mir ebenfalls auffiel, dass sich der Alkohol langsam bemerkbar machte.
„Ich bin nicht freiwillig hier, sondern nur wegen meinem Freund." Er sprach das letzte Wort mit so unglaublich viel Sarkasmus aus, sodass ich beinahe davon begeistert wäre. Womöglich teilten wir sogar denselben Sinn für Humor—oder zumindest was den Sarkasmus anging.
„Wo ist er überhaupt?", fragte ich Minuten später, in welchen ich mir, sowohl Jimin, einen neuen Becher der berauschenden Flüssigkeit besorgt hatte. Mit einem ehrlichen Lächeln nahm er ihn mir ab. Mein Herz begann ein wenig zu rasen, als mir bewusst wurde, dass es wirklich nur mir galt.
„Weiß ich nicht und ist mir um ehrlich zu sein auch relativ egal", war seine Stimmung allerdings gekippt. „Ärger im Paradies?", fragte ich, spielte auf seine vorherige Aussage an. „Kann man so sagen", erwiderte er nur argwöhnisch, nachdem er die Flüssigkeit des Bechers beinahe mit einem Zug in sich verwinden ließ.
Jungkook tat mir jetzt schon leid, wenn er morgen mit Jimins Kater aufwachen sollte. „Weißt du Min Yoongi?", sprach er—oder viel eher lallte er. Entweder vertrug er den Alkohol noch schlechter, als Jin, oder Jungkook war ebenfalls höllisch betrunken und half sozusagen zu seinem Verhalten nun mit. Wobei auch mir gerade auffiel, dass ich mehr als nur angetrunken war. Ich hätte es nicht in einem Zug trinken dürfen, bemerkte ich, als sich dann doch alles um mich herumzudrehen begann.
„Weißt du Yoongi?", wiederholte er sich, zeigte dabei mit deinem Zeigefinger auf mich. Erneut würde mir bewusst, wie schön er meinen Namen aussprach. „Ja Park Jimin", sagte ich irgendwann, nachdem er noch immer nichts gesagt hatte, sondern mich nur stumm angesehen hatte. Wäre ich in einer anderen Konditionen, wäre ich womöglich draufgegangen. Es war einfach nur ein tolles Gefühl, zu wissen, dass der Crush so unbekümmert mit einem redete.
„Hoseok ist sehr freundlich und auch habe ich das Gefühl, dass wir uns ebenfalls sehr gut verstehen könnten", sagte er dann doch irgendwann. Mein Herz fing allerdings an zu schmerzen. „Vielleicht werden wir ja mal Freude." Ich schrie im Inneren. Ich war in der positiven Friendzone angekommen! Ich zwängte mir nur ein Lächeln auf. „Bestimmt", presste ich zwischen meinen Zähnen hervor, als ich einen weiteren Becher holen wollte, wobei mir Jimin zeigte, dass er ebenfalls einen wolle. Obwohl ich mir sicher war, dass er nichts mehr trinken sollte. Aber sein Körper, seine Entscheidungen.
Aber ich brauchte den Alkohol. Ich wollte anfangen zu vergessen. Die Tatsache vergessen, dass er mir gerade nur eine mögliche Freundschaft angeboten hatte. Also kam ich kurze Zeit wieder, um Jimin seinen Becher zu geben, welcher diesen schon sehnlichst erwartet hatte. „Danke", sprach er nur, ehe er ihn auch schon halb geleert hatte. „Jungkook wird dich dafür lieben", merkte ich nur auf seine Trinkfreudigkeit an. Er zögerte, ehe er mir antwortete: „Sein Pech, wenn er mich schon auf diese Party schleppt." Er versenkte kurz seine Zähne in seiner Unterlippe, was ich zutiefst bedauerte. Sie solle unbeschadet bleiben, Herr Gott.
„Aber du bist nicht sonderlich besser", lachte er auf. Verwirrt sah ich ihn an, doch er erklärte es mir: „Na so viel, wie du gerade intus hast, bist du definitiv nicht besser."
„Aber zumindest kann ich davon ausgehen, dass er oder sie sich nicht auch gerade betrinkt, wie in deinem Fall", sagte ich. Bei meinem letzteren Teil bemerkte ich, wie ein dunkler Schatten über sein Gesicht gehuscht war. Vielleicht, ganz vielleicht hatte ich eine Vermutung, würde es aber niemals wagen, diese auszusprechen.„Du hast keine Ahnung, wer er oder sie sein könnte, richtig?", fragte er, versuchte sich unbewusst aus diesem Szenario zu schlingen und mir die Aufmerksamkeit Teil werden zu lassen. „Ja", ich fuhr mir mit meiner Hand einmal nervös durch mein Haar. „Ja, leider habe ich keine Ahnung—warte, woher weißt du das?" Neugierig sah ich ihn an, doch er lachte nur. „Ich will nicht behaupten, dass sich solche Sachen wie ein Lauffeuer verbreiten, aber genau das tun sie."
„Shit, das ist gar nicht gut." Kurz sah er mich bei der Erwähnung des englischen Schimpfwortes entsetzt an, ehe er tonlos auflachte. „Na ja aber das ist doch irgendwie spannend, oder nicht?! Ich meine, vielleicht ist er oder sie ja näher, als du denkst." Er zwinkerte mir zu. Seinen ganzen Satz hatte er nur so vor sich hergelallt. Und wäre ich nüchtern und nicht betrunken gewesen, so hätte ich sicherlich kein Wort verstanden, doch ich tat es.„Es macht Spaß mit dir zu reden", sagte er, während er einen Blick in meinen Becher riskierte. Seine Lippen verzogen sich zu einem Schmollen, als er sah, dass dieser leer war. Warte, wann habe ich den Rest getrunken?! Aber auf seine Aussage hin nickte ich nur, quittierte es lediglich mit einem „Ja, mit dir auch."
Er wollte erneut seinen Mund öffnen und etwas erwidern, da kam uns Hoseok dazwischen, welcher mich zu sich herumriss.
„Taehyung und Jungkook sind aneinander geraten, wir werden jetzt gehen", brachte er zwischen schweren Atemzügen hervor. Kurz glitt mein Blick zu Jimin, welcher aber eher einen genervten, als besorgten Eindruck machte. „Ich werde ihn köpfen", sagte er nur, als er uns den Rücken zuwandte und sich auf der Suche nach seinem Freund machte.
„Komm mit", vorsichtig zog mich Hoseok hinter sich her, wo wir draußen auch sogleich auf einen aufgebrachten Taehyung stießen. „Gott warum habt ihr so lange gebraucht", empfing er uns wütend. „Also erstens musst du ihn erstmal in diesem Getümmel finden, und zweites hatte er mit Jimin gesprochen und da wollte ich allgemein ungern eingreifen."
Der Blonde gab aber nur ein unbekümmertes „Aha" von sich, ehe er voranschritt. Hoseok etwas sicherer und ich leicht torkelnd hinterher.
Entweder hatte mein Seelenverwandter es ebenfalls in Erwägung gezogen, sich zu betrinken, oder ich hatte tatsächlich mehr getrunken, als mir eigentlich lieb war.
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[20190918]
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significant
Fanfiction- abgeschlossen - Eine Welt, in welcher es eine Selbstverständlichkeit ist, einen Seelenverwandten zu haben. Nur Yoongi hatte bis jetzt nicht das Glück, ihm begegnet zu sein. Doch dabei war ihm nicht bewusst, dass dieser näher war, als es die ganze...