6 - nightmare

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Yoongi

„Scheiße Mann du hättest nicht so viel trinken dürfen", klagte Taehyung, als er mich zu meinem Bett schleppte. Ich wusste gar nicht mehr, wie wir zu unserer Wohnung kamen. Generell schien alles, was seit der Party geschah, verblasst zu sein.

„Hmm", gab ich müde von mir, als ich auf meiner Matratze lag. Wie hatte er es geschafft, mich darauf abzulegen? „Bitte sag mir, dass du nicht zu viel getrunken hast und gleich kotzen musst." Ich schüttelte nur mit dem Kopf. „Mir geht es gut", sagte ich trotzdem, auch wenn ich wusste, dass es eine Lüge war. Aber so viel Alkohol hatte ich nun auch nicht getrunken, da war ich mir sicher.

„Ja ja", erwiderte Taehyung nur, ehe er die Decke über mich ausbreitete. Meine Klamotten hatte ich noch so an, wie wir die Party verlassen hatten. Nur meine Schuhe hatte ich mir in einem verzweifelten Akt von den Füßen treten können. „Schlaf gut", sagte er leise, als er zur Tür schritt. „Wehe du übergibst dich", warnte mich der Blonde noch, bevor er das Licht ausschaltete. „Gute Nacht", hörte ich ihn schwach, ehe er die Tür hinter sich zuzog.

Gott ging es mir miserabel. Und irgendwie hatte ich nicht die Vermutung, dass es nur am übermäßigen Alkoholkonsum lag, sondern an etwas anderem, oder viel eher an jemand anderem.

[•••]

Ich wachte weinend auf. Warte, warum weinend? Ich schluchzte auf, fühlte mich auf einmal so unglaublich alleine und verloren. Keine fünf Sekunden später quollen erneut mehrere Tränen aus meinen Augen und liefen über meine Wangen, ehe sie im Stoff meines Kopfkissens versiegten. Eigentlich war mir nicht nach weinen zumute, doch ich tat es, oder viel eher tat er es. Er, dessen Identität ich noch immer nicht wusste.

„Yoongi, warum weinst du?", fragte mich Hoseok, als dieser in mein Zimmer gestürmt kam. „Ich weiß es nicht", jammerte ich. Ich tat es wirklich nicht. Ich wollte nicht weinen, konnte aber nicht damit aufhören, weitere Tränen zu vergießen.

„Das bist nicht du, richtig?!", bemerkte er. Ich nickte nur hastig, ehe ich erneut aufschluchzte und sich die warme Flüssigkeit auf meiner Wange ausbreitete.

„Das ist nicht gut, das ist ganz und gar nicht gut." Akribisch fuhr er sich mit seinen Händen über das Gesicht. „Ach wirklich", wollte ich sarkastisch erwidern, verfiel aber in einem erneuten Heulkrampf.

„Das kann nicht ewig so weitergehen. Wenn wir nicht bald wissen, wer er ist- Gott ich bin überfordert." Erneut fuhr er sich über das Gesicht, stieß nebenbei ein genervtes Stöhnen aus.

„Was macht dein Kopf?", fragte er mich dann, nachdem meine Schluchzer immer mehr abgeebbt waren. „Tut weh, was sonst", meinte ich nur, nachdem ich aus dem Bett stieg. Mir fiel auf, dass ich noch meine Klamotten vom Vorabend trug. Mir die Hand auf Stirn schlagend, atmete ich genervt aus, verfluchte mich aber noch im selben Moment, als mein Kopf zu dröhnen begann.

„Wie spät ist es?", fragte ich dann irgendwann, während ich auf meinen Kleiderschrank zulief, um mir dort ein paar Klamotten herauszuziehen. „Halb fünf Uhr morgens." Ich stockte in meiner Bewegung. Warum sollte er um diese Zeit so fürchterlich weinen? „Im Ernst?", fragte ich nach. „Ja im Ernst! Du hast geweint wie ein Baby, ich hab' mir Sorgen gemacht!"
„Tut mir leid aber es war nun mal nicht meine Schuld."
„Das hab ich mir dann auch gedacht", meinte er letztendlich nur, als ich an ihm vorbeilief.

„Was denkst du, macht er gerade durch?", fragte er mich von außerhalb, nachdem ich mich im Bad eingeschlossen hatte, um mich dort in Ruhe umziehen zu können.

„Vielleicht hatte er einen Albtraum oder so", antwortete ich meinem besten Freund, nachdem ich wieder vor ihm stand.

„Und was machst du jetzt?", bemerkte Hoseok, als ich an ihm vorbeiging, um mir in der Küche ein Glas mit Wasser zu füllen. „Ich habe einen Kater, was also denkst du, werde ich jetzt tun?", merkte ich ironisch an, während ich auch schon ein Aspirin in der durchsichtigen Flüssigkeit versenkte.

Es dauerte nicht lange, da hatte sich die Tablette auch schon aufgelöst und ich begann aus dem Glas zu trinken, wobei mir beinahe schlecht geworden ist. Kurz später war es leer und ich wischte mir mit dem Ärmel des Pullovers über den Mund.

„Du siehst noch ganz verweint aus", sagte mir Hoseok, während er mich bei meinen ganzen vorherigen Handlungen beobachtet hatte. „Es ist aber nicht meine, sondern seine Schuld. Ich kann nichts dafür, wenn er gerade einen Nervenzusammenbruch zu durchleiden scheint." Daraufhin erwiderte er nichts, stimmte mir nur mit einem verständnisvollen Nicken zu.

„Aber ich kann dir versichern, dass das alles besser wird, sobald ihr euch wirklich gefunden habt."
„Das hat Taehyung auch schon gemeint und trotzdem weiß er noch immer, wie es dir geht, oder was mit dir los ist."
„Ganz wird das nie verschwinden, das kann ich dir versichern, aber es wird besser."
„Dann kann ich es kaum erwarten."

Ich wanderte ins Wohnzimmer, wo ich mich auch sogleich auf der Couch niederließ, nebenbei massierte ich meine Schläfen. Gott ich hasste es, einen Kater zu haben. „Du warst aber auch ziemlich betrunken", meinte Hoseok. Offensichtlich war er mir gefolgt, hatte sich neben mich gesetzte. „Ich denke, dass nicht nur ich meinen Teil dazu beigetragen habe", erwiderte ich monoton, sprach meine Bedenken aus. „Moment! Heißt das, du gehst davon aus, dass er ebenfalls auf der Party war?!" Seine Stimme wurde ein wenig lauter, als ihm die Bedeutung meiner Worte klar wurde.

Ich nickte nur stumm, kämpfte gegen die Kopfschmerzen an. Ich hätte wirklich nicht so viel trinken dürfen, doch jetzt war es definitiv zu spät dafür, sich darüber zu beklagen.

„Wieso gehst du nicht wieder schlafen?", fragte ich meinen besten Freund mit fast geschlossenen Augen. Draußen war es noch dunkel und die Lichter der Stadt fielen ins Wohnzimmer. Wir hatten uns nicht die Mühe gemacht, das Licht einzuschalten, weshalb wir nun beinahe im Dunkeln saßen.

„Ich muss doch auf dich aufpassen", sagte er nur selbstverständlich. „Außerdem bin ich jetzt hellwach und habe nicht das Gefühl, dass ich wieder einschlafen werde." Ich nickte nur, auch wenn ich mir sicher war, dass er es nicht sehen konnte. Oder generell alle nonverbalen Gesten, die ich zuvor getan habe.

„Hat Taehyung das alles mitbekommen?", fragte ich dann irgendwann. Normalerweise war der Blonde ebenfalls verdammt Aufmerksamkeit, weshalb es mich wunderte, dass er nicht nach mir gesehen hatte. „Taehyung schläft wie ein Stein und darüber bin ich auch unglaublich froh. Ich habe nämlich gemerkt, dass er in letzter Zeit schlecht schläft, was natürlich nicht unbeschadet an uns beiden vorbeigeht." Ich erwiderte nichts darauf, gab ihm aber mit einem „okay" zu bekennen, dass ich ihm zugehört habe.

Irgendwann wurde es leiser zwischen uns, und es war lediglich nur noch der Regen zu hören, welcher nun erneut in Strömen vom Himmel fiel. Mein müder Verstand schloss seine Augen, ganz von alleine. Und ich fiel in einen leichten Schlaf, ganz von alleine. Mein Körper allerdings fühlte sich so an, als stünde er unter immensen Stress, oder er stand unter immensen Stress.

Ich fuhr erschreckt zusammen, als es an der Tür klopfte. Wer bitte sollte um diese Zeit an der Tür klopfen, fragte ich mich. Rage tauchte in mir auf. Das war ja mehr als nur unhöflich.

„Bleib liegen, ich geh' schon", sagte Hoseok bestimmend, als er geschwind aufstand. Doch ich war neugierig, wer es den wagen würde, um diese Uhrzeit an jemandes Tür zu klopfen.

Das helle Licht im Flur, blendete mich, als ich Hoseok dabei zusah, wie er die Tür öffnete.

Und beinahe wäre mir mein Herz in die Hose gerutscht. Denn vor unserer Tür stand niemand geringeres als Park Jimin. Weinend.

••••••
[20190925]

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