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Yoongi

Wie sehr ich diese alten Professoren hasste, welche immer der Meinung waren, alles besser zu wissen, und dazu das Recht zu haben, jeden zu verbessern.

Meine Konzentration war mal wieder—so gut wie in den letzten Tagen auch—kaum vorhanden. Zum Teufel damit. Das Semester hatte erst vor einigen Wochen begonnen und bereits jetzt war ich mit meinen Latein am Ende, zu wissen, wie ich dieses—und noch drei weitere daraufhin—überstehen sollte.

Vielleicht lag dieses Desinteresse an allem ja nicht an mir, sondern an meinem Seelenverwandten, welcher wohl von allem gelangweilt zu sein schien. Obwohl es nur in seltenen Fällen dazu kommt, dass man die Eigenschaften so teilt oder gar wahrnimmt. Angeblich solle dies von einem besonderen Band oder so sprechen.

Dennoch ändert das nichts an der Tatsache, dass ich verdammt müde war, und meine Aufmerksamkeit zu schwinden begann.

„Buchseite 194 aufschlagen!", forderte der Alte auf. Hier wurde noch immer wert auf Tradition gelegt, weshalb hier womöglich jeder Student zu viele Bücher besitze, als dass er sie mit in jeden Studiengang schleppen konnte, wie es oftmals von ihnen verlangt war.

Obwohl doch die Nutzung vom Internet um einiges besser war, dachte ich mir. Man spare sich schließlich viel mehr Zeit und Kraft und weiß Gott was, wenn man einfach im Internet nach besagter Seite oder Information suchte.

„Min!", wurde ich erschreckend aus meinen Gedanken gerissen. „Haben Sie mich gehört?! Buchseite 194 aufschlagen!", wies er mich zurecht. Das Gelächter der anderen und die Hitze in meinen Wangen ignorierend ging ich seiner Anforderung nach. Noch schlimmer konnte es nicht laufen.

Normalerweise empfand ich die Geschichte unseres Landes als ein interessantes Thema und könnte mich Stunden damit befassen, doch heute schien ich wirklich nicht in meine Höchstleistung verfallen zu wollen.

Darauf hoffend, dass die nächsten Stunden schneller vergehen würde, als diese davor, stürzte ich mich dann doch in das Buch, und versuchte wenigstens ein wenig vorgetäuschte Interesse vorzugaukeln.

[•••]

„Heute scheinst du echt nicht auf der Höhe zu sein", meinte Namjoon, als wir gemeinsam den Hörsaal verließen. „Wie meinst du das?", fragte ich verwirrt und sah ein wenig zu ihm hinauf, da dieser ein paar Zentimeter größer als ich war.

„Na dein Verhalten. War mir schon gestern aufgefallen", antwortete er so, als wäre es offensichtlich. Doch dabei bewunderte ich seine Aufmerksamkeit, da es zum Teil nicht einmal wirklich mir selbst aufgefallen war.

„Womöglich macht er oder sie gerade eine schwierige Phase durch, weshalb du nun ebenfalls darunter leidest", schlussfolgerte er. Nebenbei hatte er einen Arm um meine Schulter gelegt, schien mich beinahe als Stütze zu missbrauchen. Doch ich traute mich nichts dagegen zu sagen, war viel zu sehr davon überrascht—ja, gar fühlte es sich wie eine Ehre an, Kim Namjoon so nahe zu sein. Selbstverständlich nur auf freundschaftlicher Ebene.

„Gut möglich", unterstützte ich seine These. „Hast du denn wirklich keine Ahnung, wer sie oder er sein könnte?" Fragend sah er mich an, hatte seinen Arm noch immer nicht von meiner Schulter gelöst. „Ist das nicht der Sinn der Sache? Dass man nicht wirklich weiß, wer der jeweilige Partner ist?"

Kurz biss er sich auf die Unterlippe, schien über meine Worte nachzudenken. „Stimmt schon", erwiderte er dann. „Aber hast du dennoch keine Vermutung? Nicht mal eine Idee?" Offensichtlich hatte er es sich jetzt zur Aufgabe gemacht, die Identität meines Seelenverwandte herauszufinden.

Hoffnung keimte in seinen Augen auf, als er mich ansah. Mittlerweile kamen mir im Gebäude zum Stehen, schienen ein paar Studenten im Weg zu stehen, doch dies schien uns beiden egal zu sein. Kurz überlegte ich, ehe ich mit dem Kopf schüttelte; die Hoffnung wandte sich in Bedauern um.

„Ich weiß- merke nur, dass er oder ähm sie, elendig mit dem Körper umgeht", sagte ich dann doch. Erneut keimte eine Eigenschaft in seinen Augen auf. Diesmal war es allerdings Neugier. „Warte wie meinst du das?", lachte er ein klein wenig zu sehr darüber. „Ich fühle mich die ganze Zeit müde—ja gar ausgelaugt—und es ändert sich auch nicht, nachdem ich für Stunden geschlafen habe." Zögerlich löste er seinen Arm von meiner Schulter.

„Hmm, klingt beunruhigend, wenn du mich fragst." Er fing wieder an zu laufen. „Und sonst was?"
„Desinteresse", antwortete ich ihm geschwind.
„Wie bitte?", erwiderte er, nachdem er hastig stehen blieb, sodass ich fast in ihn hineingelaufen wären.
„Desinteresse. Er oder sie scheint von allem gelangweilt zu sein."
„Warte, deutest du gerade darauf an, dass du selbst die Eigenschaften spürst?!" Er schien sich beinahe vor Überraschung zu verschlucken.

Ich nickte nur. „Aber das bedeutet, dass-"
„Dass das Band sehr stark sein soll?! Ich weiß, hab' mich ebenfalls schon darüber schlau gemacht." Zusätzlich lag es allerdings noch an etwas anderem, was ich ihm allerdings gewiss nicht erzählen werde.

Er hielt mich weiterhin in seinem Blick, schien abermals über irgendetwas nachzudenken. „Nicht mal bei Jin und mir ist das so", gestand er dann zögerlich. Ich fühlte, wie mir für einen kurzen Augenblick die Luft zum Atmen wegblieb. „Er oder sie sollte sich glücklich schätzen, wirklich. Sowas kommt verdammt selten vor. Ich bin eifersüchtig", lachte er letzteres. Nur war diese Situation nicht zum Lachen, sondern eher zum Verzweifeln—zumindest für mich.

„Na komm, die anderen warten sicherlich schon", sagte Namjoon nur, ehe er mich am Ärmel meiner Jacke mit nach draußen zog, wo wir sogleich auf Taehyung, Hoseok und seinen festen Freund Seokjin trafen.

„Na da seid ihr ja endlich", beschwerte sich der Älteste, ehe er Namjoon kurz darauf erleichtert in seine Arme schloss.

Kurz erwischte ich mich dabei, wie ich Jimin und Jungkook hinterher sah, welche soeben an uns vorbeiliefen. Jungkook Jimin hastig hinter sich herziehend. Letzterer drehte sich kurz zu uns um und ich konnte deutlich spüren, wie unsere Blicke sich trafen. Augenblicklich fing mein Bauch an zu kribbeln und verlegen wandte ich meinen Blick ab. Ich sollte mir keine Hoffnungen machen, und diesen Crush endlich vergessen. Er war in einer Beziehung; es bestand also so gut wie keine Chance darauf, dass wir uns näher kamen. Mal den Fakt ignorierend, dass er mich womöglich noch nie wirklich wahrgenommen hatte—noch, dass wir ganz sicherlich keine Seelenverwandte sind.

„Yoongi, hast du zugehört?!" Seokjins strafender Blick schien mich erdolchen zu wollen. Ich schüttelte mit dem Kopf, woraufhin ein allgemeines Seufzen erklang. „Ich sagte doch, heute ist nicht dein Tag", merkte Namjoon an. Die anderen—vor allem Seokjin—zeigten kein Verständnis dafür. Aber das war nichts Neues.

„Erklärt es ihm einer von euch beiden", er zeigte auf Tae und Hoseok, wobei er letzterem länger in die Augen sah, ihm womöglich die Aufgabe zuteilte, mir was auch immer zu erzählen.

„Wir müssen los", sagte der Älteste nur knapp, ehe er die Hand seines Freundes schnappte und diesen hinterher zog. „Bis in ein paar Stunden", rief uns noch Namjoon zu, ehe die Entfernung zu weit für jegliche Kommunikation war.

„Ach Yoongi-Hyung, was ist nur los mit dir?"

••••••
[20190903]

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