Chapter 73

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P.o.v. Madison

Am nächsten Morgen fühlt sich mein Leben so perfekt an, dass es schon surreal wirkt. Ich muss mir keine ständigen Sorgen mehr machen, nicht mehr durchgehend Angst vor der Zukunft haben und es gibt keine quälende Last an Gedanken, die mich zu Erdrücken droht. Dazu kommt noch, dass ich jetzt endlich wieder eine Nacht durchgeschlafen habe und mich wirklich ausgeruht fühle und John, der ein perfektes Frühstück gemacht hat.
Das Einzige, was ich heute unbedingt noch machen möchte, spreche ich beim Frühstück an:"John kannst du mich heute wieder mit ins Büro nehmen? Ich möchte endlich wieder anfangen zu arbeiten."
Er sieht mich mit gerunzelter Stirn an:"Jetzt schon? Willst du dich nicht lieber noch ein bisschen schonen?" "Nein, bloß nicht. Ich halte es nicht mehr aus, die ganze Zeit nur rumzusitzen. Bitte!" "Also gut, aber mach langsam", lenkt er schließlich ein und eine halbe Stunde später sitzen wir im Auto. Ich muss zugeben, dass ich doch etwas aufgeregt bin.

Ich bin so beeindruckt, wie an meinem ersten Arbeitstag, als wir die riesige Eingangshalle des Gebäudes betreten - zumindest bin ich mir ziemlich sicher, dass ich mich damals genauso gefühlt habe. Neben mir geht John und grinst über mich, sodass ich automatisch anfangen muss ebenfalls zu lächeln. Doch auf dem Weg zu den Fahrstühlen mischt sich ein komisches Gefühl mit der Freude.
Ich sehe eine Szene in meinem Kopf, bei der ich durch genau diese Halle laufe, bloß in Richtung des Ausgangs. Jemand läuft hinter mir, aber ich erinnere mich nicht an die Person, sehe sie nur verschwommen vor mir. Was ich allerdings sehr wohl merke ist, wie angespannt ich bin und wie viel Angst ich im Inneren spüre, die ich aber unter keinen Umständen zeigen darf. Dann sehe ich auch wieso: die Person hinter mir hält eine Pistole unter ihrer Jacke, die auf mich gerichtet ist. So versteckt, dass es den anderen Leuten, die an uns vorbeilaufen nicht auffällt, ich aber noch sehr gut den mattschwarz-glänzenden Lauf aus den Schatten heraus sehen kann. Erst jetzt wird mir bewusst, was eine falsche Bewegung auslösen kann.

"Madison, was ist los? Ich hab doch gesagt, du sollst noch zu Hause bleiben. Wieso hab ich es dir bloß erlaubt, mitzukommen? Das war so dumm von mir!", reißt mich ein aufgebrachter John aus der Erinnerung. "Nein, mir geht es gut. Wieso fragst du überhaupt?", meine Stimme klingt nicht wirklich fest. Kein Wunder, wenn ich gerade eben erfahren habe, dass ich mal mit einer Pistole am Rücken diese Halle durchquert habe und keine Ahnung habe, wieso. "Hör sofort auf mich anzulügen! Selbst ein Blinder sieht, dass du kurz davor bist, zusammenzubrechen und du willst mir erzählen, es wäre alles in Ordnung?" "Mir ist nur ein bisschen schwindelig,ok? Die Erinnerungen kommen gerade wieder zurück", es ist nicht gelogen, aber die Hälfte der Wahrheit fehlt und es ist offensichtlich, dass es John nicht verborgen bleibt. "Es geht wieder. Können wir jetzt bitte einfach weitergehen?", mittlerweile habe ich meine Stimme wieder unter Kontrolle. Er sieht alles andere als begeistert und etwas wütend aus, aber er nickt und wir betreten den Aufzug, der sich gerade geöffnet hat.

Auf dem Weg durch die Gänge zu meinem Büro redet John nicht mit mir, aber das ist mir recht, denn ich fange an zu glauben, dass die Geschichte mit der Pistole hier angefangen hat, auch wenn ich diesmal zum Glück keine Bilder vor mir sehe.
Allerdings fällt mir kein einziger Grund ein, wie es zu dieser Situation hätte kommen können - geschweige denn, dass ich mich daran erinnere.
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt mir allerdings nicht, denn wir sind schon vor meinem Büro angekommen.
"Na, konntest du dir den Weg ein bisschen merken?", fragt John. Seine Gesichtszüge sind wieder weicher geworden. "Äh, ja ging schon", antworte ich. Hoffentlich werde ich ihn beim nächsten mal irgendwie zusammenbekommen, besonders aufmerksam bin ich gerade nämlich nicht gewesen. Er beginnt wieder zu grinsen und wir betreten mein Büro.

Innerhalb der nächsten Stunden zeigt mir John nocheinmal meine Aufgabenbereiche usw. und ich finde mich eigentlich ziemlich schnell wieder zurecht. Irgendwann schaut John auf die Uhr:"Ich hab jetzt gleich noch einen Termin mit einem Geschäftspartner. Das wird etwas dauern. Willst du solange noch hierbleiben oder soll ich dich nach Hause fahren lassen?" Ich schüttle den Kopf:"Nein, ich bleibe noch hier. Es gibt ja schließlich genug nachzuholen." "Gut, dann bring ich dich später nach Hause. Wenn du Hilfe brauchst, komm zu mir, das geht schon." Mit diesen Worten verschwindet John durch die Tür und ich setze mich an meinen Schreibtisch.

Es tut so gut endlich wieder eine Aufgabe und einen Nutzen zu haben, dass die Zeit wie im Flug vergeht und es mir gar nicht lange vorkommt, bis John wieder an der Tür klopft, um mich abzuholen.
Etwa eine Viertelstunde später bin ich wieder zu Hause und schließe meine Wohnungstür auf. Der Anblick meiner Wohnung fühlt sich sofort vertraut und gemütlich an. Um zu testen, wie gut mein Gedächtnis mittlerweile ist, bleibe ich vor jeder Tür stehen und stelle mir den Raum vor, bevor ich ihn betrete. Die Bilder in meinem Kopf stimmen ziemlich genau mit dem wirklichen Zimmer übereinander, was meine Laune noch weiter hebt. Es ist alles beim Alten, außer, dass ich nichts mehr zu essen im Kühlschrank habe. Also ziehe ich mir eine Jacke an und verlasse schnell, dass Haus, da es schon langsam spät wird.

Ein Laden um die Ecke hat zum Glück lange genug auf, damit ich noch ein paar Sachen für heute Abend und den nächsten Morgen kaufen kann. Den Großeinkauf werde ich dann morgen machen, wenn mehr Zeit ist.
Mittlerweile ist es dunkel geworden, aber die Straßen sind genug ausgeleuchtet. Als ich fast vor meiner Haustür angekommen bin, kommt mir ein Mann entgegen:
"Madison! Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen! Geht es dir inzwischen schon besser?" Ich habe absolut keine Ahnung,wer das ist, aber ich habe auf Anhieb ein sehr ungutes Gefühl bei der Sache. Er scheint meinen fragenden Gesichtsausdruck bemerkt zu haben, denn er sagt:" Erkennst du mich denn nicht mehr? Ich bins Jackson. Jackson Carter. Wir kennen uns doch von der Arbeit." Jackson Carter. Ich verbinde den Namen mit seinem Gesicht, aber mir fällt nichts konkretes zu ihm ein, obwohl er mir wahnsinnig bekannt vorkommt. "Ach ja, Jackson. Natürlich. Wie konnte ich das vergessen?", ich lasse mir am besten nicht anmerken, dass ich keinen blassen Schimmer habe, wer er ist.
"Ich hab dir so viel zu erzählen! Kann ich mit dir auf einen Kaffee hochkommen?" Er lächelt freundlich, doch in seinen Augen liegt etwas ganz anderes. Etwas unberechenbares,wildes. Ist das...Verlangen? Ich habe auf einmal unheimlich Angst vor ihm. "Äh nein, geht nicht. Ich hab...meinen Nachbarn versprochen auf ihre Kinder aufzupassen." Hoffentlich kauft er mir die Notlüge ab.
"Achso, na dann. Wir sehen uns bestimmt bald wieder." "Ja. Tschüss." Ich schließe schnell die Haustür auf und achte sehr darauf, dass sie hinter mir auch wirklich geschlossen ist.

Oben in der Wohnung nehme ich mein Handy und wähle Johns Nummer. Dieser Jackson kommt mir so komisch vor, dass ich unbedingt fragen muss, ob John ihn kennt und was er über ihn weiß.
Nach kurzem Klingeln nimmt John ab: "Hey Madison, was gibts?" "Hi, ich hab eine Frage. Kennst du einen Jackson Carter?" Von John kommt ein Geräusch, als hätte er sich verschluckt. "Wo hast du ihn getroffen?" "Kurz vor meinem Haus. Wieso? Was ist mit dem?" "Hast du ihn zu dir reingelassen?", Johns Stimme beginnt panisch zu klingen. "Nein,ich..." "Gut. Tu das niemals!" Ich will gerade fragen warum, als ich ein Klopfen an meiner Tür höre. Ich erstarre in meiner Bewegung. Dann folgt ein Knacken, das...vom Türschloss kommt???
"Madison? Was ist los?", kommt es von John am Telefon. "John. Du musst sofort kommen!",flüstere ich ins Telefon.

Be my Babygirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt