Chapter 6 - High Voltage

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Check Check Check... Den ganzen Tag fahren. Check. Aufbau. Check. Elektrik überprüfen. Check. Zwischendurch was essen. Check. Farbkleckse. Check. Check. Check. Stop! Ein Hamster im Laufrad hatte bedeutend weniger zu tun, aber im Grunde war ich froh, dass ich mehr als ausgelastet war. Denn so konnte ich mich auf das Naheliegende beziehungsweise das, was vor mir lag, konzentrieren. Damit die Gedanken gar nicht erst abschweifen konnten, denn sonst wäre ich wieder dort angekommen, wo mein Zusammenstoß mit Mike so unsanft beendet worden war. Gut, dass ich ihn erst mal eine ganze Weile nicht zu sehen bekommen würde.

Seine Worte „Geh nicht!", dann die Annäherung, bei der es geknistert hatte und dann... Nichts!

Durch den Gang trampelnde Gäste machen es möglich, dass die Verbindung abreißt und die Spannung in sich zusammenfällt. Und ich, der als Krönung des Ganzen nichts besseres einfällt, ihm ein Küßchen auf die Wange zu drücken und ein „Bis morgen" zu nuscheln, bevor ich mich der dem Ausgang zustrebenden Gruppe anschließe. Das Cinderella-Syndrom. Nur dass Aschenputtel ihren Schuh verliert, während ich... Nein, mit Aschenputtel verglichen zu werden, hatte ich noch nie gemocht. Mit Märchenfiguren generell nicht, vor allem dann, wenn es sich um die verkitschte Version der Disney Filmstudios handelt. Die verhunzen ja sogar die schönen Geschichten von Hans Christian Andersen.

Wenn ich mir allerdings meine Situation von außen betrachtete, war der Vergleich mit Aschenbrödel gar nicht so abwegig. „Geh Kabel sortieren und von der Ummantelung befreien", „schlepp Kisten", „hol Bier". Die Rolle der bösen Stiefmutter und ihrer Tochter passte zu Frank und Paul wie die Faust aufs Auge. Damit durfte meinetwegen der Vergleich auch schon enden, denn die Rollen des Vaters, der guten Feeund des Prinzen waren noch unbesetzt und durften es auch gerne bleiben.

„Burger für alle!"

Push. The. Door. Open..... Wie schön, dass wenigstens einer an das leibliche Wohl gedacht hatte. Nach der langen Fahrt tat es gut, einen Rastplatz mit der Option auf etwas Essbares anzusteuern und sich die Beine vertreten zu können. Ich musste zugeben, die Stellenanzeige „Junger Mann zum Mitreisen gesucht" mag für viele dieser jungen Männer faszinierend sein, aber wenn man sich den ohnehin schon knappen und mit haufenweise Werkzeug und Kabeln ausgefüllten Platz zu fünft teilen muss, sollte man keine all zu langen Beine mitbringen oder an Klaustrophobie leiden. Mich dünnen Hering hatten sie kurzerhand auf die Rückbank zwischen Kevin und Bradley, die Beleuchter gequetscht. Dort saß ich wie auf dem Präsentierteller. Der Beifahrersitz war nämlich schon längst an die Tontechnikerin vergeben.

„Tja, Les und Dave sind eben ein eingespieltes Team.", war Kevins einziger Kommentar, während Bradley gar nichts sagte und es vorzog, in seiner Ecke ein Nickerchen einzulegen. Beneidenswert.

Dieses Geschaukel und Geruckel bei jedem Schlagloch hielt mich leider wach. Obwohl ich auch gerne mal für wenigstens ein halbes Stündchen die Augen zugemacht hätte. An Schlaf war nicht zu denken, aber an Gespräche, die die Langeweile hätten vertreiben können, genauso wenig. Leslie hatte irgendeinen Sender eingestellt, der vorwiegend Countrymusik dudelte. Zwar nicht besonders laut, denn sie musste sich ja dem Fahrer noch so bemerkbar machen, dass der sich nicht verfuhr, aber deswegen mussten dieübrigen Mitfahrer nicht ehrfürchtig in Totenstille verharren. Leider stand ich mit dieser Meinung so ziemlich alleine da.

Mit Kevin war nicht zu rechnen. Der schwieg lieber konsequent vor sich hin und ließ jeden meiner Versuche, eine irgendwie geartete Konversation zu betreiben, ins Leere laufen. Nach drei Ansätzen gab ich es dann auch auf und widmete mich lieber der Landschaft, durch die wir gerade fuhren. Doch irgendwann wird auch die schönste Umgebung eintönig, und wenn dann noch Hunger und Durst hinzukommen, wird jede Fahrt zur Qual. Gut, so weit war es dann doch nicht, und Leslie war wenigstens so freundlich, mir aus der Tasche vor ihr eine Flasche Cola herauszufischen. Die war zwar nicht mehr kühl, sondern eher zimmerwarm, und die klebrige Flüssigkeit eignete sich auch nicht unbedingt zum Durstlöschen, aber der viele Zucker darin verhinderte das Durchhängen des Magens bis zu meinen Knien.

Broken StringsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt