Chapter 39 - Unlucky numbers

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Wenn es darum ging, sich um Entscheidungen herumzudrücken, war ich nicht die Einzige. Brian war es genauso unangenehm, dass ich das lästige Thema erneut ansprach. Dabei hätte doch ihm am allermeisten an einem ordnungsgemäßen Ablauf gelegen sein müssen. Dass in einem Monat das Ende der Fahnenstange erreicht war, wusste er selbst nur zu gut, und ihm war auch klar, dass irgendwer jetzt endlich mal langsam in die Gänge kommen musste, anscheinend aber hatte er ein ganz anderes Zeitgefühl als ich. Vier Wochen schienen für ihn ein länger Zeitraum zu sein als für mich.

„Vier Wochen? Da kann noch viel passieren", orakelte er.

Mir schwante, dass er mit der Organisation meiner Angelegenheiten so lange warten wollte, bis er keine andere Wahl mehr hatte. Klar, dachte ich, Dir läuft ja auch nicht die Zeit davon, sondern mir, und ich fühlte mich allmählich wie ein Alien. Ein Alien mit Lover, der genauso sorglos in den Tag hinein lebte wie die anderen.

Ja, verschließ auch Du ruhig Deine Augen vor den Tatsachen. Umso heftiger ist das Erwachen.

Leider war mir weder nach Scherzen noch nach Schadenfreude zumute. Und da ich bei Brian auf Granit biss, sah ich ein, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht viel ausrichten konnte. Konzentriere Dich statt dessen lieber auf heute Abend, tönte meine innere Stimme, und sieh zu, dass Du Dir keine peinlichen Schnitzer leistest. Denn wenn es eines gab, das ich tun konnte, dann meinen Job so zu erledigen, dass sich außer mir auch kein anderer für mich zu schämen brauchte, und am wenigsten Sue.

Sie hatte endlich begriffen, dass ich niemals die Absicht gehabt hatte, sie zu verdrängen, und so verstanden wir drei uns inzwischen besser denn je. Wenigstens etwas gutes, dachte ich, während ich mit einem Knoten im Magen registrierte, dass auch dieser Monat zu Ende ging.

Wie schnell doch die Zeit verflog – Zeit, in der es Sue zunehmend besser ging, so dass für sie eine reelle Chance bestand, wieder auf die Bühne zurückzukehren. Natürlich nicht den ganzen Abend lang, sondern vorerst nur bis zur Pause. Ich war auf Stand-By eingestellt, für den Fall, dass ich doch bereits früher einspringen musste.

Das erste Wochenende im Oktober war dafür der ideale Zeitpunkt. Ein Konzert in der Nähe von Vancouver, fiel mir wieder ein. Die Location stand schon lange fest. Anhand der Anzahl der verkauften Tickets würde es der ganz große Abend werden.

Hoffentlich endet der nicht vorzeitig mit einem großen Knall.

Aber meine Kollegen waren zuversichtlich. Mike drückte mir sein Smartphone in die Hand: „Hier, Süße, lies selbst" - Gespannt scrollte ich mich durch den Artikel, den er wer weiß wo ausgegraben hatte: „... Zweitausend verkaufte Tickets...", „... dank der hervorragenden PR von Lindsay Cooper...", „... unglaublicher Fan Support..." - bla bla bla, verdrehte ich die Augen.

Und dann überfiel mich die Erkenntnis. O Schreck, 2000 Tickets! Hatte ich wirklich richtig gelesen? Hektisch sprang ich zurück an den Beginn des Artikels, der in der Vancouver Sun unter der Rubrik 'Arts & Life' erschienen war. Die Vancouver Sun... wer auch immer dieser noch relativ unbekannten Band zu einem Online-Artikel in einer der meistgelesenen Zeitungen Kanadas verholfen hatte, der hatte meinen Respekt verdient.

Ich musste nicht lange überlegen, bis ich dahinterkam, dass dafür niemand anderes in Frage kommen konnte als die in dem Artikel genannte und von mir anfangs so respektlos als PR-Tante bezeichnete Fotografin. Natürlich hatte auch sie ihre Kontakte, und die wiederum ihre, und so weiter und so fort...

„Ein Artikel in der Vancouver Sun – wow!" war alles, was ich herausbekam. „Ist Dir klar, was das für Euch heißt?" reagierte ich fassungslos, während ich ihm das Phone wieder zurückgab.

Broken StringsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt