Chapter 29 - Shopping Queen

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Das bißchen Shopping? Was konnte denn daran so schwer sein! Ich hatte schon wirklich einige Rockpalast-Sendungen gesehen, um zu wissen, dass nicht jede Band auf übertrieben gestylte Sängerinnen im Hintergrund Wert legte, nur einheitlich gekleidet sollten sie sein und nach Möglichkeit nicht dem Leadsänger die Schau stehlen.

Ich wusste ja nicht, welches Outfit Madlyn vorschwebte, aber mir reichten durchaus schwarze Hosen und schlichte Oberteile, die sich farblich nicht groß von dem Rest der Band unterschieden. Zwei Stunden für eine schnelle Shoppingtour für zwischendurch zu veranschlagen, hielt ich für realistisch.

Madlyn dagegen hielt das Doppelte davon für angebracht, und ich bekam den Eindruck, dass sie bei dieser Gelegenheit viel lieber ausführlich durch sämtliche Läden der Stadt gezogen wäre.

Ich hab' den ganzen Schrankkoffer voll, aber finde trotzdem nichts zum Anziehen?

Zu dieser Sorte mochte zwar sie gehören, aber doch nicht ich. Für mich waren stundenlange Einkaufsbummel der wahre Horror, und ich konnte nicht verstehen, was so toll daran sein sollte, sich in überfüllten Läden bei dröhnender Musik, vorzugsweise R&B oder Hip Hop, durch knallvolle Kleiderständer zu wühlen, um dann in einer winzigen Kabine mit Vorhang in Outfits zu schlüpfen, die einander wie ein Ei dem anderen glichen. Grässliche Beleuchtung inklusive.

Lieber durchstöberte ich Buchhandlungen und setzte mich mit meinen Käufen in das nächste Straßencafé. Früher hatte ich mich am liebsten in Plattenläden aufgehalten, doch die Möglichkeit dazu hatte ich nur noch selten.

„Ihr könnt euch ruhig Zeit lassen", kam Brian um die Ecke.

Sonst war er doch immer derjenige, der mit der Stoppuhr hinter uns stand und uns zur Eile antrieb. Als einer, der sonst äußerst penibel auf die Zeit achtete, wunderte es mich, dass er jetzt auf einmal die Zügel schleifen ließ, wo wir doch heute noch... Kleiner Irrtum: Das von ihm gebuchte Hotel fiel für unsere Übernachtung vor dem Gig flach. Wie er soeben erfahren hatte, hatten ein Hygieneproblem in der Küche und Schimmel in einem Großteil der Wände dazu geführt, dass das Gesundheitsamt den Laden von jetzt auf gleich dichtgemacht hatte.

Gut, dass er nicht im voraus bezahlt hatte. Leider war eine Ausweichmöglichkeit nicht mehr zu bekommen, aber zum Glück hatte sich Jake bereit erklärt, uns für eine weitere Nacht dazubehalten. Das hieß aber auch, dass der nächste Morgen für die Crew einige Stunden früher beginnen würde, damit der Aufbau so zeitig wie möglich vonstatten gehen konnte. Aber laut unserem Manager musste mich das ja ab sofort nicht mehr kümmern.

„Aber seht zu, dass Ihr die Kassenbons nicht wieder verschusselt wie letztes Mal."

Ach ja? Das hätte mich jetzt schon interessiert, aber Madlyn hatte es plötzlich auffallend eilig, wegzukommen. Etwas zu eilig. Da blieb einem ja nicht mal mehr Zeit, die anderen zu fragen, ob sie mitkommen wollten oder wir ihnen etwas mitbringen durften; vielleicht eine neue Sonnenbrille für Mike... oder ein neues Shirt für unseren Keyboarder, dessen Garderobe im Vergleich zu den anderen sehr reduziert wirkte.

Jede Modebloggerin hätte sich vor Entzücken über diese sogenannte Capsule Wardrobe kaum mehr eingekriegt, aber wenn ich mir seine Tasche so ansah, schien er nach dem Prinzip „Weniger ist leer" zu leben. Ob das Madlyn auch schon aufgefallen war?

„Ach, Mensch, Johnny Boy", rief sie und stieß ihn freundschaftlich an, „komm doch einfach mit. Das wird spaßig."

Spaßig? Welcher Kerl zieht schon freiwillig mit zwei Frauen los, um Klamotten zu kaufen? Höchstens, wenn es unterwegs die Möglichkeit gibt, das Equipment aufzustocken, mit neuen Drumsticks oder dem ein oder anderen Plektron für die Künstler an den Saiten; aber einzig und allein wegen Mode?

Broken StringsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt