Der Morgen danach bringt Ungemach, denn oft zeigt sich dann, wie weit Theorie und Praxis auseinanderklaffen können. Wenn ich Brians Worte richtig in Erinnerung hatte, hätte für seinen Freund, dem die Werkstatt gehörte, doch alles ganz easy sein müssen. Die Wortfetzen, die ich auf dem Weg zur Toilette unfreiwillig mitbekam, signalisierten das Gegenteil.
„... und dann trudelst Du lange nach Deinen Leuten ein..."
Dass Jake von Brians Organisationstalent nicht überzeugt war, lag daran, dass er mit sechs Personen am 15. September und nicht mit fünfzehn Leuten schon am Sechsten gerechnet hatte. Und dann noch mitten in der Nacht.
Das fand wiederum Brian merkwürdig: „Ich hätte schwören können, dass Deine Lady Dich informiert hat, dass wir heute kommen."
Ich wollte ja nicht lauschen, aber das Rumoren und Knallen mit irgendwelchen Schubladen war selbst durch die geschlossene Tür nicht zu überhören.
Das hier geht Dich nichts an, Andrea. Sieh zu, dass Du im Bad verschwindest, und Dich gleich danach wieder in die Heia legst. Schließlich erwartet morgens um acht ja auch niemand, dass Du fit bist wie ein Turnschuh. Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, denen anscheinend drei, vier Stunden Schlaf reichen.
Wenn jemand gedacht hatte, dass ich im Bad von dieser Unterhaltung am frühen Morgen nichts mitbekommen würde, hatte derjenige die Rechnung ohne das antike Lüftungssystem mit vergitterten Luken in jedem Zimmer, wie in alten Filmen, gemacht. Brians Stimme konnte ich von der Toilette aus klar und deutlich hören.
„Organisieren soll also nicht mein Ding sein? Ha ha, sehr witzig".
Und so was nannte sich nun Stilles Örtchen. Ob Jake wusste, wie hellhörig seine Bude war, die er Clubhaus nannte?
Andrea, Du vergisst am besten, was Du bis jetzt gehört hast, umso schneller bist Du hier fertig und kannst zu Deinem Liebsten wieder unter die Decke schlüpfen.
Mist, dieser Gedanke war einer schnelleren Abwicklung meines Geschäfts genauso wenig dienlich. Vielleicht ging es ja besser, wenn ich mir die Ohren zuhielt.
BÄÄNG! RRRRUMS! SCHEPPER! Zu hülf – was zum... Mit einem Satz war ich vor Schreck über dieses unerwartete Geräusch von der Schüssel aufgesprungen und stand nun mit klopfendem Herzen in dem winzigen Toilettenraum.
„Na Bravo!" brüllte jemand in einer Lautstärke, die nicht normal war. „Was für ein Saustall!"
Irgendwas wurde mit Schwung auf eine Tischplatte geknallt, dann herrschte Stille... in die mitten hinein eine weibliche Stimme ein trockenes „Aber sonst, Herr Doktor, geht's uns gut." fallen ließ. Dann folgte ein trockenes Husten, und Jake antwortete: „Okay, Kell, sorry for that. Aber Herrgott! Muss sich dieser ganze Kram hier stapeln? War doch klar, dass irgendwann alles mal vom Tisch rutscht. Wer soll sich denn da noch zurecht finden?"
Aha, sehr interessant: Die Ordentlichsten schienen weder Jake noch Kell zu sein. Aber Brian damit zu kommen, er hätte keinen Überblick über seine Termine und die der Band. Zu blöd, dass ich ihm das bei der nächsten Gelegenheit nicht unter die Nase reiben konnte, denn dann hätte ich zugeben müssen, dass ich sie belauscht hatte. Das ließ ich dann wohl besser bleiben. Ich setzte mich also wieder hin.
„Hier! Ich hab den Block gefunden" hörte ich die weibliche Stimme triumphieren, „hier steht's: Brian und Crew..." dann plötzliches Schweigen, das von Jake mit einem ungeduldigen „Ja?" unterbrochen wurde.
Brian sagte wohlweislich gar nichts, dann fuhr sie, hörbar unangenehm berührt, fort „Äh, tja, das ist jetzt... hm... etwas blöd."
Lasst mich raten, in ihren Notizen steht etwas anderes als die Information, die Jake hat.
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Broken Strings
Lãng mạnWork&Travel in Kanada und eine spontan getroffene Entscheidung mit unvorhergesehenen Folgen. Sie war so kurz davor, das Land zu verlassen, doch dann war da dieser eine Abend, der für sie alles veränderte. Eine Begegnung, die ihre Zukunft in neue Ba...