Chapter 30 - The Lady in Red

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„Wünsch. Mir. Glück."

Wir waren gerade erst losgefahren, und schon hatte er wieder Sehnsucht nach mir. Eigentlich solltest Du mir ja Glück wünschen, schüttelte ich amüsiert den Kopf, und mir nicht eine Textnachricht nach der anderen schicken.

So gern ich mit ihm auch per WhatsApp kommuniziert hätte, aber dafür hatte ich im Moment überhaupt keinen Kopf, da Madlyn und ich mitten in Arbeit steckten. Vor uns lagen zwei Stunden Fahrt, und wir wollten die Zeit nutzen, um uns intensiv auf das Einsingen vorzubereiten. Die acht fraglichen Songs hatte ich längst als mp3-Datei auf meinem Smartphone abgespeichert. Was mir jetzt noch fehlte, waren die von uns beiden einzustudierenden Textpassagen.

Die entsprechenden Sätze hatte sie mit Marker auf den Kopien angestrichen, die ich nun vor mir auf dem Schoß liegen hatte, damit ich sie mir besser einprägen konnte, während ich dazu die entsprechenden Lieder mit meinem Phone hörte. Kopfhörer waren schon eine feine Sache, andernfalls hätte Mark einen Koller bekommen, weil ich wieder und wieder auf „Repeat" drückte.

Es war dieser eine verdammte Song, den ich mir nicht merken konnte. Dabei war der Text noch nicht mal besonders kompliziert; aber es war wie verhext – die Worte wollten einfach nicht bei mir bleiben.

♪ We're riding on the freeway, seeing our lives rolling by. Sometimes the road is rocky and not so easy, sometimes it's making you cry. ♪

O Gott, was hatte ich getan, dass man mich so grausam bestrafte? Ein gelungenes Versmaß hörte sich in meinen Ohren anders an. Vor allem hätte ich gerne gewusst, wer diesen holprigen Alptraum zu Papier gebracht hatte. Wenn Mike das sang, klang das eventuell gar nicht mal so übel, aber die Worte ablesen und im eigenen Kopf hören zu müssen, war etwas ganz anderes, und in meinem Innern klang das alles andere als professionell.

Küchenpoesie von 13jährigen Mädchen, die für die Schule ein Gedicht schreiben müssen, hätte nicht schlimmer sein können. Nur gut, dass ich bei diesem folkig vertonten Roadmovie nicht den kompletten Text ins Mikrofon säuseln musste, sondern nur die unterstrichenen Stellen. „Roadholes in the tarmac", „U-Turns" und falsche Abzweigungen, die man mit voller Absicht bei „full speed" nahm, kamen darin ebenfalls vor.

Wer diesen Text verbrochen hatte, musste ein arg deprimierendes Leben führen. Und das wollten sie heute Abend wirklich bringen? Da war ja „Creep" von Radiohead fröhlicher, und vor allem einfacher zu lernen. Außerdem wäre mir das Lernen leichter gefallen, wenn nicht schon wieder eine Textnachricht eingetrudelt wäre.

MM: ♪♫ ♪♫ ♪♫ Live baby live .... ♫ ♪♫ ♪♫ ♪ - „Und Süße, schon aufgeregt?"

Ihn zu ignorieren, würde mir nur telefonischen Dauerbeschuss bescheren, also textete ich so knapp wie möglich. AM: ♪♫ ♪♫ ♪♫ I'm standing here on the ground... ♫ ♪♫ ♪♫ ♪ - „Yepp."

MM: „Nanu, so kurz angebunden?"

AM: „Der Song ist ein Alptraum!"

MM: „???"

AM: „Freeway. Mit dem Text komm ich einfach nicht klar."

MM: „So schlimm?"

Jetzt bloß nichts falsches schreiben; am Ende war noch er der Urheber dieses Werks, und ich sprang womöglich mit Anlauf in den nächsten Fettbottich.

AM: „Ich will's mal so sagen: 'Creep' wäre eine leichtere Aufgabe."

MM: „???"

Wie jetzt? Er kannte 'Creep' nicht? Wenn ich ihm jetzt nicht sofort den Link zu dem entsprechenden Video schickte, würde er niemals Ruhe geben. Zu blöd, dass ich auf die Schnelle nicht das Original, sondern eine mit Inbrunst gesungene Coverversion im Stil der Swing- und Rockabilly-Ära fand. Die würde sich sogar noch besser für meine Zwecke eignen, denn gesungen wurde das Stück von einer Frau.

Broken StringsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt