Chapter 51 - Try walking in my shoes

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Sag mir Bescheid, wenn das Datum für die Hochzeit feststeht. Damit ich an diesem Tag ganz weit weg bin!

Mikes Worte hallten in meinem Kopf wider. Hektisches Hin- und Herlaufen, die halb gerauchte Zigarette wegwerfen... wenn er glaubte, dass ich ihn in diesem Zustand auf sein Bike steigen ließ, kannte er mich schlecht. So aufgebracht, wie er war, würde es zu nichts führen, wenn ich ihm sagte, er solle sich beruhigen.

Lass ihn am besten ganz in Ruhe, und wenn es nur für ein paar Minuten ist. Aber in der Verfassung kann er unmöglich fahren!

Dass ich mit Streit nicht besonders gut umgehen konnte, hatte mir die Episode mit Jenny gezeigt, doch dank Mikes Eingreifen waren wir endlich auf dem Weg zu einer Annäherung. Und ausgerechnet jetzt musste das Essensdate mit seinem Vater dermaßen eskalieren und in einem Fiasko enden! Das hier ging über einen gewöhnlichen Streit weit hinaus und war ein anderes Kaliber, denn mich beschlich das ungute Gefühl, dass die Atmosphäre zwischen allen Beteiligten nicht erst seit gestern vergiftet war.

Trevor Mitchell hatte etwas zu feiern? Yay! Alles nur Fassade - was für ein Heuchler. Dieser Konflikt gärte schon länger, und zwar auf allen Ebenen. Niemand liebt es, den Bruder oder die Schwester vorgezogen zu bekommen und auch noch um die Anerkennung des Vaters kämpfen zu müssen, wenn der einen längst abgeschrieben hat. Einen solchen Kampf gegen Windmühlen konnte niemand gewinnen.

„Ja, reibt es mir noch unter die Nase", fauchte er. „Der erfolgreiche Anwalt! Dass ich nicht lache! Wie der Vater, so der Sohn..."

Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm? Wo Mike schon äußerlich ganz nach seiner Mutter kam, war die Ähnlichkeit zwischen Mr. Mitchell und James Robert auch charakterlich nicht zu leugnen: verwöhnte, verzogene Blender, denen es stets um ihre eigenen Interessen geht und die sie ohne Rücksicht auf andere durchsetzen. Anderen gegenüber fühlen sie sich haushoch überlegen. Zwischen J.R. und seinem jüngeren Bruder lagen Welten. Mit meiner Meinung stand ich nicht alleine da.

„... Papas Liebling? Was auch sonst!" schob er frustriert hinterher „Ja, darin ergänzen sich die beiden echt prima – Glückwunsch! Das gleiche selbstgefällige Arschloch wie Dad. Für den bin ich doch nur der Versager, der nichts auf die Reihe bekommt! Und ich Idiot bin auch noch so freundlich und gratuliere ihm zu seinem Erfolg."

Mike ließ sich auf ein Mäuerchen fallen und versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden - vergeblich. Seine Hände zitterten, und er war weiß wie die Wand.

„Kein vernünftiger Schulabschluss. Kein richtiger Beruf. Keine vorzeigbare Karriere. Nichts."

Kein Beruf? Keine Karriere? Nichts? Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte, und noch viel weniger, was sich vor meinen Augen abspielte: Mikes Selbstsicherheit von neulich abends - Tja, da kannst Du mal sehen – ich bin eben ein Universalgenie – war verschwunden. Statt dessen saß vor mir ein zusammengesunkenes Häufchen Elend, das sich selbst fertig machte.

Das schaute ich mir auf keinen Fall noch länger an. „Stop!" rief ich und ging vor ihm in die Hocke.

Dann umfasste seine zu Fäusten geballten Hände vorsichtig mit meinen. „Er ist es nicht wert!"

Was bildeten diese beiden arroganten Typen sich eigentlich ein? Arme Würstchen waren das, die sich nur gut fühlten, wenn sie andere niedermachen konnten. Das hatte Mike nicht verdient.

„Sie. Sind. Es. Nicht. Wert. Hörst Du? Alle beide nicht!"

„Aber..."

„Nichts aber", schnitt ich ihm das Wort ab und nahm ihn in die Arme. „Von wegen 'Nichts auf die Reihe bekommen' – Wenigstens kannst Du Dir morgens beim Blick in den Spiegel noch selbst ins Gesicht schauen. Und Du hast Menschen, die Dich gern haben. Mich zum Beispiel. Und deine..."

Broken StringsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt