Chapter 35 - Geboren am 18. Juni

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♪♫ Liar, liar, you're such a great big liar. With the tallest tales that I have ever heard.

Ein Ohrwurm zum unpassendsten Zeitpunkt, aber nur allzu wahr. Oh ja, diese Tischrunde war grandios gesprengt worden. Der erste, der den Raum verlassen hatte, war Mike. Danach war ich aufgestanden und hatte mich bei Mark und Sue entschuldigt, um einen Ort aufzusuchen, an den mir niemand folgen würde, um auf mich einzureden. Verwirrt schloß ich die Kabinentür und ließ mich auf der Schüssel nieder. Was hatte ich da bitte gerade gehört? In mir ging es drunter und drüber.

♪♫ Fire, fire, you set my soul on fire, Laughing in the corner as it burns, Right between the ribs it's sinking in.

Flashback: Hier kommen sämtliche guten Eigenschaften von Dir zusammen! Was für ein abgeschmackter Witz, den keiner von uns komisch gefunden hatte, schon gar nicht nach Mikes Reaktion darauf.

♪♫ Oh, oh, the siren sang so sweet and watched the sailors going down. Oh oh, you talk to me in siren song; yeah, anyone would drown

Liar. Liar. Oh, oh, Deinen Worten habe ich nur zu gerne gelauscht. Sie waren Musik in meinen Ohren. Musik, an der ich mich berauscht.. and the ships go down, following the sound...

Hear. That. Sound. Eine WhatsApp-Nachricht von Jenny war gerade frisch hereingekommen: „Was ist los, Süße?"

Süße? Jetzt du nicht auch noch, stöhnte ich gequält, There's nothing sweet about me, und im Moment ist eure 'Süße' ziemlich sauer. Augenrollend textete ich zurück: „Ich weiß nicht weiter, Jenn..."

„Jenn. O je - wenn Du meinen Namen abkürzt, ist es wirklich ernst."

„Ist es auch. Jenn, wo fängt die Lüge an? Wenn man jemandem nicht die ganze Wahrheit sagt - oder bereits, wenn man jemanden anhand kryptischer Andeutungen die falschen Schlüsse ziehen und ihn in dem Glauben lässt, dass..."

„Äh, ich glaube, kryptische Andeutungen machst Du gerade..."

Damit hatte sie zwar recht, aber tiefer ins Detail wollte ich nicht gehen. Tallest tale, auch besser bekannt als Seemannsgarn oder größter Schwindel aller Zeiten... Beim Geburtsdatum zu schummeln, war nur eine kleine Lüge, aber ihre Wirkung konnte ich mir nicht schönreden oder gar -trinken. Vor allem war sie unnötig wie ein Kropf. Hollywooddiven vergangener Zeiten waren bekannt dafür, sich um Jahre jünger zu machen; aber das waren, wohlgemerkt, Jahre und nicht bloß ein paar läppische Monate wie bei Mike.

Ich verstand nicht, wo darin der Witz liegen sollte. Eine Privatparty anlässlich des Beginns seines neuen Lebensjahres, den seine Bandkollegen sowieso nicht feiern wollten? Auch nicht mit einer Überraschungsparty? Der Grund dafür war simpel: September war der falsche Monat, und der Zehnte der falsche Tag. Geboren am 18. Juni. Und dann war es noch nicht mal ein runder Geburtstag.

Neundundzwanzig, Halleluja – wenigstens stimmte das Alter. Und spätestens hier drehte ich mich im Kreis, von wegen Hollywooddiven, ihr Alter, und so... Und wenn er schon bei so einer Lappalie geflunkert hatte, wobei dann noch? Von all dem schrieb ich Jenny natürlich nichts. Stark verkürzt teilte ich ihr mit, dass es schon eine Weile her war, dass mich jemand so verschaukelt hatte, und ich mich fragte, warum.

Da es bei ihr zu Hause schon spät war, schob ich noch ein „Lass uns morgen telefonieren" hinterher und zog mich aus dem Chat zurück. Aber etwas musste ich dabei falsch gemacht haben, denn auf dem Display öffnete sich ein Fenster und zeigte mir den Text, an dem Mike zuletzt stehengeblieben war: „Schlangen-Menschen sind materialistisch und schielen gerne nach dem Besitz anderer. Sie besitzen von allem gerne das Beste, empfinden allerdings keine Leidenschaft für Shopping."

Broken StringsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt