So ein Humbug, dachte ich.
Mit solchen Bräuchen, die dem Aberglauben entsprangen, hatte ich noch nie etwas anfangen können. Der Genuss einer bestimmten Anzahl von Weintrauben verheißt Glück? Bleigießen ist das Zukunftsorakel schlechthin, und wer beim Start ins neue Jahr Dessous in einer bestimmten Farbe trägt, wird vom Glück geradezu verfolgt? Dank Google war ich jetzt wieder ein Stückchen schlauer:
„Der Brauch in den besagten Ländern verspricht, dass jene, die die Nacht ins neue Jahr mit roter Unterwäsche begehen, Glück, Erfolg und vor allem Liebe erfahren werden. Auch Gesundheit und Leidenschaft werden in Aussicht gestellt (...) Eine Einschränkung bleibt jedoch: Sie dürfen die Unterwäsche nicht selber gekauft haben, sondern sie muss geschenkt worden sein."
Donnerwetter, was t-online.de alles wusste! Trotzdem konnte ich nicht behaupten, dass mich so viel geballtes Wissen aus dem Internet schlauer machte. Im Gegenteil: Rote Wäsche? An Silvester? Ernsthaft? Hast Du mal auf den Kalender geschaut? Heute haben wir den 10. September und nicht den 31. Dezember. Von wegen neues Jahr. Es sei denn...
„Erwischt! In gewisser Weise beginnt für mich heute ein neues Jahr...", rückte er später mit der Sprache heraus, als wir alleine waren, „... ein neues Lebensjahr."
Das war ja mal eine großartige Nachricht. Heute war sein Geburtstag, und niemand hatte darüber auch nur ein Wort verloren. Weder er selbst noch die anderen. Es sei denn, sie hatten sich wegen einer geplanten Überraschungsparty nichts anmerken lassen. Doch selbst die hatte es nicht gegeben. Tusch und Konfettiparade? No way! Auf das Feiern seines Geburtstags legte er keinen Wert? Warum nur? Es sollte ja Menschen geben, denen das Feiern am 11. September seit 2001 gründlich verleidet war, aber zu denen zählte ich Mike nicht. Und außerdem war immer noch der Zehnte.
„Ganz ehrlich? Ich hasse Überraschungspartys!"
In gewisser Weise konnte ich das sogar verstehen. Auch mir waren spontane Überfälle dieser Art ein Graus, die nur noch von geplanten Partys mit peinlichen Überraschungen für den Gastgeber übertroffen werden konnten.
„Andererseits hätte ich nichts gegen eine kleine Privatparty mit einer sexy Lady in Red."
So, so, eine kleine Privatparty... mit mir...
Here I am, lost in the light of the moon that comes through my window, bathed in blue....
Das Blau des hereinfallenden Mondlichts reichte aus, um nicht vollends von der Finsternis verschlungen zu werden, aber es verbarg, dass mich seine Worte zum Glühen brachten, und nicht nur innerlich - Worte, die kaum mehr als ein Flüstern waren: „My beautiful lady in red".
Picture your thoughts: In the heat of the moment... Ich leuchte wie das Licht an einem beschrankten Bahnübergang. Ein Signal. Rot blinkend. Gefahr! I can hear the train coming. My rabbit heart under your spell. Like deer in the headlights. On a railroad track.
„My beutiful sexy lady..." - und dann: Stille.
Stille? Wer's glaubt! Wir befanden uns im Auge des Sturms. Unmöglich für mich, noch klar zu denken. Sinnvolle oder zusammenhängende Sätze? Fehlanzeige! Das hier war längst noch nicht vorbei
... down to a whisper, in a daydream, on a hill...
Doch der kurze Moment vor dem Sturm war kein Tagtraum auf einem sonnigen Hügel. Poetische Romantik war einmal – hier war es heller als tausend Sonnen und heißer als die Hölle.
I am at the center at the sun and waiting for hell to break loose. Worte stören da nur. Enjoy the silence...
♪♫ ♪♫ ♪♫ Enjoy the silence ♫ ♪♫ ♪♫ ♪
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Broken Strings
Roman d'amourWork&Travel in Kanada und eine spontan getroffene Entscheidung mit unvorhergesehenen Folgen. Sie war so kurz davor, das Land zu verlassen, doch dann war da dieser eine Abend, der für sie alles veränderte. Eine Begegnung, die ihre Zukunft in neue Ba...