Kapitel 21 - Alfons

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Baron von Lelac, ein hagerer Mann mit freundlichem Gesicht, steht am Ufer eines der großen Teiche und kickt mit dem Fuß Steine in das Wasser. So kühl er sich auch gegenüber Theodora gegeben hat, so sehr nimmt ihn sein Eheproblem selbst mit – was auch immer vorgefallen sein mag.
Ich mache mit einem Räuspern auf mich aufmerksam und er dreht sich erschrocken um. Als er mich sieht, runzelt er die Stirn. „Fürst von Kroesus, richtig? Was machen Sie denn hier? Sollten Sie nicht auf der Gartenfeier Unruhe stiften? Ihr Ruf würde das verlangen." Ich zucke mit den Schultern. „Ich bin nicht so ehrenvoll wie mein Ruf. Außerdem sollte man einen Mann, der Trübsal bläst, nicht alleine lassen. Und schon gar nicht, ohne etwas zu Trinken."
Ich reiche ihm ein Glas Rotwein. Er nimmt es misstrauisch entgegen und wir stoßen miteinander an. Er leert es in einem Zug. „Tun Sie nicht so, als würden meine Probleme Sie wirklich interessieren, Durchlaucht", brummt er. Ich erwidere: „Das tun sie nicht im Geringsten, Baron. Ihre Probleme sind Ihre Probleme und ich würde mich jederzeit mit Freuden aus Ihren Angelegenheiten heraushalten. Aber unglücklicherweise werden sie zu meinen Problemen, wenn sich die Dame meines Herzens den Kopf darüber zerbricht. Und angesichts der Situation, dass ich ihr begreiflich machen möchte, was für ein herausragender Partner ich für sie wäre, nehme ich jede Gelegenheit dankend entgegen, ihr Retter in Nöten zu sein."
Lelac schaut mich überrascht an. „Sie interessieren sich für Theodora von Mühlen? Finden Sie es nicht ein wenig unklug, mir diese Information anzuvertrauen, wo ich mit ihrer besten Freundin verheiratet bin?" Ich zucke mit den Schultern. „Erstens halte ich Sie nicht für ein Klatschweib. Zweitens habe ich nichts zu verbergen und drittens kann jeder, der sich dafür interessiert, es aus meinem Verhalten ablesen. Ach, und viertens scheint die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrer Gattin ohnehin nicht so gut zu funktionieren, nach allem, was man so hört."
Lelacs Gesichtszüge frieren ein. „Das geht Sie nichts an. Und mich wiederum hat es nicht zu interessieren, was Sie mit Baroness von Mühlen vorhaben. Obwohl ich mich frage, ob ich Sie dafür bedauern sollte, dass Sie sich eine Frau mit so einer starken Meinung ausgesucht haben oder lieber beglückwünschen sollte, dass Sie diese Dame so gut wie sicher haben. Ein Mädchen wie Theodora, aus niederen Adelskreisen, kann sich glücklich schätzen, in die feine Gesellschaft aufzusteigen. Sie werden keine Probleme haben, sie zu erobern."
„Ich fürchte, da unterschätzen Sie die Frauen. Was halten Sie davon, wenn wir ein Stück gehen, Herr Baron?"
Er zuckt gleichmütig mit den Schultern und folgt mir, als ich in die nächste Allee einbiege.
„Warum haben Sie um Katharina Mollock geworben?", frage ich. „Liegt es wirklich nur an Ihrem Stolz? Dass sie ihrer familiären Herkunft nach unter Ihnen steht und Sie somit wussten, dass Sie ihr immerhin ein Heim bieten können, das den Standard übertrifft, in dem sie aufgewachsen ist?"
Es dauert eine Weile, bis er antwortet. Dann erläutert er: „Nun - ja, in gewisser Weise spielte das eine Rolle. Mit meiner kleinen Baronie hätte ich niemals gewagt, um die Hand von Louisa de Marc anzuhalten. Mal davon abgesehen, dass sie ein furchtbar anstrengendes Frauenzimmer ist. Aber Katharina ist immer freundlich und liebreizend gewesen. Und sie ist bodenständig. Ich brauchte auch jemanden, der in der Lage ist, einen Haushalt meiner Größe zu führen. Und dann gibt es diese Eigenschaften an ihr, die ich gar nicht in Worte fassen kann. Ich habe sie einfach sehr gern."
„Wo ist dann das Problem?", frage ich leicht verwirrt. Er seufzt. „Das Problem ist, dass ich das Gefühl habe, sie von einem besseren Leben abzuhalten. Vor der Hochzeit habe ich mir wenig Gedanken darüber gemacht, weil ich von ihrer Entscheidung für mich so überwältigt war. Ich hatte noch nicht unbedingt vor, zu heiraten, aber als Seine Majestät das Werben um sie eröffnete, da hatte ich das starke Gefühl, dass ich es ewig bereuen würde, wenn ich nicht wenigstens den Versuch wage, diese Frau für mich zu gewinnen." Dieser Gedanke kommt mir erstaunlich bekannt vor.
„Aber jetzt leben wir auf meinem kleinen Anwesen und sie betont so häufig, wie anders es im Vergleich zu ihrer Zeit bei Hofe ist. Sie stellt es positiv dar, aber ich habe die Vermutung, dass es ihr an etwas fehlt. An mehr Glanz und Lebhaftigkeit. Sie hatte all diese hochkarätigen Werber und ich habe ihr diese Chance verbaut."
„Das ist doch Unsinn", werfe ich ein. „Sie hätten ihr die Chance verbaut, wenn Sie alle anderen Werber aus dem Weg geräumt hätten. Aber Ihre Gattin hatte die Wahl und sie selbst hat entschieden, dass das, was Sie ihr bieten können, mehr wiegt als das Geld oder der Rang der anderen. Ich glaube, Sie hören in den Worten Ihrer Frau nicht das, was sie meint, sondern das, was Sie selber von sich denken. Ich kenne Baronin von Lelac nicht gut, aber ich weiß, wie zugetan ihr Theodora von Mühlen ist. Und daraus schließe ich, dass sie eine bodenständige Persönlichkeit ist, die nicht darauf wartet, dass ein Mann ihre Gedanken liest. Sie sollten sich nicht so klein machen, Baron von Lelac. Denn die größte Anerkennung, die ein Mann in seinem Leben erlangen kann, ist weder Titel noch Reichtum, sondern die Liebe einer wunderbaren Frau. Und das haben Sie all diesen hochkarätigen Grafen und Fürsten voraus. Sogar mir, obwohl ich das ungern zugebe. Vielleicht sollten Sie sich an den Gedanken gewöhnen, dass Frauen selbst am besten wissen, was sie wollen. Denn eines steht fest: Wir Männer wissen überhaupt nicht, was Frauen wollen."
Lelac denkt einen Moment nach, doch ich kann deutlich sehen, dass sich in seinem Inneren ein Schalter umlegt. „Sie wollen sagen, dass ich sie vermutlich völlig missverstanden habe? Und dass meine Frau tatsächlich bemüht war, mir Komplimente zu meinem Lebensstil zu machen?"
Ich nicke. „Ja. Und dass Sie sich grundlos vor ihr zurückgezogen haben und Ihre Gattin beim besten Willen nicht verstehen kann, warum sie nicht von Ihnen auf das Gartenfest begleitet wird. Und ich denke, Sie sollten Baroness Theodora ihre aufgebrachten Worte verzeihen, denn Sie sieht in Ihnen nur den schlechten Ehemann, der Sie bis dato auch waren."
Baron von Lelac massiert sich völlig überfordert die Stirn. „Meine Güte, ich habe wirklich alles falsch verstanden. Was soll ich Ihrer Meinung nach tun, Durchlaucht?", bittet er mich um einen Rat. Ich frage mich innerlich, wann ich zum Beziehungsratgeber geworden bin. Schließlich habe ich deutliche Probleme, meiner Auserwählten klar zu machen, was ich für sie empfinde. Aber ich fühle mich auch gut dabei, diesem unsicheren Mann zu helfen. Nicht nur, weil Theodora mir dankbar sein wird. Sondern weil ich das Gefühl habe, dass er Katharina sehr liebt. Und zwar so sehr, dass er alles richtig machen möchte und dabei alles falsch macht.
„Ich finde, Sie sollten etwas Mutiges tun. Etwas außerhalb Ihrer Komfortzone. Damit sie sieht, wie viel sie Ihnen bedeutet." Er runzelt die Stirn. „Sie meinen, irgendwas... Romantisches? Das ist ein sehr netter Rat, Durchlaucht, aber ich bin nicht der Typ, der so alberne Sachen macht wie ein Picknick unterm Sternenhimmel im Licht hunderter Kerzen." Er rümpft die Nase. Ich leere mein Weinglas in einem Zug. „Das Picknick ist eine fantastische Idee. Das sollten Sie tun."
Er setzt einen unwilligen Gesichtsausdruck auf. „Haben Sie mir nicht zugehört? Das bin nicht ich und das weiß sie auch." „Umso besser", erwidere ich beschwingt. „Ihre Frau kennt Sie und sie wird es zu schätzen wissen, wenn Sie all das für sie tun, obwohl es Sie große Überwindung kostet. Und wenn Sie sich schon mal überwinden, dann können Sie ihr gleich noch ein paar nette Dinge sagen. Was Sie an ihr lieben und schätzen, wie Sie sich die Zukunft mit ihr wünschen, was Ihr schönster Moment mit ihr war..." „Das kann ich ihr nicht sagen", wirft er hastig ein und blickt peinlich berührt zu Boden. „Wieso, war es die Hochzeitsnacht?", frage ich amüsiert und sehe an seinem Erröten, dass ich ins Schwarze getroffen habe.
„Ich glaube", fahre ich nach einem Moment des Schweigens fort, „dass es an der Zeit ist, dass Sie mal etwas riskieren. Sie sollten Ihre Gattin spüren lassen, dass Sie sie als Gefährtin bei sich haben wollen und nicht nur als Ihre Haushälterin."
Lelac winkt ab. „Schon gut, ich habe es verstanden. Ich werde mir Mühe geben. Obwohl ich bei Weitem nicht Ihre Offenheit und schockierende Ehrlichkeit besitze. Ich weiß nur nicht recht, wann ich so etwas organisieren soll. Morgen fahren wir nach Hause und ich fühle mich unwohl dabei, dass meine Dienerschaft dieses romantische Picknick vorbereitet und beobachtet."
Ich sinne eine Sekunde über seine Bedenken nach. „Dann organisieren Sie es doch für heute Abend. Suchen Sie sich einen schönen Platz im Schlosspark. Ich kenne mich hier zwar auch nicht wirklich gut aus und bin im Organisieren nicht sehr gut, aber ich könnte Theodora fragen, ob sie uns hilft." Der Baron verzieht den Mund. „Ich glaube, Baroness Theodora mag mich nicht sonderlich." „Ich glaube", erwidere ich, „Baroness Theodora würde Sie wirklich gerne mögen."

Die FürstinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt