34 • Anthoine Hubert

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Spa, 31. August 2019

Die Sommerpause war vorbei und die Saison ging weiter. Nachdem wir Italien verlassen haben, hat Carlos seine letzte freie Woche bei seiner Familie in Spanien verbracht, während ich mit George und Alex nach England geflogen war.

Als ich mit McLaren nach Belgien reiste, hatte ich nur Grund zur Freude. Nach sieben Tagen hatte ich Carlos wieder bei mir und würde mit ihm am Sonntag nach dem Rennen seinen Geburtstag feiern. Zusammen würden wir nach Paris fahren und dort zwei Tage verbringen, was mein Geschenk für ihn war. Ursprünglich hätten wir direkt mit dem Team nach Monza fliegen müssen, da der Italien Grand Prix direkt eine Woche nach Spa war, aber ich hatte Zak und Andreas anfleht, uns ein paar Tage freizugeben. Nach langem Zögern hatten sie erbarmen und gaben uns zwei Tage, auch wenn sie nicht verstanden, wieso wir nach drei Wochen Sommerpause noch mehr Urlaub brauchten.

Außerdem konnte ich endlich wieder meiner Leidenschaft nachgehen, Racing. Alles deutete auf ein perfektes Wochenende hin, doch bereits am Freitag beim Training sollte sich das Gegenteil zeigen. Aus den Daten, die wir in den Sessions sammelten, konnten wir nichts Entscheidendes ablesen, wodurch wir das Auto nicht weiter entwickeln konnten. Darauf folgte ein chaotisches Qualifying, was durch zwei Motorschäden anderer Fahrer unterbrochen wurde. Während Carlos mit P17 schon in Q1 rausflog, schaffte ich es als P12 ebenso wenig in Q3. Nur durch ein paar Strafen für andere Teams würden wir noch Plätze nach vorne rutschen. Nach dem Qualifying gab ich standardmäßig meine Interviews, die sich durch die langen Fragen der Reporter hinzogen. Anschließend besprach ich mit meinen Ingenieuren die heutigen Probleme am Auto und die Strategie für morgen. Danach hatte ich meine ganzen Termine abgehakt und durfte gehen. Direkt machte ich mich auf den Weg in mein Fahrerzimmer. Als ich den Raum betrat sah ich Carlos bereits auf meiner Couch sitzen.

,,Hey", begrüßte ich ihn und lief zu meinem Rucksack, um mein Handy rauszusuchen, ,,du als P15 und ich von P11, das kann morgen ein lustiges Rennen werden."

Ich hatte irgendeine Antwort von Carlos erwartet, zumindest eine Reaktion, doch die blieb aus. Verwundert ließ ich von meinem Rucksack ab und sah zu ihm. Sein Blick war ernst, so ernst wie noch nie zu vor. Augenblicklich wurde mir klar, dass etwas schreckliches passiert sein musste. ,,Was ist los?", erkundigte ich mich zögerlich.

,,Du hast es noch nicht mitbekommen?", fragte Carlos nach. Irritiert legte ich den Kopf schief:,,Was mitbekommen?"

,,Komm her", forderte mich der Spanier nun sanft auf und klopfte auf den freien Platz neben sich auf dem Sofa. Mit einem mulmigen Gefühl setzte ich mich zu ihm und wartete darauf, dass er fortfuhr:,,Du weißt, dass auf der Strecke nach unserem Qualifying das erste Rennen der Formel 2 stattfindet und auch heute stattgefunden hat."

,,Ja, sie müssten doch noch fahren", erwiderte ich unsicher.

Carlos seufzte schwer und schüttelte leicht den Kopf:,,Nein, sie fahren nicht mehr. Es hat einen schweren Unfall gegeben und das Rennen wurde abgebrochen."

,,Ist jemand verletzt?", hakte ich nach, wobei mir innerlich schon bewusst war, dass sich jemand verletzt haben musste, ansonsten würde sich Carlos anders verhalten.

,,Ja, Juan Manuel Correa wurde ins Medical Center gebracht und wird wohl operiert. Allerdings ist er nicht der einzige, der am Unfall beteiligt war", erklärte Carlos.

,,Wer noch?" Der Spanier schluckte und brauchte einen Moment, bevor er zu einer weiteren Antwort ansetzte:,,Giuliano Alesi, er blieb unverletzt, und Anthoine Hubert, er starb noch an der Unfallstelle."

,,F*ck", war das einzige, was ich nach seinen Worten herausbrachte. In meinem Magen drehte sich alles um und angestrengt fuhr ich mir übers Gesicht.

Nach dem Unfall von Jules Bianchi 2014 hatte ich geglaubt, dass es nie wieder vorkommen würde, dass ein Fahrer bei einem Rennen sein Leben verlieren würde. Die Autos wurden weiterentwickelt und sicherer gemacht wie durch die Erweiterung des Halos. Es sollte nie wieder jemand im Motorsport bei einem Unfall sterben. Dass es nun doch passiert war, war ein Schock.

Ich kannte Anthoine kaum. Ein, zwei Mal sind wir uns letztes Jahr im Paddock begegnet, als er Testrunden für Renault gefahren ist und ich Ersatzfahrer bei McLaren war. Außerdem war Anthoine ein enger Freund von Charles gewesen. Ab und zu waren Alex, George und ich mit ihnen und weiteren Formel 2 und 3 Fahrern essen gewesen.

,,Ich will mir nicht vorstellen, was seine Familie nun durchmachen muss. Das ist schrecklich", riss mich Carlos Stimme aus den Gedanken. Ich wandte meinen Blick zu ihm und nickte langsam:,,Ja, er war noch jung und gerade erst am Anfang seiner Karriere. Das ist nicht fair."

,,Das ist es definitiv nicht", stimmte Carlos zu und legte einen Arm um mich. Ich rutschte näher zu ihm und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab. In meinem Zimmer wurde es still. Carlos und ich waren mit unserem Gedanken bei Anthoine, seinem überraschenden Tod und der damit verbundene Schock. Kein Wort dieser Welt beschrieb, was wir in diesem Moment fühlten. Es war eine Mischung aus Mitgefühl und Bedauern, etwas zwischen aufgewühlt und erschüttert.

Ich war froh, dass es Carlos war, der gerade neben mir saß, dessen Arm um mich lag und dessen Nähe ich spüren konnte. Er machte die Situation erträglicher. Nach einiger Zeit klopfte es an meiner Zimmertür, was uns auseinanderschrecken ließ. Wir setzten uns aufrecht hin und ich warf ein fragendes ,,Ja?" in den Raum.

Die Tür öffnete sich und Andreas steckte seinen Kopf durch dir Tür:,,Hey, ihr beiden. Wie geht es euch?"

,,Wir sind wohl die letzten, die sich beklagen können", antwortete Carlos, was ich mit einem zustimmenden Nicken quittierte.

,,Ich will, dass ihr wisst und niemals vergesst, dass meine Bürotür für euch immer offensteht. Wenn ihr über etwas reden wollt oder Fragen habt, kommt zu mir", vermerkte unser Teamchef.

,,Danke", entgegneten Carlos und ich fast gleichzeitig. Ich setzte mit einer weiteren Frage nach:,,Wird das Rennen morgen abgesagt?"

,,Die FIA bespricht das gerade, aber es sieht wohl so aus, als würdet ihr morgen fahren. Nur das Sprintrennen der Formel 2 wird morgen vermutlich nicht stattfinden", berichtete Andreas, woraufhin wir verstehend nickten.

,,Fahrt vorsichtig ins Hotel und ruht euch aus. Wenn etwas ist, kommt ihr zu mir oder ruft mich an", wiederholte unser Teamchef noch einmal seine Worte, ehe wir uns verabschiedeten und er die Tür hinter sich zu zog.

Als wir wieder alleine waren, strich Carlos mir ein paar Locken aus der Stirn und lächelte schwach:,,Was hältst du davon, wenn wir jetzt ins Hotel fahren und unser Zimmer für heute nicht mehr verlassen? Wir könnten etwas beim Zimmer Service bestellen."

,,Nichts lieber als das", hauchte ich. Carlos drückte mir einen Kuss auf die Wange, bevor er aufstand:,,Okay, dann treffen wir uns gleich vor dem Motorhome."

Ich nickte. Nachdem der Spanier mein Zimmer verlassen hatte, stand ich ebenfalls von dem Sofa auf und hob meinen Rucksack. Alles, was ich heute Morgen ausgeräumt hatten, schmiss ich wieder hinein und warf ihn mir anschließend über die Schulter, bevor ich wie Carlos zuvor mein Zimmer verließ und zum Ausgang des Motorhomes lief.

•••

Ich möchte dazu sagen, dass ich keine Ahnung habe, wie Carlos und Lando zu Anthoine standen und das geschrieben habe, was ich für die Charaktere in der Story passend fand.

Es hat sich für mich nicht richtig angefühlt, den Belgien Grand Prix zu überspringen oder den Unfall nicht zu erwähnen. Zudem ist das Kapitel kürzer als alle anderen, da ich es nicht unnötig strecken und ganz Anthoine widmen wollte. Ich hoffe, ihr habt dafür Verständnis.🧡

Nächste Woche geht es wie gewohnt weiter.🏁

Lg. T.

The way I love you [Lando Norris x Carlos Sainz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt