Kapitel 16

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PoV Levi
Kaum hatten wir die Wanne wieder verlassen, machten wir es uns auf dem Sofa gemütlich. Dr. Bäcker meinte, dass ich Ruhe brauchen würde. Und die wollte Eren mir verschaffen. Jedenfalls teilweise. Denn statt einfach nur rum zu liegen und zu entspannen, saß ich auf seinem Schoß, hatte meine Arme um seinen Nacken gelegt und spürte seine Lippen an meinem Hals.

Dass wir beide nichts Weiteres trugen als Unterwäsche, half nicht unbedingt das hier nicht erregend zu finden. Natürlich würde es nicht auf Sex hinauslaufen. Wir wussten beide, dass ich dafür keine Kraft hatte. Und ehrlich gesagt wollte ich auch nicht. Ich hatte ein wenig Angst, dass ich wieder Atemprobleme bekommen könnte.

Erens Hände wanderten meinen Rücken rauf und runter, streichelten sanft die dortige Haut und fanden schließlich ihren Platz an meinem Steißbein. Wo er mich noch näher an sich drückte und ich von seinen Oberschenkeln auf seine Mitte rutschte.

Seine Lippen verwöhnten noch immer meinen Hals und leise keuchte ich ihm ins Ohr. Ich verstand nicht genau warum, doch er mochte das.

Doch je intensiver er wurde, desto schlechter wurde mein Gefühl.
Wahrscheinlich war es etwas, was wir bereden sollten. Doch ich wollte ihn nicht abweisen. Er würde die nächsten Monate sowieso schon genug zurückstecken müssen.

Plötzlich löste sich der Brünette von mir und sah mich stattdessen wissend an. „Worüber denkst du nach?", fragte er und griff nach der großen Decke, die neben ihm lag. Breitete sie über meinen Schultern aus. Sofort fühlte ich mich geborgen.

„Ich habe ehrlich gesagt Angst, wenn wir uns so nah kommen.", versuchte ich mich verständlich zu machen. Doch Erens verwirrter – und zeitgleich besorgter – Gesichtsausdruck unterstrich das Scheitern meines Vorhabens. „Hab ich was falsch gemacht?", fragte er dann unsicher und schob mich ein wenig von seinem Schoß runter. So saß ich wieder auf seinen Oberschenkeln. „Nein!", protestierte ich gegen seine Aussage und nahm meinen ursprünglichen Platz wieder ein.

Und ehrlich gesagt erschöpfte mich diese Art von körperlicher Anstrengung jetzt schon. Wie sollte das denn werden, wenn wir wirklich wieder Sex haben würden? Obwohl? Wir würden ja nicht einen Tag nach der Chemotherapie damit anfangen.

„Du weißt, was letztes Mal passiert ist. Und ich hab halt einfach Panik davor, dass es wieder passiert.", ich hatte mit Eren noch nicht wirklich über diese Nacht geredet. Wie ich mich gefühlt hatte. Nicht, weil ich es nicht für wichtig empfand oder dachte, er würde mich nicht verstehen, sondern einfach, weil es mir sehr unangenehm war über meine Gefühle und Gedanken zu reden. Das war schon immer so. Und auch ein Eren könnte das nie zu 100 Prozent ändern.

„Ich hatte wirklich Angst, dass ich sterbe, Eren.", vielleicht nicht zu 100 Prozent. Aber er war auf einem guten weg zu den 99.

Eren nickte verständnisvoll und streichelte mir dann nachdenklich durch die Haare. „Und wenn das wieder passieren sollte, jetzt wo ich weiß, was es wirklich ist, weiß ich nicht, ob ich dagegen ankämpfen würde.", ich wollte mich nicht umbringen. Doch sinnlos kämpfen wollte ich auch nicht. Die erste Atemnot hatte ich überstanden. Doch wenn die Therapien und Medikamente nicht anschlagen würden, wüsste ich nicht, ob ich mich gegen eine zweite Atemnot wehren würde.

Eren nickte wieder nur.
Er wusste natürlich von meiner Vergangenheit, wusste, wie ich über das Leben und den Tod dachte. Und er konnte mit Sicherheit auch meinen Standpunkt jetzt verstehen. „Wenn du nicht für dich dagegen ankämpfen willst, dann tu es bitte für mich.", er hatte den Blick abgewendet, sah auf meine Brust, nicht in meine Augen.

Ich wollte mein Leben mit Eren verbringen. Dessen war ich mir schon lange bewusst. Auch, wenn es nicht das Wichtigste für mich war, wusste ich, dass ich ihn irgendwann heiraten wollen würde. Doch ich wusste nicht, ob er es wollte, wenn sich bei mir keine Besserung zeigte.

Krebs ging nicht nur auf den Körper, es ging auch auf die Psyche. Wir hatten schon Probleme mit mir, bevor das hier passierte. Er kam mit manchen Dingen nicht klar, ich kam damit nicht klar und hatte es teilweise an ihm ausgelassen. Ich wollte ihn das nicht nochmal durchmachen lassen. Und erst recht dann nicht, wenn ich keine 100 prozentige Wahrscheinlichkeit der Genesung hätte.

Seine Aussage, dass ich es für ihn versuchen sollte, war zu einem ein Ansporn für mich, doch zum anderen ein Hindernis. Denn im Endeffekt tat ich alles nur für ihn. Und vielleicht wäre er ab einem bestimmten Punkt besser dran ohne mich.

„Wir machen alles langsam. Wir können auch die ganze Zeit auf Sex verzichten, wenn es dir zu riskant ist! Nur bitte gib nicht auf, wenn du es noch nicht richtig versucht hast.", murmelte der Brünette leise. Sah mich mit glasigen Augen an.

Ich nickte nur, legte meine Arme wieder um seinen Hals und drückte seinen Kopf an meinen Oberkörper, spürte wie Eren zitterte und hörte, wie er zu weinen begann. Streichelte ihm durch die Haare und drückte mich näher an ihn.

Ich wusste, dass es ihn fertig machte, doch es musste gesagt werden. Er musste sich irgendwie darauf vorbereiten können vielleicht bald, ohne mich zu sein. Auch, wenn es für uns beide schwer war. 

Chemistry [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt