Kapitel 7

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PoV Eren
Durch einen lauten Knall wurde ich aus meinem Schlaf gerissen und saß keine Sekunde aufrecht, sah mich um. „Ey Eren!", fauchte Levi und hielt sich den Kopf. Wir saßen auf der Couch und so wie es aussah, hatte ich gerade seinen Kopf gegen die Lehne geworfen. „Sorry!"

„Hab ich euch geweckt?! Jungs es ist schon fast 11 Uhr!", lachte eine weibliche Stimme plötzlich und im Augenwinkel sah ich, wie Levi genervt die Augen rollte. Dann zog er mir plötzlich die Decke weg, rollte sich darin ein und stand vom Sofa auf. „Hanji, was tust du hier?", seufzte er und ging in den Flur.

Ich stand ebenfalls auf und ging ihm hinterher. Hanji lehnte in der Küche und wartete auf die Kaffeemaschine. Wieso musste sie eigentlich immer zu den ungünstigsten Zeiten auftauchen? Ich mochte Hanji, sehr gerne sogar. Sie brachte Levi zwar zwischendurch zur Weißglut mit ihrem Verhalten, tat ihm jedoch sehr gut. Aber ihr Timing war schon immer unpassend.

Levi und ich hatten seit knapp zwei Tagen nicht mehr geduscht. Und hatten zwischendurch extrem geschwitzt – kurz gesagt, wir stanken wie eine Männerumkleide im Fitnessstudio. „Ich geh' duschen.", murrte ich und entfernte mich von den beiden.

Während ich zum Bad ging, hörte ich Hanji nur noch sagen: „Weißt Levi, ihr könntet öfter lüften, hier stinkt es."

Wow Hanji. Wow.

Im Badezimmer öffnete ich erst den kleinen Medizinschrank. Wollte mir eigentlich nur eine neue Rasierklinge rausnehmen. Doch mein Blick fiel auf das unterste Fach. Levi hatte nie viel in diesem Schrank. Während ich Schmerztabletten, Ritalin, Rasierklingen und jetzt auch Neurexan zur Beruhigung in meinem Fach liegen hatte, hatte Levi meistens nichts außer Rasierklingen. Jetzt standen neben der dunklen Verpackung jedoch vier weitere Dosen mit Tabletten. Alle waren orange mit einem weißen Deckel, typisch wie aus Filmen.

Interessiert nahm ich mir ein Döschen und sah es mir an.

600g, Dosierung: eine Tablette abends
Ich konnte nicht mal genau sagen, was diese Tabletten eigentlich waren. Und ich glaube, dass ich es auch gar nicht so genau wissen wollte. Alleine schon der Gedanke, dass Levi sich mit Tabletten und Chemie vollstopfen musste, um den Krebs loszuwerden, ließ mir keine Ruhe. Wenn ich jetzt auch noch wissen würde, was genau es wäre, würde ich es googlen und alle möglichen Wirkstoffe in Erfahrung bringen. Das würde Levi nur vermutlich mehr unter Druck setzten.

Und er hatte eh schon genug Probleme am Hals.

Jetzt auch noch Hanji. Ich fragte mich, ob er es ihr erzählen würde. Doch wenn Hanji es wusste, dann wusste es bald jeder. Ich konnte verstehen, dass er das nicht wollen würde.

Seufzend stellte ich die Tabletten zurück, nahm mir stattdessen eine von meinen Ritalin Tabletten und stieg dann unter die Dusche. Ließ das Wasser auf mich niederprasseln und atmete tief durch.

-

Mit einem Handtuch um die Hüften kam ich aus dem Badezimmer raus und wollte zum Schlafzimmer gehen, als ich Hanji und Levi in der Küche reden hörte. „Ich mache mir Sorgen.", sagte sie. „Ich weiß, dass du sowas alleine wegstecken möchtest. Aber denk auch an Eren. Er wird es nicht leicht haben, sollten sie den Scheiß nicht rausoperieren können." – „Was denkst du denn, was ich tue? Ich denke schon die ganze Zeit nur an Eren. Mir ist eigentlich ziemlich egal, was mit mir passiert. Ich will nur nicht, dass er noch jemanden verliert.", murrte Levi und ich schluckte.

Er wollte nicht, dass ich jemanden verlieren würde.
Und dafür war ihm sein eigenes Leben so unwichtig?

Ich versuchte seine Worte zu verdrängen und ging ins Schlafzimmer, wo ich mir etwas Frisches anzog und auch das Bett neu bezog. Da kamen wir ja nicht mehr zu.

„Ich hab's Hanji gesagt.", hörte ich plötzlich und drehte mich zur Tür. Dort lehnte der Schwarzhaarige und musterte mich. „Hab ich gehört.", so sehr ich auch versuchte Levis Worte zu ignorieren, konnte ich es nicht. „Kannst du mir einen Gefallen tun?", fragte ich und klopfte das Kissen. Sah ihn dabei bittend an.

Der Jüngere nickte nur. „Denk bitte nur ein einziges Mal an dich selbst. Du hast schon genug für mich getan, Levi. Und ich will nicht, dass du deine Angst oder was auch immer es ist, zurückhältst, weil du mich nicht verletzen willst. Ich kann das ab. Noch viel eher, als wenn du es in dich hineinfrisst."

Im Laufe der Jahre hatten Levi und ich so unsere Probleme gehabt – normal in einer Beziehung.
Eines davon war, dass er mir viele seiner Gefühle nicht offen dargelegt hat und ich nicht hinterfragen wollte. Ich weiß nicht mehr, wie es passiert war, doch irgendwann hatten wir es hingekriegt Probleme direkt anzusprechen und Gefühle angemessen – wie Levi so schön gesagt hatte – zuzulassen. Er rief mir zwar nicht um die Ohren, dass er mich liebte und niemals ohne mich leben könnte, doch er versteckte sich auch nicht mehr vor mir.

Und ich wollte nicht, dass das wieder anfangen würde, nur weil er Rücksicht auf mich nehmen wollte. Er musste nur ein Mal an sich selber denken, und nicht an mich.

„Ich versuche es.", murmelte der Kleinere und kam auf mich zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte mir einen leichten Kuss auf die Lippen. Ich lächelte leicht und schloss meine Arme um seine Hüfte. Hielt ihn ganz fest. Wollte ihn nie wieder gehen lassen. 

Chemistry [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt