PoV Eren
Während ich im Schlafzimmer an meinen Hausaufgaben hing, hörte ich aus dem Wohnzimmer Gelächter und wie die drei sich angeregt unterhielten.Ich war nie ein Teil der Gruppe gewesen und das störte mich nicht. Levi und ich lebten zusammen, waren jahrelang zur selben Schule gegangen und hatten auch zusammen gearbeitet. Selbst wenn es nur unser Freundeskreis war, eine Sache mussten wir nur für uns haben. Wir hatten das nie abgesprochen oder so – es war einfach von Anfang an klar gewesen. Ich hatte meine Freunde, er seine.
-
Die Tage vergingen, ich merkte, wie es Levi mal besser, mal schlechter ging. Seine Leberwerte waren schlechter geworden und er sollte Cortison nehmen, bevor die nächste Chemo gemacht werden konnte. Sein Hausarzt hatte die Hoffnung, dass das reichen würde. Und damit war er nicht alleine. Ich achtete viel mehr darauf, was Levi alles aß. Doch im Endeffekt brachte es nichts und die Werte blieben gleich. In drei Tagen wäre seine nächste Chemo.
Gerade lag ich noch im Bett, genoss meinen beweglichen Ferientag und tastete mit geschlossenen Augen neben mich. Doch statt Levis warmen Körper, spürte ich nur das leicht angewärmte Bettlaken. Verwirrt öffnete ich die Augen und sah mich um.
Es war bereits hell draußen. Doch ich hörte nichts aus der Wohnung. War er im Wohnzimmer wieder eingeschlafen?
Ich tapste aus dem Bett, ging schnurstracks ins Wohnzimmer, doch erblickte entgegen meiner Erwartung nicht den kleinen Schwarzhaarigen, sondern nur das leere Sofa. „Levi?", rief ich und wartete auf eine Antwort. Und wieder geschah etwas Unterwartetes.
Er antwortete mir nicht. Stattdessen hörte ich ein lautes Klirren aus dem Badezimmer. Sofort ging ich zur Tür, öffnete sie und fand Levi vor, der vor dem Waschbecken stand und zwischen mir und dem Boden hin und her sah. Um ihn herum ein Haufen Scherben. An der Wand über dem Waschbecken war nur noch die Halterung des Spiegels zu sehen. Doch dies war nicht, was mich schockierte.
Inmitten dieser Scherben lagen unzählig viele Haare. Sie lagen büschelweise auf dem Boden. Und besorgt sah ich Levi an. Er hatte die Hände auf seinem Kopf gelegt, versuchte zu verstecken, was darunter lag. Doch ich wusste es natürlich schon. Und so ging ich langsam auf ihn zu, schob mit dem Besen kurzerhand die Scherben an die Seite und stellte mich vor ihm hin. Sah ihm lieb in die Augen, sah die Tränen in den Blaugrauen Levis und streichelte ihm sanft über die Wange.
„Darf ich's sehen?", fragte ich leise und Angesprochener nickte, nahm langsam die Hände vom Kopf und wandte den Blick von mir ab. „Ich hab nur Haare- Haare gewaschen.", schluchzte er leise und hielt sich die Hände vors Gesicht.
Mein Blick lag auf den kahlen Stellen, die Levis sonst so vollen dunklen Haaren entgegenstanden. „Ich bin so hässlich.", weinte Levi plötzlich und lehnte sich an mich, schluchzte laut und weinte bitterlich gegen meine Brust. „Was redest du denn da? Du bist nicht hässlich, Levi.", ich streichelte ihm sanft über den Rücken, legte meine freie Hand an seinen Hinterkopf, wie immer, wenn er sich gegen mich lehnte. Doch diesmal zuckte er unter meinen Berührungen zusammen. Und es tat weh ihn so zu sehen.
„Du bist wunderschön, Levi. Das werden ein paar Haare weniger nicht ändern."
So standen wir da, ich hielt ihm im Arm und hoffte ihn ein wenig beruhigen zu können.
Auch, wenn mir selber nach Heulen zumute war.
-
„Bist du bereit?", fragte ich nochmal. „Bring es einfach hinter dich.", Levi sah nicht in den kleinen Spiegel, den ich provisorisch auf das Waschbecken gestellt hatte, sondern richtete seinen Blick gegen die Wand. Ich seufzte leise auf, schaltete den Rasierer an und fuhr dem Kleineren langsam über den Kopf. Sah die restlichen Haare zur Seite fallen und streichelte beruhigend über Levis Schulter.
Es war nicht leicht für ihn. Und ich musste meine Gefühle deshalb hinten an stellen. Ich konnte heulen, wenn es ihm besser gehen würde. Jetzt brauchte er mich. Mehr als ich ihn.
DU LIEST GERADE
Chemistry [Ereri/Riren]
FanfictionEigentlich sollte dieses Jahr schön werden. Die neue Wohnung, die Arbeit und die Schule. Alles passte. Endlich würden wir wieder ein wenig Zeit für uns haben. Es war perfekt. Bis zu diesem einen Satz. „Ich kann nicht atmen!"