PoV Eren
Verunsichert wischte ich mir durchs Gesicht, schniefte kurz.Ich hatte schon lange nicht mehr so geheult. Und vor allem nicht vor Levi.
Er saß noch immer auf meinem Schoß, sah mich lieb an. Ich musste mich nicht schämen oder zurückhalten. Auch, wenn es nichts Alltägliches war, dass ich vor Levi weinte und er sich um mich kümmerte, so war es für uns beide nichts Unangenehmes.In dieser Beziehung hatten wir uns von Anfang an gesagt, dass das Wichtigste für uns beide Ehrlichkeit und Gelassenheit waren. Und dazu gehörte auch, dass man seine Gefühle zeigte. Mir fiel das zwar schon immer leichter als Levi, doch er hatte mich nie angelogen.
Wenn ich gefragt hatte, ob es ihm gut geht – und er nicht drüber reden wollte – hatte er einfach "Nein" gesagt. Natürlich machte ich mir dann Sorgen, doch ich wusste, dass Levi vieles für sich selber klären wollte.
Und auch wenn es gerade nicht danach aussah, war ich froh darüber, dass Levi mir gesagt hatte, was in ihm vorgeht. Natürlich freute es mich nicht, dass er jetzt schon ans Aufgeben und den Tod dachte, doch ich konnte ihn verstehen. Es war nicht leicht. Für mich nicht und für ihn sowieso nicht. Levi hatte eine suizidale Vergangenheit, und nicht nur Gedanken gehörten damals dazu. Auch Versuche. Das war jedoch, bevor wir uns kannten.
Er meinte, dass er sofort aufgehört hatte über sowas nachzudenken, als wir uns das erste Mal geküsst hatten.Aus meinen Gedanken wurde ich durch zwei warme Hände gerissen, die sich um meine Handgelenke schlossen. Levi nahm meine Hände sanft von meinem Gesicht weg, hielt sie dann einfach nur fest und legte seinen Kopf in meine Halsbeuge, küsste die dortige Haut leicht und atmete tief durch.
Ich tat es ihm gleich, atmete, kam runter und spürte seine Nähe, die mich beruhigte.
-
Als ich aufwachte und auf den kleinen Digitalwecker neben meinem Bett sah, war es draußen bereits hell.
Ich setzte mich auf, tastete instinktiv neben mich. Doch statt Levis Körper fühlte ich nur die kalte Bettdecke. Verwirrt sah ich mich um. Die Tür war zu. Das hieß er war schon länger wach.
Seufzend machte ich mich auf die Suche nach meinem Freund. Kaum hatte ich die Schlafzimmertür geöffnet, hörte ich auch schon seine Stimme.
„Genau.", sagte er. Verwirrt ging ich ins Wohnzimmer, wo Levi am Computer saß und etwas las. In seiner rechten Hand hielt er die Maus, in der linken sein Handy. „Ja natürlich. Ich hab's ja vorhin schon gesagt, ich werde Bescheid geben, wenn es mir nicht gut geht.", telefonierte er mit seinem Boss?Levi hatte für den Umzug und die Renovierung seinen Resturlaub verbraucht und konnte noch einige Überstunden abbummeln. So konnte er auch einfach mal zweieinhalb Wochen Zuhause bleiben, ohne dass jemand fragen stellte.
Ich hatte vor einem Jahr eine neue Ausbildung angefangen. Der Bürojob war doch nichts für mich. Ich wollte lieber was mit Informatik machen. Und glücklicherweise hatten wir den Umzug auf meine Ferien verlegt. Ich hatte noch drei Tage, dann müsste ich wieder in die Schule. Und auch dort musste ich Bescheid sagen, dass ich an Levis Chemotagen fehlen könnte.
„Seit knapp drei Wochen.", sagte Levi und stützte seinen Kopf auf die Hände. „Ja leicht ist es nicht unbedingt. Eine Chemo habe ich auch schon hinter mir.", eine kurze Pause. „Ja, mir geht es ganz gut. Eren kümmert sich um mich, so gut er kann. Manchmal komme ich mir schon wie ein Kleinkind vor.", ich sah ihn kurz lächeln, was auch mir ein kleines Schmunzeln entlockte.
„Alle zwei Wochen. Jedenfalls bis jetzt. Und ich muss jeden Donnerstag zur Blutabnahme, damit sie wissen, ob sie mich freitags losschicken können."
Wenn Levis Blutwerte nicht in Ordnung waren, konnte keine Chemo durchgeführt werden. Dadurch würde sie die Therapie verschieben und es könnte passieren, dass die Wirkung der vorherigen Chemo nicht gut genug wäre, um den Zeitraum zur Neuen zu überbrücken. So ungefähr hatte es der Arzt erklärt.
„Ja, danke. Dir auch.", damit legte Levi auf, seufzte tief und legte sich die Hände vors Gesicht. Gerade wollte ich mich bemerkbar machen, da begann sein Körper zu zittern und zu beben. Und nur ein paar Sekunden später hörte ich den Schwarzhaarigen leise schluchzen.
Ich ging auf ihn zu. Er hatte mich noch nicht bemerkt.
Legte vorsichtig meine Hände auf seine bebenden Schultern, wodurch er kurz zusammenzuckte und sich dann zu mir umdrehte. Mit tränennassen Gesicht sah er mich an. Hilflos. Verzweifelt.
So wie er mich ansah, so fühlte ich mich.
Ich war überfordert und wusste nicht, wie ich ihm helfen sollte. Doch glücklicherweise übernahm Levi den Denkenspart für mich, legte seine Arme um meine Taille und drückte sich an mich. Weinte in mein Shirt. Ich legte meine Hand in seine dunklen Haare und kraulte ihm leicht den Kopf. Redete ihm gut zu, dass er das gut gemacht hätte. Dass er sich keine Sorgen machen müsse. Dass sein Chef Verständnis hatte.Und ich hoffte so sehr, dass es ihm irgendwo half.
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Chemistry [Ereri/Riren]
FanfictionEigentlich sollte dieses Jahr schön werden. Die neue Wohnung, die Arbeit und die Schule. Alles passte. Endlich würden wir wieder ein wenig Zeit für uns haben. Es war perfekt. Bis zu diesem einen Satz. „Ich kann nicht atmen!"