Kapitel 3

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PoV Levi
Nervös sah ich den jungen Arzt an. Er hatte meine Werte auf seinem Bildschirm geöffnet, maß gerade meinen Blutdruck und sah auf meinen Arm. „Vitalwerte sind soweit gut.", sagte er und nahm mir die Armbinde wieder ab. „Hatten Sie vorher schon Atembeschwerden, die sich so geäußert hatten?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte nie irgendwas. Ich war nicht mal irgendwann dieses Jahr über erkältet gewesen.

Die Tür wurde geöffnet und die Sanitäterin aus dem Krankenwagen kam in den Raum, legte einen Pullover auf die Liege. Lächelte mich freundlich an. „Wo ist mein Freund?", fragte ich besorgt und sah sie bittend an. „Der wartet im Besucherraum." Ich nickte. Eren war noch hier. Er durfte bleiben.

„Ich möchte Sie gerne röntgen. Ziehen Sie bitte die Hose aus und kommen dann bitte mit.", der junge Mann öffnete eine Tür zum Nebenzimmer. Ich tat wie mir geheißen, wurde die Hose los und folgte ihm mit zittrigen Knien ins Röntgenzimmer. Er legte mir eine Bleischürze um, auch eine für meinen Rücken. Positionierte mich und verschwand in einer kleinen Kammer.

Ein kurzes Klicken und er war wieder da, drehte mich, verschwand wieder. Ein erneutes Klicken. Das lief so vier Mal, bis ich wieder in den anderen Raum gehen sollte und mich anziehen durfte. Ich nahm mir den Pullover und meine Hose, zog mich an und setzte mich auf die Liege. Merkte erneut, wie mein Atem durch die ganze Bewegung schwerer ging. Es war wie ein Stechen in meinem Brustkorb. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich hätte einen Herzinfarkt.

Dass dem nicht so war, wusste ich natürlich.

Nervös begann ich an meinen Fingernägeln zu pulen. Wann würde der Arzt denn wiederkommen? Was hatte ich eigentlich? Hatte sich bei mir Asthma oder irgendeine Allergie entwickelt?

Die Zeit verging nicht. Der Sekundenzeiger an der Uhr über der Tür zum Röntgenraum bewegte sich irgendwie nicht mehr. Es schien, als wäre die Zeit einfach stehen geblieben, als wäre ich verdammt ein Leben in Ungewissheit und Angst zu verbringen. Ich wartete und wartete. Die Zeit ging einfach nicht vorbei. Es war, als wäre ich in der Unendlichkeit der Zeit gefangen. Wo war Eren nochmal? Was machte er? Hatte er genauso Angst wie ich? Warum durfte er nicht bei mir sein?

Wieso bewegte sich dieser scheiß Zeiger nicht?!

Die öffnete sich. Der junge Mann kam mit zwei großen Bildern in den Händen in den Raum, legte sie auf eine beleuchtete Unterlage und kehrte mir den Rücken zu, sah sich die Bilder an. Dann nahm er seinen Pieper von seinem Gürtel, hielt ihn sich an den Mund. „Denise, könnten Sie bitte den jungen Mann aus dem Besucherraum zu mir schicken?", fragte er in das Gerät. Als Antwort nur ein Piepen. Warum sollte Eren herkommen?

Nur wenige Sekunden später öffnete sich die Tür des Arztzimmers und ein völlig fertiger Eren stand im Türrahmen, kam besorgt auf mich zu und drückte mich an sich. „Erwin ist auf dem Weg, er bringt Klamotten, falls du hierbleiben musst.", erklärte der Brünette und ließ mich wieder los, griff im nächsten Moment jedoch nach meiner Hand.

Der Arzt räusperte sich, pinnte die beiden Bilder mit einem Magneten an eine Wand und schaltete das Licht jener Wand ein, dimmte das Licht im Raum. Ich sah mir diese Bilder genau an. Ich sah meinen Brustkorb und die Umrisse meiner Lungen. „Was ist damit?", fragte Eren interessiert und der Arzt seufzte leise. „Sehen Sie das hier?", fragte er und zeigte auf einen weißen Fleck im linken Flügel. Ein Fleck derselben Größe befand sich auch auf der rechten Seite. Jedoch weiter unten.

„Das ist ein Tumor.", fuhr er fort und wandte sich dem anderen weißen Fleck zu. „Diesen hier könnten wir rausoperieren. Er liegt sehr gut, ist in etwa so groß, wie der andere." – „Ich habe Krebs?", fragte ich. In meiner Stimme war keine Emotion. Keine Panik, keine Angst, keine Sorge. „Ja." – „Komplett behandelbar?", fragte ich, spürte, wie Eren meine Hand fester drückte. „Wie gesagt, einen könnten wir rausoperieren. Den anderen müsste ich mir nochmal genau ansehen. Ich weiß, das ist vermutlich gerade sehr viel zu verkraften."

Ich antwortete nicht darauf. Wie auch? "Ja stimmt."? Das war wohl keine gute Antwort auf so eine Nachricht. Mein Blick wanderte von den Röntgenaufnahmen zu Eren, welcher geschockt auf die Bilder starrte. „Ich würde Sie gerne für die nächsten Tage hierbehalten und ein paar Tests mit Ihnen durchführen.", fuhr der Arzt fort. Ich nickte nur apathisch. Mein Blick galt Eren.

Was würde er tun? Was ging in seinem Kopf vor?

„Ich lasse Sie einen Moment alleine. Geben Sie bitte Bescheid, wenn Sie für die nächsten Informationen über die Schritte bereit sind.", er lächelte mich aufmunternd an, verschwand aus dem Raum und ließ uns zurück.

Nun saßen wir da, hielten einander Hände und sahen uns einfach nur an. Verarbeiteten die Informationen der vergangenen Minuten.

Ich hatte Lungenkrebs.

Ich war gerade erst 20 geworden und bekam verdammten Lungenkrebs?! Ich hatte noch nie geraucht. Nicht mal an einer Zigarette gezogen. Und ich bekam verdammten Lungenkrebs.

„Was eine Scheiße.", zu mehr war ich nicht mehr Imstande. Mehr konnte ich nicht mehr sagen. Mehr brauchte es nicht um meine Gefühle auszudrücken.

Chemistry [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt