Noch eine halbe Stunde bis die ersten Gäste eintreffen werden.
Ich stehe vor dem großen Spiegel in meinem Zimmer und mustere mich kritisch. Ich trage ein bodenlanges weinrotes Spitzenkleid und schwarze Louboutins. Meine blonden Haare hat Moira mir zu einer aufwendigen Hochsteckfrisur zusammengesteckt und mein Gesicht habe ich eher natürlich geschminkt.
Es klopft an meiner Zimmertür und Thea steckt ihren Kopf herein: „Und? Bist du fertig?"
„Ja, komm ruhig rein."
„Wow! Du siehst rattenscharf aus", staunt meine jüngere Schwester und mustert mich aufmerksam.
„Bist du bereit für deinen Mafiaboss?", sie grinst mich verschmitzt an.
„Thea", jammere ich, „Was hast du nur immer mit dieser Boss Sache. Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich keinen Clanführer will."
„Lass mich doch träumen", lacht sie und stöckelt auf ihren weißen Highheels auf mich zu. Dazu trägt sie ein ebenso weißes Cocktailkleid und ihre mittellangen Haare fallen ihr offen über ihre schmalen Schultern.
„Klopf, Klopf", ertönt die helle Stimme von Moira und kurz darauf betritt sie in einem bodenlangen schwarzen Kleid mit Glitzerdetails das Zimmer, „Uh, Lillian, hot hot!"
„Danke, gleichfalls Schwesterherz", lache ich, „Aber es war ein bisschen schwierig, das Kleid anzuziehen, mit der Frisur, die du mir gemacht hast."
„Das Endergebnis ist aber bombe!", ertönt eine weitere Stimme und Annalise, unsere jüngste Schwester, betritt mein Schlafzimmer. Die Braunhaarige trägt ein dunkelblaues Cocktailkleid und hat ihre Haare ebenfalls hochgesteckt.
„Und? Bist du schon aufgeregt?"
„Es geht. Aber wirklich begeistert bin ich nicht", antworte ich Annalise ehrlich. Währenddessen gehe ich zu meinem Schminktisch und lege nochmal eine dünne Schicht Puder auf.
„Also ich wäre ja total aufgeregt", beginnt Moira und zieht das o von total in die Länge, „Ich meine, da unten steht gleich die Elite der Mafia und alle warten nur darauf dich kennenzulernen. Und so wie du aussiehst", sie stößt einen anerkennenden Pfiff aus, „Werden sich alle um dich reißen. Du wirst am Ende die freie Wahl haben, da bin ich mir sicher."
„Solange mir Quentin nicht reingrätscht", meine ich trocken. Denn wie ich in den letzten Tagen erfahren habe, treffen mein Vater und zu meinem Leidwesen auch mein Bruder die endgültige Entscheidung wen ich heiraten werde. Ich darf zwar so etwas wie eine Vorauswahl treffen, aber entscheiden darf ich nicht.
„Wenn er das macht, dann bekommt er es mit mir zu tun", sagt Thea kampflustig und tut so als würde sie einen imaginären Gegner boxen.
„Genau!", ruft Annalise aus, „den machen wir fertig!"
Lachend schaue ich den beiden zu wie sie mit der Luft kämpfen und dabei komische Geräusche von sich geben.
„Ich glaube wir müssen so langsam mal runter", unterbricht Moira das Schauspiel der Beiden nach einem Blick auf die Uhr, die über meinem Türrahmen hängt.
„Auf geht's", meint Annalise und hackt sich auf dem Weg zur Tür bei mir ein, „Rocken wir das Ding!"
♡
„Mein Vater ist der Geschäftsführer von Maxwell International, mein Bruder und ich leiten die IT-Abteilung. Im Sommer fahren wir immer in die Hamptons, da würde es dir bestimmt gefallen, den Winter...", oh Gott ist das langweilig.
Seit geschlagenen fünf Minuten stehe ich, bei meinem Vater untergehakt, gemeinsam mit ihm neben einem großen, etwas untersetzten Mann. Er redet und redet und redet. Immer über sich und wie reich er ist und so weiter. Wenn das so weiter geht schlafe ich gleich im Stehen ein.
Hilfesuchend lasse ich meinen Blick umherschweifen, doch all meine Schwestern sind ebenfalls in mehr oder weniger anregende Gespräche verwickelt. Seufzend wende ich meinen Blick wieder dem Mann vor mir zu. Wie hieß er noch gleich? Ich habe keine Ahnung.
„Entschuldigen Sie uns Mr. Maxwell, meine Tochter und ich müssen noch die restlichen Gäste begrüßen", würgt mein Vater den Mann vor uns gerade freundlich ab. Endlich!
„Na komm Schatz, da hinten sind die Santiagos", wendet sich mein Vater an mich und zieht mich dann auch schon in Richtung Buffet.
♡
Eine halbe Ewigkeit später habe ich es geschafft, mich von meinem Vater loszueisen und unauffällig zu meinen Schwestern zu gelangen.
Mein Vater hatte mich gefühlt jedem Anwesenden persönlich vorgestellt und ich bin erschöpft.
Jeder der Männer hatte etwas anderes im Petto gehabt um mir zu imponieren. Von milliardenschweren Firmen bis hin zu hunderten eigenen Immobilien oder einer hohen Stellung innerhalb der Mafia. Das einzig Auffällige war, dass keiner der Männer unter 40 ist. Das wären immer mindestens dreizehn Jahre Unterschied und das ist meiner Meinung nach zu viel. Klar, in unseren Kreisen ist das normal. Aber nur, weil etwas als normal angesehen wird, heißt das nicht, dass das so sein sollte.
„Mädels", wende ich mich meinen Schwestern zu, „Habt ihr eine Ahnung warum hier kein Mann unter 40 ist?"
„Keine Ahnung", antwortet Moira nachdenklich, „Ist schon komisch. Ich meine, es gibt doch bestimmt hundert Männer in deinem Alter die noch eine Frau suchen."
„Hast du schon im Herrenzimmer nachgesehen? Vielleicht hängen die alle da ab und stalken dich von dort aus", meint Thea plötzlich verschmitzt.
Das Herrenzimmer? Das wäre zwar unwahrscheinlich, aber möglich. Unsere Villa besitzt einen Raum, der nur für die Männer ist. Das Besondere daran ist, dass man von diesem Raum durch eine verspiegelte Scheibe in das weitläufige Wohnzimmer, wo gerade die Feier stattfindet, sehen kann. Aber mein Vater gestattet nur sehr wenigen und außerdem vorher pingelig ausgewählten Männern den Zutritt.
„Glaubst du? Aber die Veranstaltung ist doch dafür da mich kennenzulernen."
„Ja, überleg mal. Wenn du ein Mann wärst. Jung, reich und mächtig. Würdest du dich direkt jeder potenziellen Ehefrau persönlich vorstellen? Was meinst du wie viele Anfragen die jede Woche bekommen. Ich meine junge Mafiosi aus guter Familie sind sehr beliebt - praktisch der Jackpot!", führt Thea aus und nippt dann an ihrem Champagner Glas.
Ich schwenke mein mit Sekt gefülltes Glas in der Hand, „Naja, ist mir eigentlich auch egal. Ich habe ja sowieso keinen Einfluss darauf wen ich heirate. Ich wäre nur froh wenn er unter 40 ist", lache ich.
„Ha!" ruft Thea plötzlich aus, „Ich hab's gewusst!"
Sie deutet mit ihrem Finger hinter mich, sofort drehen wir uns alle in die Richtung in die sie zeigt. Und tatsächlich: Aus dem Herrenzimmer treten einige junge Männer, allesamt gutaussehend.
„Als ob", lache ich, „Thea hatte echt recht mit ihrer verrückten Theorie."
„Ich bin halt gut", meint Besagte und wirft sich ihre offene Haarpracht gespielt eingebildet über die Schulter.
„Aber ein paar sind schon echt schnuckelig", grinst Moira, nachdem sie die Männer einer genauen Musterung unterzogen hatte.
„Schnapp sie dir Tiger. Rawr!", deutet Annalise in Moiras Richtung an.
Lachend streiche ich mir eine blonde Haarsträhne zurück, die mir ins Gesicht gefallen war, und erstarre.
Ist das Fynn?!
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Forced Love | ✓
ChickLitA B G E S C H L O S S E N ♛ American Mafia - Band 1 ♛ Lillian Rosalie Pellier ist fest davon überzeugt, dass ihr Vater, der mächtigste Mann Chicagos, davon absehen wird sie zu verheiraten. Denn Lillian ist die rechte Hand ihres Vaters und bestens i...