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„Guten Morgen", weckt mich Fynns, noch etwas verschlafene, Stimme.

„Morgen", grummle ich und drehe mich auf meiner Bettseite einmal um 180 Grad.

Es ist eindeutig zu früh. Zwar scheint die Sonne schon durch die Jalousien herein, aber ich bin nunmal ein Langschläfer.

„Wir müssen aufstehen. Nick kommt bald vorbei", murmelt Fynn genauso unmotiviert wie ich. Ich öffne meine Augen und schaue zu dem Schwarzhaarigen rüber, der seinen Kopf wieder im Kissen vergraben hat.

„Nick?"

„Nicholas. Du kennst doch meinen Bruder", gibt er mir eine Antwort.

„Achso", meine ich und versuche meine Augen offen zu halten.

Gestern war es spät geworden. Da Fynn anscheinend kein Gästezimmer hat - was ich ihm nebenbei nicht glaube - war ich gezwungen gewesen, bei ihm im Bett zu schlafen. Zum Glück hat er ein sehr großes und gemütliches Bett, also war das alles nur halb so schlimm. Ich habe diese Nacht trotzdem kein Auge zugemacht, auf Grund dessen, was Fynn mir gestern Abend erzählt hat. Womit er mich überrumpelt hat, um genau zu sein.

Dennoch haben wir beide eine verdrehte Art von Frieden geschlossen. Ich finde die Tatsache, dass wir verheiratet sind, zwar weiterhin nicht prickelnd, aber immerhin weiß ich jetzt was damals wirklich passiert ist. Ob die Ehe zwischen Fynn und mir funktioniert, wird sich zeigen. Die oberste Priorität ist aber Moira! Darüber muss ich heute auf jeden Fall noch mit Fynn reden, dass habe ich mir diese Nacht fest vorgenommen.

Ich atme tief durch, zwinge mich selbst meine Augen endlich ganz zu öffnen und setze mich dann im Bett auf.

„Wie viel Uhr ist es?", wende ich mich fragend an den Mann neben mir.

„8.30 Uhr", liest er von seinem digitalen Wecker vor, „Nick kommt um 9.00 Uhr. Er will schließlich meine Ehefrau begrüßen", zitiert er seinen jüngeren Bruder. Nicholas müsste meines Wissens nach jetzt 26 Jahre alt sein, drei Jahre jünger als Fynn und ein Jahr jünger als ich.

Da wir beide nur noch eine halbe Stunde haben, um einigermaßen vorzeigbar auszusehen, überwinde ich meinen inneren Schweinehund und schwinge meine Beine über die Bettkante. Als meine nackten Füße den kalten Fliesenboden berühren, fährt ein Schauer durch meinen Körper.

„Hast du keine Fußbodenheizung?", wundere ich mich. Seine Wohnung platzt nur so vor Luxus, deshalb kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen.

„Natürlich, aber die ist ausgeschaltet. Ich war schließlich über eine Woche nicht mehr hier", gibt Fynn eine durchaus plausible Erklärung von sich und setzt sich auch endlich mal in seinem Bett auf.

Seufzend stehe ich auf und tippele auf Zehenspitzen bis zum nächstgelegenen Teppich. Endlich etwas warmes unter meinen Füßen.

„Wo ist mein Koffer?"

„Müsste im Flur stehen."

Stimmt. Da haben wir ihn gestern Abend abgestellt.

Zum Schlafen habe ich mein übergroßes T-Shirt von gestern angelassen und eben meine Unterwäsche. Mit diesem Gedanken wird mir auch erst bewusst, wie viel Haut man gerade an mir sieht. Schnell husche ich aus dem Schlafzimmer, bevor Fynn richtig wach wird und mein Erscheinungsbild bemerkt. Nachher kommt er noch auf falsche Gedanken.

Ich steuere zielsicher auf meinen dunkelblauen Koffer zu, den Luka, einer von Fynn's Männern, netterweise den ganzen Weg von Chicago nach New York mit sich geschleppt hat. Also er hat ihn immer ein- und ausgeladen, sodass ich nichts machen musste. Sehr nett von dem jungen Mann.

Ohne Umschweife öffne ich ihn und fische mir erstmal ein Leggins heraus, die ich auch sofort anziehe.

Dann ziehe ich den Koffer hinter mir her in Fynns Schlafzimmer und suche mir dort die passenden Klamotten für heute heraus. Eine Jeans und ein rotes Oberteil müssten gehen.

Fynn sitzt immer noch im Bett. Das ist ja nicht zu fassen, der Kerl ist ein größerer Morgenmuffel, als ich: „Los, beweg dich. Dein Bruder ist in fünfzehn Minuten hier."

„Jaja", stöhnt er genervt und lässt sich zurück auf die warme Matratze fallen.

„Fynn!", warne ich ihn, „Ich werde Nicholas nicht alleine begrüßen."

„Ist ja gut. Ich stehe doch schon auf."

Nachdem ich mich vergewissert habe, dass er auch wirklich tut, was er gesagt hat, nehme ich meine Kleidung und verschwinde im anliegenden Badezimmer.

Fertig angezogen komme ich wenige Minuten später wieder heraus. Natürlich habe ich auch meine Zähne geputzt und mein Gesicht gewaschen. Im allgemeinen brauche ich nie viel Zeit im Bad, außer wenn ich mich schminke.

Mit Socken an den Füßen, fühlt sich der Boden gleich nicht mehr so kalt an.

Ich laufe in die große, offene Küche und suche nach einer Kaffeemaschine.
Welcher Mensch braucht so eine riesen Küche? Total unnötig.
Und wer verdammt stellt eine Kaffeemaschine in den Schrank? Genervt verdrehe ich meine Augen und mustere das schwarze, in den Schrank eingebaute, Gerät skeptisch.
Ob mir dieses High-Tech-Ding auch einen normalen Milchkaffee machen kann? Ich weiß ja nicht.

Aber wie sagt man so schön: Probieren, geht über studieren. Also stelle ich, die zuvor ebenfalls verzweifelt gesuchte, schwarze Tasse an die Kaffeemaschine und drücke auf Start.

Ich kann es selbst kaum glauben, als ich kurz darauf einen Milchkaffee in meinen Händen halte. Wuhuuu! So dumm stelle ich mich also doch nicht mit der Technik an, wie Thea immer behauptet.

„Hast du Toast da?", wende ich mich an Fynn, als Besagter in Sichtweite kommt. Er trägt eine dunkle, verwaschene Jeans und ein weißes T-Shirt, dass ihm etwas zu groß ist. Seine schwarzen Haare hat er ein wenig gestylt. Er sieht gut aus - zu gut. Ich sollte mich auf wichtigere Dinge konzentrieren, als Fynn hinterher zu sabbern. Konzentration, Lillian!

„Im Kühlschrank."

Was zum Teufel?!

„Im Kühlschrank?!", hake ich ungläubig nach.

„Ja, sag mal bist du taub?"

„Welcher Vollidiot stellt Toastbrot bitte in den Kühlschrank. Oh mein Gott", lache ich und Fynn sieht mich verwirrt an: „Ich stelle das immer in den Kühlschrank."

Ich winke immer noch lachend ab und öffne den metallenen Kühlschrank um dort auf die Suche nach meinem geliebten Toastbrot zu gehen. Man merkt, dass hier keine Frau wohnt. Ich muss mir echt ein Grinsen verkneifen. Toastbrot im Kühlschrank.

Als es klingelt, werfen Fynn und ich uns einen kurzen Blick zu, bevor er zu seiner Wohnungstür geht und sie für seinen Bruder öffnet.

Na, dass wird lustig.



Wie alt seid ihr? ^^
- 18

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