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„Theo, was gibt's?", nehme ich das klingelnde Handy an mein Ohr und lausche still auf seine Antwort.

„Ich habe sie! Ich habe Moiras Standort!", freut sich der Blonde am anderen Ende der Leitung, „Ich schicke ihn dir und den Männern sofort auf eure Smartphones. Holt sie da heil raus!"

„Theo, du bist der Beste!", rufe ich begeistert aus und gebe den Männern, die mit mir in dem schwarzen SUV sitzen, ein Zeichen, dass sie auf ihre Handys schauen sollen. Kurz darauf schlägt unser Fahrer das Lenkrad scharf ein, sodass wir die knappe Rechtskurve noch schaffen.

Moira, ich komme!

„Danke, Theo. Echt!", verabschiede ich mich von meinem guten Freund und lege auf. Dann schaue ich auf den Standort, den er mir weitergeleitet hat und stelle befriedigt fest, dass wir uns dem blinkenden Punkt immer weiter nähern. Gut!

Mikes Leute haben wir schon abgeholt, die folgen uns in den dunkelblauen Range Rovern, die mein Bruder für seine Angestellten bereit hält. Alle Zusammen bilden wir eine Kolonne von sechs Fahrzeugen. Insgesamt sind wir 21 Mann. Hoffentlich reicht das aus, um meine Schwester zu retten.

Theo hat zwar ihren Standort, ein verlassenes Lagerhaus am Rande der Stadt, aber wir wissen rein gar nichts über die Bewachung, Kameras oder sonstige Schutzmaßnahmen. Keine gute Ausgangslage.

Bei dem Tempo, dass die Fahrer an den Tag legen, dauert es noch allerhöchstens zehn Minuten, bis wir bei dem Lagerhaus ankommen.

Ich überprüfe nochmal meine Waffen, schaue nach, ob alle geladen sind und ob ich genug Munition dabei habe. Xavier und Luka tun es mir gleich. Dann reicht der Braunhaarige noch ein kleines Schächtelchen mit schwarzer Farbe, aus Kohle, herum. Wir schmieren uns das alle auf die Wangen und die Stirn, damit wir hoffentlich weniger schnell entdeckt werden und uns unauffälliger bewegen können. Zum Schluss setzen wir uns die, im Auto bereitliegenden, schwarzen Mützen auf, sodass gerade meine hellen Haare, nicht wortwörtlich strahlen in der Dunkelheit der Lagerhalle. So bin ich keine wandelnde Zielscheibe.

„Wir sind gleich da. Haltet euch bereit", teilt uns der Fahrer unseres Wagens mit und lenkt den schwarzen Range Rover in ein heruntergekommenes Industriegebiet.

Das passt zu Quentin. Wer weiß, was wir hier gleich für schmutzige Geschäfte auffliegen lassen. Hoffentlich ist Moira nichts schlimmes passiert.

Das Auto fährt nun langsam durch die verdreckten Straßen und ich trommele nervös mit meinen Fingerspitzen auf den Schenkel. Ich bin nervös.

Endlich kommt der SUV zum stehen. Angespannt steige ich, gefolgt von den Männern, aus und schaue mich neugierig um. Es sieht nicht so aus, als wären hier Wachen postiert. Kameras entdecke ich auf den ersten Blick auch keine.

„Bringt die Wärmebildkamera", weist Xavier einen Braunhaarigen an und schaut sich, genau wie ich, weiter um.

„Sieht sehr verlassen aus", spricht Luka meine Gedanken aus. Der Dunkelhaarige steht neben mir und hat eine Hand wachsam auf seiner Pistole abgelegt.

Als der Braunhaarige dessen Namen ich nicht kenne, wieder kommt und das mittelgroße Gerät in der Hand hält, nimmt Xavier es ihm dankend aus der Hand.

„Hmmm... Das Gebäude da ist verlassen", dabei deutet er auf das graue Monstrum vor uns, „Aber hier", er zeigt auf das Gebäude daneben, „Zeigt es einige Körper an. Sie sind noch warm. Wachen sehe ich keine. Ich würde sagen, wir gehen rein!"

„Sehe ich genauso", stimmt Mike ihm zu, der sich inzwischen auch zu uns gesellt hat. Hinter ihm Reihen sich seine - oder sollte ich unsere sagen? - Männer auf und nicken mir dabei respektvoll zu. Ich kenne die meisten von ihnen, sogar namentlich.

„Gut, alle bereit?", frage ich in die Runde und nehme eine meiner Schusswaffen aus dem Holster.

„Bereit!", kommt es einstimmig.

In geschlossener Gruppe gehen wir vorsichtig auf die morschen Eingangstüren zu und die zwei Vordersten treten diese mit einem lauten Krachen ein.

Wir bleiben stehen und lauschen. Doch nichts, es bleibt ruhig.

„Ich will fünf Männer nach rechst, fünf nach links und die restlichen kommen mit mir", kommandiere ich die anderen herum und laufe zielstrebig geradeaus durch die hohen, leergeräumten Regale.

Ich höre, dass die Männer meinem Befehl folge leisten und gehe vorsichtig weiter. Hier ist weit und breit nichts. Die Regale sind alt und leer. Früher wurde hier bestimmt einmal Alkohol oder ähnliches gelagert, denn es liegt ein penetranter Geruch in der Luft. Echt ekelhaft.

„Dort ist eine Treppe", macht mich Xavier auf das metallene Gestell aufmerksam.

„Wir gehen hoch", bestimme ich, „Ich habe das Gefühl, hier unten ist nichts."

Mit einem kurzen Blick nach hinten vergewissere ich mich, dass Luka, Xavier und die anderen beiden mir folgen. Die restlichen laufen weiter gerade aus.

Wir halten alle unsere Pistolen bereit, schließlich kann uns jederzeit jemand überraschen. Bis jetzt verläuft alles glatt, zu glatt.

Mit federnden Schritten jogge ich wachsam die Treppe nach oben und schaue mich dann neugierig um. Hier sieht es schon eher nach etwas aus. Verlassene Büroräume reihen sich aneinander, die Scheiben sind teilweise eingeschlagen, aber die schweren Türen sind noch vorhanden.

„Moira?", wage ich es, meine Schwester vorsichtig zu rufen.

„Wir kontrollieren alle Räume, los kommt."

Ich folge Luka und wir stoßen nacheinander jede Tür auf.

Im dritten Raum erwartet uns ein grausamer Anblick: eine Frau liegt am Boden, blutend und nur noch schwach atmend. Sie ist nackt und ihre Haare sind verfilzt. Ihr Blut ist auf dem ganzen Boden und sogar auf manchen, der alten Möbeln, verteilt. Was ist hier schreckliches passiert?

„Helft ihr! Sofort!"

„Wir müssen meine Schwester finden, sofort!", sage ich verzweifelt zu Luka und wende mich ab, um den Raum zu verlassen. Hoffentlich geht es Moira gut! Bitte, bitte, bitte! Diese arme Frau wird ihren Verletzungen mit hoher Wahrscheinlichkeit erliegen.

Die Männer und ich arbeiten uns Raum für Raum nach vorne, in zwei weiteren finden wir ebenfalls Frauen. Diese sind aber bereits tot. Beide waren genauso schrecklich zugerichtet, wie die Erste.

Ich muss wissen was hier passiert ist! Da ihre Körper alle noch warm sind, hat Xavier die Vermutung, dass ihre Mörder noch nicht lange weg sein können. Da die anderen das Untergeschoss bereits erfolglos durchsucht haben, haben Besagte nun den Auftrag erhalten, die Gegend zu durchforsten.

Inzwischen sind wir am letzten Raum angekommenen. Luka stößt die Tür auf und mir entweicht ein Schluchzen: „Moira!"

Meine geliebt Schwester liegt blutüberströmt und dreckig auf dem Boden. Ich stürze auf sie zu und streiche ihr blondes Haar vorsichtig aus dem verwundeten Gesicht. Sie sieht übel aus. Als hätte jemand stundenlang auf sie eingeprügelt.

„Eine Decke! Sofort", rufe ich verzweifelt, denn Moira ist ebenfalls nackt. Ihr blasser Körper ist mindestens zehn Kilogramm leichter geworden. Erleichtert stelle ich fest, dass ihr Brustkorb sich in schwachen Atemzügen hebt und senkt. Gott sei Dank! Moira ist eine Kämpferin.

Luka reicht mir seine schwarze Jacke, die ich meiner Schwester sofort umlege.

„Los, wir bringen sie in Mikes Unterschlupf. Dort hat er einen Arzt", schlägt Luka vor und hebt meine Schwester vorsichtig auf seine muskulösen Arme. Nickend stimme ich ihm zu und folge den Männern aus der Lagerhalle.

Die andere Frau, die wir zuerst gefunden haben, wurde bereits weggebracht. Ein Arzt wird sich um sie kümmern.

„Ich bringe Quentin um!", schwöre ich mir selbst und steige gemeinsam mit Xavier und Luka, der meine verletzte Schwester in seinen Armen hat, in den schwarzen SUV.




Habt ihr Vermutungen was passiert ist? ^^

Denkt an das Sternchen! <3

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt