Vor Alexej hatte ich schon immer Respekt gehabt. Schon früher stach er mit seiner schieren Größe und dem muskulösen Körperbau aus der Menge heraus und seine kantigen Gesichtszüge, sowie das kurzgeschorene Haar taten den Rest. Wie ich gerade feststellte habe ich immer noch Respekt vor ihm, manches ändert sich eben nie.
„Was soll ich schon getrieben haben", antworte ich ihm auf seine Frage und verschränke abweisend meine Arme vor der Brust, „ Ich war hier in Chicago."
„Interessant", gibt der Mann mir gegenüber nur von sich und lässt seinen Blick langsam an meinem Körper herunterschweifen. Unangenehm berührt trete ich von einem auf das andere Bein und wende meinen Blick ab. Waren die Rosen dahinten schon immer so rot gewesen? Erst als Fynn ihm plötzlich brutal seinen Ellenbogen in die Seite rammt, hört Alexej auf mich zu mustern und schaut fragend zu seinem Kumpel.
„Und du willst jetzt heiraten?", kommt erneut eine Frage von Alexej während er mich schon wieder neugierig mustert. Fynn neben ihm schnaubt nur genervt, schaut mich jetzt aber auch eindringlich mit seinen stechend blauen Augen an.
„Offensichtlich", gebe ich nur von mir und starre ungeduldig in richtig Balkontür - Wann kommt mein Vater denn endlich zurück? Wie lange braucht er denn um Champagner zu holen? Die Situation hier wird langsam unangenehm.
Die Blicke von Fynn und Alexej scheinen sich nahezu in mich zu brennen, so intensiv musterten die beiden Freunde mich.
„Eine gute Partie wärst du ja", offenbart mir Alexej, wobei sein Blick an meinen Dekolleté hängen bleibt. Das hat er jetzt gerade nicht gesagt. Scheinbar bin nicht nur ich entsetzt, denn auch Fynn schaut Alexej mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck an -Sind seine Augen gerade eine Nuance dunkler geworden?
„Wage es nicht", zische ich ihn an und kneife meine Augen zu Schlitzen zusammen, während ich ihn böse anschaue. Er soll bloß nicht auf die Idee kommen Interesse zu bekunden.
„Das war wohl ein Korb", stellt der Blondhaarige grinsend fest, „Ey Kumpel", dabei stupst er Fynn mit seinem kräftigen Ellenbogen an, „Vielleicht nimmt sie ja lieber dich!"
Entsetzt keuche ich auf und schaue zwischen den beiden Männern die vor mir stehen hin und her: „Ich gehe jetzt besser", schaffe ich es noch mich zu verabschieden, bevor ich wortwörtlich die Flucht ergreife. So schnell mich meine hohen Absätze tragen laufe ich über den Balkon und trete zurück ins Innere unserer Villa. Suchend blicke ich mich nach meinen Schwestern um und kann mir ein erleichtertes Ausatmen nicht verkneifen, als ich Moira in der Menge entdecke.
Schnell bahne ich mir einen Weg durch die Menge, wobei ich versuche, möglichst wenig Menschen anzurempeln. Leichter gesagt als getan. Warum stehen die auch alle so dicht an dicht? Gibt es irgendwo etwas gratis? Zum Glück hat meine Schwester blonde Haare, ansonsten wäre es schwer sie in dem Meer aus schwarzen Jackets auszumachen.
Endlich komme ich bei Moira an. „Da bist du ja", werde ich sogleich von ihr begrüßt, „Dad möchte gleich eine Ansprache halten."
„Ach, möchte er das?"
Auch das noch. Eine Ansprache. Hilfe! Kann dieser Abend noch schlimmer werden?„Wo warst du denn die ganze Zeit?", fragt mich meine jüngere Schwester, während sie mich mit ihren blauen Augen neugierig mustert und das Champagnerglas in ihren Händen hin und her dreht.
„Unser geliebter Vater", meine ich ironisch, „Hat mich draußen auf dem Balkon zwei Männern vorgestellt. Rate mal wem!"
Moira hat nicht einmal Zeit zu Wort zu kommen, da fahre ich auch schon fort: „Fynn und Alexej!", rufe ich entsetzt aus, „Und dieses Arschloch von Russe wagt es tatsächlich Andeutungen zu machen von wegen so eine schlechte Partie wäre ich ja gar nicht und oh, Fynn vielleicht möchte sie ja lieber dich heiraten", äffe ich aufgebracht den blonden Mann nach.
„Lilli", lacht Moira belustigt, „Jetzt reg dich doch nicht so auf. Ich weiß zwar nicht was damals zwischen euch vorgefallen ist, aber er hat das bestimmt nicht böse gemeint."
Wie immer ist meine Schwester der ruhige und gelassene Part, muss wohl am Yoga liegen. Manchmal ist es schon fast gruselig, wie ruhig Moira immer bleibt. Ich habe sie noch nie - und zwar wirklich noch nie- das Wort erheben gehört, geschweige denn habe ich mitbekommen, wie sie jemanden anschreit oder beleidigt. Sogar als Quentin sie damals geschlagen hat ist sie gelassen geblieben und hat einfach den Raum verlassen. Diese innere Ruhe hätte ich manchmal auch gerne. Aber nur manchmal.„Er hat mich ganz klar erpresst!", nehme ich das Gesprächsthema wieder auf und übertreibe dabei maßlos.
Auf Moiras anklagenden Blick hin verbessere ich mich schnell: „Aber er hat mich provoziert! Erpresst ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber er weiß genau, dass ich ihn niemals freiwillig heiraten würde."
Wenn ich nur daran denke, Alexej zu heiraten fährt mir ein eiskalter Schauer den Rücken herunter und ich erzitterte... vor Ekel.„Urgh und dann hat er allen ernstes zu Fynn gemeint das ich ja vielleicht ihn heiraten würde", rege ich mich weiter auf, „Kannst du dir das vorstellen? Zu Fynn!"
Moira legt nur schmunzelnd ihren Kopf leicht schief und meint dann: „Ich weiß ja, dass ihr nicht im Guten auseinander gegangen seid nach eurer Zeit im Internat, aber komm mal runter. Du regst dich gerade echt ein bisschen zu sehr auf. Wenn du alles Persönliche rauslässt, wären beide von ihnen eine gute Partie. Sie sind in unseren Kreisen sehr geschätzt, sind jung und gutaussehend. Noch dazu ist Alexej, was ich bisher gehört habe, bereits der Clanführer der Romanovs und Fynn steht kurz davor den Posten von seinem Vater zu übernehmen. Du hast doch selbst gesagt du möchtest keinen alten Knacker heiraten. Dann wäre mein Tipp an dich vergraul die ganzen Jungen nicht, denn so viel Auswahl hast du leider nicht."
Seufzend lausche ich Moiras Ansprache. Da ist sie wieder: Meine rational denkende und total gelassene kleine Schwester. Wobei klein das falsche Wort ist, denn Moira ist genau so groß wie ich.
Einerseits hat sie ja recht. Rational - und darauf liegt die Betonung - betrachtet, wären Fynn und Alexej eine gute Partie. Aber ich kann einfach nicht vergessen was damals passiert ist. Der Gedanke daran, mein restliches Leben mit einem von beiden zu verbringen, jagt mir erneut kalte Schauer über den Rücken. Sie haben es zu weit getrieben; Vor allem Fynn und das werde ich ihm auch nach zehn langen Jahren nicht verzeihen. Zumindest nicht so schnell.

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Forced Love | ✓
Literatura KobiecaA B G E S C H L O S S E N ♛ American Mafia - Band 1 ♛ Lillian Rosalie Pellier ist fest davon überzeugt, dass ihr Vater, der mächtigste Mann Chicagos, davon absehen wird sie zu verheiraten. Denn Lillian ist die rechte Hand ihres Vaters und bestens i...