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Als ich mich soweit wieder beruhigt habe, steige ich aus dem Hochzeitskleid und stelle mich unter die Dusche.

Um wieder klar im Kopf zu werden, drehe ich das Wasser für wenige Sekunden eiskalt auf und korrigiere danach die Temperatur auf mittelwarm. Ich bin niemand der gerne kalt duscht, aber gerade habe ich es gebraucht.

Es ist das Beste, wenn ich den Gedanken an Emma weitestgehend verdränge und mich um meine aktuellen Probleme kümmere.

Das mit Emma war damals ein dramatischer Unfall gewesen. Fynn hatte, meines Wissens nach, die Kontrolle über den Wagen verloren und meine damalige beste Freundin wurde hinaus auf die Straße geschleudert. Sie war sofort tot, hatte also nicht unnötig gelitten. Ich weiß, dass Fynn nicht zurechnungsfähig war. Auf Grund des Alkohols und der Drogen, aber er trägt nunmal die Hauptschuld an Emmas Tod - das lässt sich nicht ändern.

Und ich weiß nicht, wie ich damit nun umgehen soll. Er ist jetzt mein Ehemann. Der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen soll. Ziemlich beschissene Situation.

Im Nachhinein war es vor zehn Jahren die beste Entscheidung gewesen, von der Bildfläche zu verschwinden und dem Internat den Rücken zuzukehren. Ich glaube, ansonsten hätte ich einen dummen Fehler gemacht - wie zum Beispiel Fynn ausversehen erschießen - und ihn anschließend bereut.

Nach der wohltuenden Dusche ziehe ich die Jogginghose und das übergroße T-Shirt an. Meine nassen Haare kämme ich locker mit den Fingern durch und flechte sie dann zu einem losen Zopf.

Ich sehe scheußlich aus. Mein eigenes Spiegelbild erschreckt mich beinahe. Ich bin blass und meine Augen drücken die bloße Verzweiflung aus. Man sieht mir an, dass es mir nicht gut geht.

Bevor ich das schützende Badezimmer verlasse, atme ich noch einmal tief durch. Nur die Ruhe bewahren. Das wird schon.

Mir selbst gut zuredend drehe ich den Schlüssel herum, drücke die Klinke nach unten und trete durch die Tür, sodass ich nun im Schlafzimmer stehe.

Mein Blick fällt sofort auf Fynn, der auf dem Doppelbett sitzt. Als er sieht, dass ich zurück ins Zimmer komme, steht Fynn auf und kommt auf mich zu: „Lilli", sobald er meinen missgünstigen Blick auffängt korrigiert der Schwarzhaarige sich schnell: „Lillian, können wir reden?"

„Ich will gerade einfach nur meine Ruhe", antworte ich ihm abweisend.

„Heute lasse ich dir das noch durchgehen. Aber nur, weil du aussiehst, als würdest du gleich umkippen oder dich übergeben."

„Danke, sehr nett von dir", zische ich ihn säuerlich an und verdrehe meine Augen.

„Treib es nicht zu weit! Der Tag heute war anstrengend", weist mich mein Gegenüber sogleich genervt zurecht, erhebt sich vom Bett und läuft ins Badezimmer.

„Du wolltest mich doch unbedingt heiraten", murmele ich angepisst vor mich hin und schaue dann nachdenklich das Doppelbett an. Ich werde garantiert nicht mit diesem Arschloch in einem Bett schlafen. Das wäre zu viel des Guten.

Kurzerhand schnappe ich mir eine der beiden Bettdecken und eines der flauschigen Kissen und trage meine Ausbeute dann in das klein gehaltene Wohnzimmer.

Trotz der minimalistischen Einrichtung, ist das Sofa groß - sogar sehr groß. Es ist dunkelrot und weich gefedert, perfekt um eine Nacht darauf zu verbringen. Glücklich, über meinen genialen Einfall, lasse ich die Decke und das Kissen auf den roten Bezug fallen.

„Was wird das, wenn es fertig ist?", reist mich Fynns Stimme aus meinen Vorbereitungen.

Erschrocken drehe ich mich zu ihm um. Der Mann, mit den eisblauen Augen, trägt eine tiefsitzende graue Jogginghose und ein weißes T-Shirt. Fuck, es sollte verboten werden, so gut auszusehen.

„Äh", gebe ich weniger intelligent von mir, „Ich schlafe hier?"

„Ach, du schläfst hier?", imitiert er mich gespielt verwundert, „Wann haben wir das denn besprochen?"

„Da gibt es nichts zu besprechen. Ich habe das so beschlossen."

„Es ist mir verdammt nochmal egal, was du beschlossen hast", meint Fynn, „Wie sieht das denn bitte aus, wenn meine Frau in unserer Hochzeitsnacht nicht bei mir im Bett liegt, hm? Denkst du ernsthaft, dass ich mir diese Blöße gebe? Du hast genau fünf Minuten, um zurück ins Bett zu kommen, ansonsten wird es ungemütlich für dich. Denn meine Geduld mit dir ist so langsam am Ende!", redet er sich in Rage und verlässt dann mit schnellen Schritten den Raum.

So ein Arsch.

Da ich keine Lust mehr auf Streit habe und nur noch schlafen möchte, packe ich meine Sachen und trage sie zurück ins Schlafzimmer. Seit wann ich so leicht nachgebe? Keine Ahnung. Ich muss mir wohl im laufe des Tages irgendwo den Kopf gestoßen haben.

„Geht doch", kann der Schwarzhaarige es nicht lassen, einen Kommentar zu meiner Aktion abzugeben.

Ich werfe Fynn, der es sich auf der linken Seite des Bettes gemütlich gemacht hat, einen mehr als genervten Blick zu und lege meine Sachen zurück auf die rechte Seite des Doppelbettes. Wenn er wenigstens seine Klappe halten würde, wäre das alles hier nur halb so schlimm.

Ich überwinde mich schließlich und lege mich, mit möglichst viel Abstand zu Fynn, auf das Bett und ziehe die kuschelige Decke über meinen Körper. Kaum trifft mein Kopf auf das weiche Kissen, merke ich erst, wie müde ich wirklich bin.

Der Tag heute war anstrengend - mehr als anstrengend - gewesen. Und so ereignisreich: die super nette Stylistin Kylie, mein geliebter Bruder Quentin, nicht zu vergessen meine Zwangshochzeit, das Treffen auf Alexej, die Erinnerung an Emma und jetzt die Hochzeitsnacht. Wow. So viel Ärger an einem Tag gibt es wohl selten.

Als Fynn sich neben mir im Bett bewegt, verspanne ich mich und rücke möglichst nahe an die Kante. Bloß weg von dem.

„Ich bin nicht giftig", kommentiert dieser meine Bewegung spöttisch, „Du weißt schon, was man normalerweise in einer Hochzeitsnacht macht?" Dabei betont er das Wort Hochzeitsnacht besonders und ich kann das Grinsen aus seiner Stimme heraushören.

„Das ist aber keine normale Hochzeitsnacht", gebe ich genervt von mir und schließe erschöpft meine Augen.

„Doch, eigentlich schon. Wir sind doch jetzt verheiratet, oder nicht?", ärgert Fynn mich weiter.

„Halt die Fresse!"

„Und dabei habe ich dir so schöne Dessous ausgesucht", gibt er sehnsüchtig und spöttisch zugleich von sich.

„Das warst du?!", rufe ich entsetzt aus. Ach du scheiße. Vor Schreck wäre ich fast aus dem Bett gefallen. Er hat diese weißen Spitzendinger also ausgesucht. Exquisiter Geschmack, dass muss ich ihm lassen.

„Hast du sie noch an?", fragt Fynn dann allen ernstes nach und ich kann spüren, wie sich die Matratze durch seine Bewegungen senkt.

„Bleib ja auf deiner Seite des Bettes!", meine ich alarmiert und werfe einen zweifelnden Blick über meine Schulter zurück, um zu überprüfen, ob Fynn noch auf der richtigen Seite des Bettes liegt.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet."

„Gute Nacht", beende ich das Gespräch.



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