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„Hast du deine Auswahl getroffen?", fragt mein Vater mich und schaut mich mit seinen dunklen Augen forschend an. Er sitzt an seinem Mahagoni-Schreibtisch und mehrere Dokumente sind vor ihm auf dem Tisch verteilt. Mein Bruder Quentin, steht unterdessen am bodentiefen Fenster und schaut nachdenklich hinaus in den weitläufigen Garten. Er ist wie immer komplett in schwarz gekleidet und trägt seine Pistole gut sichtbar in seinem Hosenbund.

Das Fest gestern war eigentlich noch ganz schön gewesen. Nach der Rede meines Vaters war es mir erlaubt gewesen, bei meinen Schwestern zu verweilen. Wir hatten getrunken, getanzt und jede Menge Spaß gehabt. Annalise und Thea tranken ein bisschen über den Durst, sodass zwei Männer meines Vaters die beiden auf ihre Zimmer bringen mussten; Der Blick meines Vaters war legendär! Ich hatte mich außerdem noch mit einigen Männern unterhalten und mich komischerweise mit fast allen sehr gut verstanden. Fynn und Alexej waren den restlichen Abend nicht aufzufinden gewesen, sehr zu meinem Wohlwollen. Über Nacht lies ich die Feier Revue passieren und pickte mir meine Favoriten - drei, um genau zu sein - heraus.

„Ja, ich habe meine Auswahl getroffen", erhebe ich das Wort. Neugierig dreht sich jetzt auch mein Bruder zu mir um und mustert mich mit seinen kalten Augen: „Na dann, lass hören."

„Jasper Smith", beginne ich und höre Quentin verächtlich ausatmen. Unbeirrt fahre ich fort: „Louis Adams und Leonardo Esposito."

„Das waren alle?", schnaubt mein verhasster Bruder, „Sie sind nicht geeignet."

„Das hast du nicht zu entscheiden", meine ich nur und recke mein Kinn. Dieser verdammte Bastard. Er kommt hierher, zwingt mich zu heiraten und dann meint er noch meine Wahl zu kritisieren? Arschloch!

„Quentin hat recht -", beginnt mein Vater.

„Das kann nicht dein ernst sein?!", unterbreche ich ihn aufgebracht, „Du zwingst mich zu heiraten und dann akzeptierst du meine Wahl nicht? Du hast gesagt, ich darf die Vorauswahl treffen - so, das habe ich getan", ich laufe unruhig im Raum umher und fahre mit meinen Fingern durch meine blonde Haarpracht, „Du vergisst wohl, wer all die Jahre loyal an deiner Seite stand, Vater", spucke ich letztendlich noch gehässig aus.

„Lillian", versucht mein Vater mich zu beruhigen und hebt dabei beschwichtigend seine Hände in die Luft, „Diese Männer sind nicht gut genug für dich, ich-"

„Das ist ja wohl nicht deine Entscheidung. Für mich sind sie gut genug!", unterbreche ich ihn erneut und beharre auf meinem Standpunkt. Giftig starre ich ihn an und ignoriere Quentin, der sich inzwischen hinter meinem Vater positioniert hat.

„Ich werde darüber nicht mit dir diskutieren! Diese Männer sind dir nicht würdig", mein Vater erhebt sich aus seinem schwarzen Lesersessel und stützt seine Arme auf die Oberfläche des Schreibtischs, „Wir haben um einiges attraktivere Angebote vorliegen", rückt er mit der Sprache heraus. Also daher weht der Wind.

„Ich bin doch keine Kuh, die du an den Meistbietenden verschachern kannst!", rufe ich entsetzt aus und lasse meinen Blick zwischen meinem Vater und meinem Bruder hin und her schweifen.

Seufzend fährt sich mein Vater durch seine kurzen Haare: „Du musst verstehen, dass du, als eine Pellier, einen gewissen Wert hast. Ich kann dich nicht einfach mit einen Mann ohne nennenswerten Stand verheiraten."

„Vater bitte!", meine ich etwas ruhiger und schaue ihn flehend an, „Das kannst du mir nicht antun."

„Die Wahl ist längst gefallen Schwesterherz", meldet sich mein Bruder plötzlich zu Wort und schaut mich aus hasserfüllten Augen an.

„Was?!", gebe ich nur ungläubig von mir und blicke meinen Vater vorwurfsvoll an, „So viel zum Thema ich darf mitentscheiden", meine ich verletzt.

„Quentin", zischt der Mann vor mir meinen Bruder an, „Verlass den Raum. Ich möchte das mit deiner Schwester alleine regeln."

Als Besagter nicht gleich reagierte folgte ein erzürntes: „Sofort!"

Kaum war die dicke Eichenholztür hinter ihm zugefallen, wendet sich mein Vater wieder mir zu: „Es war nicht meine Absicht dich zu hintergehen. Aber das Angebot war einfach zu gut, Lillian. Du wirst es bei ihm gut haben. Er ist ein junger und mächtiger Mann. Eines Tages wird er zum Clanführer aufsteigen, du kannst dich glücklich schätzen."

„Ich kann mich glücklich schätzen?", wiederhole ich seine Worte verächtlich, „Wie könnte ich?! Du zwingst mich dazu einen mir fremden Mann ohne mein Einverständnis zu heiraten. Dabei dachte ich, ich würde dir etwas bedeuten", enttäuscht schaue ich meinem Vater in die Augen, bevor ich meinen Blick dem Boden zu wende. Schluckend halte ich die Tränen zurück, die langsam aber sicher aufsteigen. Keine Tränen der Trauer, sondern Wuttränen.

„Wenn du das so siehst, dann kann ich dir nicht helfen. Das Wohlergehen meiner Organisation steht an erster Stelle", erwidert mein Vater mit kalter Stimme - scheinbar ist er es leid mit mir zu diskutieren.

„Die Heirat findet in zwei Wochen statt."

Mehr muss ich mir echt nicht anhören. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verlasse ich das Büro und kann nicht darauf verzichten, die Tür extra fest hinter mir zuzuziehen.

„Weißt du denn wenigstens wer dein zukünftiger Gemahl ist?", neugierig schaut Annalise mich an , während sie auf meinem Schreibtischstuhl ihre Runden dreht.

„Ist doch vollkommen egal wer es ist. Vater hat sein Versprechen gebrochen!", ruft Thea sauer aus und durchkämmt mir ihren schlanken Fingern ihre blonde Mähne.

„Du solltest weglaufen", überlegt Annalise und stoppt die Umdrehung des roten Stuhls.

„Weglaufen?", mischt sich nun Moira ein, „Das wäre unvernünftig."

„Aber einen Fremden zu heiraten ist besser?", schnauft Thea und trägt etwas Labello auf ihre trockenen Lippen auf. Sie erhebt sich von dem kleinen Hocker vor meinem Schminktisch und gesellt sich dann zu mir auf das große Bett.

„Weglaufen klingt gar nicht mal so schlecht", murmele ich vor mich hin und knete die dunkelblaue Bettdecke unruhig in meinen Händen.

„Ich würde dir auf jeden Fall helfen!", meint Thea.

„Ich auch!", kam es von Annalise, „Ich würde meine geliebte große Schwester ungern traurig sehen. Und wer weiß, was für ein Arschloch dein Zukünftiger ist."

„Oder wer weiß, wie alt er ist", fügt Thea hinzu und tauscht einen Blick mit unserer jüngsten Schwester aus.

„Wenn es dein Wunsch ist helfe ich dir natürlich auch", kommt es überraschenderweise von Moira, auf deren Gesicht sich ein aufmunterndes Lächeln abzeichnet.

„Ich danke euch!", sage ich und schaue jede meiner Schwestern mit einem dankbaren Lächeln an.

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt