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„Bringt die Verletzen zu den Autos und fesselt die Drei hier", erteilt mein Bruder seinen übrig gebliebenen Männern Anweisungen und deutet dabei auf meine Freunde, die nun allesamt bewusstlos auf dem Boden liegen.

Ich selbst trage zu eng sitzende Handschellen und werde grob von Quentin festgehalten, welcher wie der König selbst durch Theos Haus stolziert.

Mike und Gulio schleifen meine Freunde über den Boden, um sie mit Handschellen am Treppengeländer festzumachen. Die restlichen Männer, die einigermaßen auf den Beinen sind, schleppen sich nach draußen in Richtung der SUV's.

„Du hast es mir ganz schön schwer gemacht dich zu fangen", zischt mein Bruder mir zu und schleift mich hinter sich her die Treppe herunter und dann ebenfalls nach draußen, „Aber jetzt habe ich dich! Dein zukünftiger Ehemann ist ganz schön verärgert."

Ich verziehe schmerzhaft mein Gesicht, da mein geliebter Bruder natürlich keinerlei Rücksicht auf mich nimmt, sodass sich die Handschellen unangenehm in meine Haut schneiden und ich mehrmals stolpere.

„Schade, dass er dich unversehrt möchte. Ein paar Schläge hättest du verdient, du Rotzgöre", zetert Quentin weiter, wie ein altes Waschweib. Ich gebe mein bestes den großen Schritten meines Bruders zu folgen und ignoriere seine Beleidigungen.

Zu meiner Überraschung fange ich die mitleidigen Blicke von Gulio und Mike auf, die es scheinbar nicht so toll finden, wie Quentin mich gerade behandelt. Meinem Bruder ist das aber herzlich egal und kurz darauf werde ich unsanft in einen der schwarzen Wagen geschubst. Gerade noch so kann ich meine Hände hochreißen, damit mein Gesicht nicht Bekanntschaft mit der gegenüberliegenden Tür macht.

So ein verdammter Wixxer. Eigentlich neige ich nicht zu Beleidigungen, aber dieses Arschloch bringt meine schlimmste Seite zum Vorschein. Ich hasse ihn! Ich hasse meinen eigenen Bruder.

Quentin steigt auf den Fahrersitz und kaum sitzt Gulio auf dem Beifahrersitz setzt sich das Auto rasant in Bewegung.

„Die Hochzeit findet morgen statt. Mir ist es scheißegal ob du das willst oder nicht, ich schleife dich auch in Handschellen zum Altar", informiert mein Bruder mich verachtend, „Ich hoffe jedoch, dass er in Zukunft mit harter Hand über dich herrscht, Vater hat dir zu viele Freiheiten gelassen!"

Ich atme tief durch und versuche mich zu beruhigen; Nur nicht in Panik geraten. Meine Aussichten sind nicht gerade prickelnd und es war klar, dass mein Verlobter nicht erfreut über meine überstürzte Abreise sein würde. Aber da muss ich jetzt durch. Ich bin stark und schaffe das, mein Vater hat mich nicht umsonst zu seiner rechten Hand befördert.
Theo und seine Jungs sind am Leben, das ist gerade alles was zählt! Ihre Männer werden sie befreien und ich glaube fest daran, dass sie mir weiterhin helfen werden, herauszufinden was gerade in meiner Familie vor sich geht. Denn irgendetwas stimmt hier ganz gewaltig nicht!

Die Fahrt in dem schwarzen SUV ist alles andere als angenehm. Quentin ist kein guter Fahrer: er fährt viel zu schnell, schneidet die Kurven, kommt regelmäßig auf die Gegenspur und ignoriert sämtliche Verkehrszeichen. Ich bete zu Gott, dass wir heil an unserem Ziel ankommen. Denn ich habe nicht geplant bei einem dämlichen Autounfall ums Leben zu kommen. Auch Gulio scheint nicht gerade begeistert über die Fahrweise seines Anführers zu sein, denn er klammert sich fast schon verzweifelt an den Haltegriffen fest und schaut panisch aus dem Fenster.

Als wir endlich am Flughafen ankommen, kann ich mir ein erleichtertes Ausatmen nicht verkneifen.

Quentin lenkt den Wagen langsam in Richtung des privaten Bereichs. Dort werden wir von einem Flughafenmitarbeiter empfangen und zu unserem Privatjet gelotst. Der Jet ist Eigentum unserer Familie und bietet Platz für bis zu dreißig Mann.

„Aussteigen", weist mich Quentin harsch an und als ich nicht schnell genug reagiere, werde ich grob aus dem Auto gezogen. Ich glaube mein Bruder hat Spaß an der ganzen Sache. Er zieht mich erneut unsanft hinter sich her und ich versuche mich seinen großen Schritten anzupassen, um nicht zu stolpern. Wir steigen die schmale Treppe des Privatjets hinauf und stehen dann auch schon in dem kleinen Flugzeug.

Die Inneneinrichtung ist schlicht, aber gleichzeitig elegant. Die großen Ledersitze sind cremefarben und die kleinen Tische und Schränke bestehen aus hellem Holz. Da sich in unserem Privatjet dreißig Ledersitze befinden, haben wir keinen Schlafbereich, sondern nur ein kleines Bad und dann kommt schon das Cockpit.

Quentin schubst mich auf einen der Sitze und wirft mir einen drohenden Blick zu: „Bleib da sitzen. Wehe du kommst auf dumme Ideen!"

Ich wende meinen Blick von ihm ab und schaue aus dem winzigen Fenster neben mir. Draußen ist alles dunkel, einzig die Landebahn ist beleuchtet. Hinter dem Flughafen ragen die Hochhäuser von Seattle auf, ein schöner Anblick. Schade, dass mein Bruder mich so schnell gefunden hat, ich mag diese Stadt.

Nach und nach steigen die restlichen Männer ein, ihre Verletzungen wurden bereits grob versorgt. Im großen und ganzen sind sie nicht schwer verwundet. Das schlimmste was ich auf den ersten Blick erkennen kann ist eine Kugel im Bein. Die Restlichen sind mit Streifschüssen davon gekommen und daran werden sie nicht sterben. Dennoch habe ich ein ungutes Gefühl, als ich meine ehemaligen Männer beobachte. Einst haben wir Seite an Seite gekämpft und jetzt bin ich für ihre Verletzungen verantwortlich - kein schöner Gedanke.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen als Mike sich neben mir auf den Sitz fallen lässt.
Der muskulöse Mann beugt sich unauffällig in meine Richtung und fragt leise: „Geht's dir gut?"

Ich schaue meinem ehemaligen Teammitglied in seine braunen Augen und antworte: „Passt schon. Es würde mir besser gehen, wenn ich nicht auf dem Weg zu meiner Zwangshochzeit wäre."

„Tut mir leid, dass gerade alles schief läuft", entschuldigt sich der große Mann neben mir und schaut mir aufrichtig in die Augen.

Erneut beugt er sich vertraulich in meine Richtung. Mike schaut sich aufmerksam um, bevor er scheinbar entscheidet, dass es sicher ist, mit mir zu reden: „Quentin hat jetzt das sagen. Von deinem Vater haben wir seit ganzen vier Wochen nichts mehr gehört. Es kursieren Gerüchte, dass er krank ist und deshalb Bettruhe verordnet bekommen hat, aber dein Bruder lässt nichts durchdringen. Thea und Annalise haben von Quentin Hausarrest bekommen, sie dürfen seit zwei Wochen das Grundstück nicht mehr verlassen und haben jegliche elektronische Geräte abgenommen bekommen. Ich denke, er hat geahnt, dass sie in Kontakt mit dir stehen. Moira ist spurlos verschwunden, ein paar deiner Jungs suchen sie heimlich. Lillian, bitte denken nicht, dass wir dich im Stich gelassen haben, aber Quentin regiert mit harter Hand. Die Männer und ich werden immer hinter dir stehen", endet Mike seine Erzählung.

Meine Sicht verschwimmt und ich nehme um mich herum nichts mehr wahr. Meine Hände verkrampfen sich um die Armlehnen und mein ganzer Körper spannt sich an. Mikes Satz hallt immer wieder in meinen Gedanken nach.

Moira ist spurlos verschwunden.
Moira ist spurlos verschwunden.
Moira ist spurlos verschwunden.

Als ich meinen Mund wieder öffnen kann, kommt nur ein entsetztes: „Moira ist verschwunden?!", heraus, bevor mir schwarz vor Augen wird.

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt