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10 Jahre zuvor

„Fynn, lass uns durch!"

„Nein", lallt der muskulöse Junge und verschränkt pampig die Arme vor seiner Brust. Das ist jetzt ungünstig.

„Steigtein", mischt sich jetzt auch noch Alexej, in die doch etwas heikle Situation ein. Der Russe versucht mir Emma aus dem Arm zu nehmen.

„Nimm deine Pfoten von ihr weg!", schreie ich den Blonden fast schon hysterisch an.

Als Fynn dann auch noch näher kommt und mich am Arm packt, gerate ich endgültig in Panik. Die beiden sind so sturzbetrunken - und wer weiß, was die noch alles an Drogen eingeschmissen haben - das es unser Todesurteil wäre, mit ihnen in den SUV einzusteigen.

Mit einem kräftigen Ruck, wird mir auf einmal von Alexej Emma aus den Armen gerissen und ich werde von Fynn gepackt. Gegen die beiden Riesen habe ich alleine keine Chance.

„Autofahrengehtschneller." Mein, jetzt wohl ehemaliger, bester Freund ist fest von seinem Vorhaben überzeugt. Die beiden sind definitiv nicht bei klarem Verstand.

„Fynn, bitte!", flehe ich ihn an, „Ihr könnt so nicht Auto fahren!"

„Natürlich k-können wirdas", antwortet er mir, völlig von sich überzeugt. Das müssen echt heftige Drogen gewesen sein, die er sich da eingeschmissen hat. Ich erkenne meinen besten Freund gar nicht mehr wieder.

Als Fynn beginnt, mich zu dem schwarzen Wagen zu ziehen, beginne ich um mich zu schlagen und zu schreien. Ich schreie so laut und so panisch, wie lange nicht mehr.

Alexej hat derweil Emma, die kaum noch auf den Beinen stehen kann, schon auf die Rückbank gesetzt.

„Nein! Hol sie da sofort wieder raus, du Arschloch", brülle ich ihn an, „Emma und ich gehen zu Fuß! Scheiße, lasst uns gehen. Bitte", schreie ich hysterisch und schaue die beiden panisch an.

Steige nie bei Betrunkenen ins Fahrzeug ein. Eine der vielen Regeln, die mein Vater mir eingebläut hat. Menschen, mit Alkohol intus, haben eine verzögerte Reaktionszeit und überschätzen sich maßlos. Was in den meisten Fällen zu Unfällen führt, bei denen es häufig Tote gibt. Und ich habe nicht vor heute Abend zu sterben. Genauso wenig, wie ich zulassen werde, dass Emma heute stirbt.

„Emma", rufe ich nach meiner besten Freundin, doch diese ist inzwischen überhaupt nicht mehr ansprechbar. Sie liegt unangeschnallt auf dem Rücksitz und scheint zu schlafen. Gar nicht gut.

„Fynn, lass mich los", kämpfe ich weiterhin gegen den muskulösen Schwarzhaarigen an, aber - was eine Überraschung - ich habe keine Chance gegen ihn.

Alexej hat sich inzwischen auf den Beifahrersitz gesetzt und nuschelt irgendetwas vor sich hin.

„Fynn, beeildichichbinmüde", wendet er sich an seinen besten Freund und schließt erschöpft die Augen.

Je näher Fynn mich dem Auto bringt, desto lauter schreie ich und desto härter schlage ich um mich.

„Ich hasse dich! Lass mich los, du elender Wixxer! Fick dich, Fynn!"

„Lillian? Lillian, bist du das", höre ich plötzlich die rettenden Stimmen von der Veranda.

„Hier, bitte helft mir", rufe ich flehend und erleichtert zugleich zurück.

Als mehrere Schritte ertönen, lässt Fynn fluchend von mir ab und steigt überraschend schnell in den SUV. Elender Feigling.

„Nein, Emma!", gerate ich erneut in blanke Panik, als der Wagen gestartet wird.

„Fuck, was ist passiert?", kommt Kyran, nach seinem kurzen Sprint, atemlos neben mir zum stehen.

Ich renne an die Hintertür des Wagens und versuche sie zu öffnen, doch die automatische Verriegelung macht mir einen Strich durch die Rechnung.

„Emma", kreische ich laut und klopfe gegen die Scheibe „Verdammt, Fynn! Mach das Auto aus oder willst du euch alle umbringen?"

Doch weder Alexej, noch Fynn scheinen mich wahrzunehmen und kurz darauf setzt sich der Wagen in Bewegung. Nicht langsam und vorsichtig, sondern rasant und ruckartig.

„Waren das Alexej und Fynn?", spricht mich Collin fragend an. Der Braunhaarige steht entsetzt neben mir und schaut dem Wagen hinterher.

„Sie haben Emma", schluchze ich, „Oh Gott! Sie haben Emma mitgenommen", weine ich und Tränen der Verzweiflung fließen mir ohne Pause über die Wangen.

„Du verarschst uns gerade, oder?", gibt Kyran aufgebracht von sich, „Die beiden Idioten sind sturzbetrunken und haben noch dazu sämtliche Pillen eingeschmissen."

„Sie werden Emma umbringen", weine ich und sinke auf dem Bordstein zusammen. Wie können Alexej und Fynn soetwas nur tun? Fynn ist doch mein bester Freund. Scheiße, dass kann doch alles nicht wahr sein.

„Sshhht. Lillian, das wird schon nicht passieren", versucht Kyran mich unbeholfen zu trösten und streicht mir dabei sanft über den Rücken.

„Kommt, wir laufen ihnen nach. Vielleicht sind sie ja auch schon am Internat bis wir dort ankommen und schlummern friedlich in ihren Betten?", schlägt Collin hoffnungsvoll vor. Das wäre natürlich ideal, aber daran kann ich nicht glauben.




„Ich wünschte, alles wäre anders gekommen", meine ich niedergeschlagen und falle der schlanken, braunhaarigen Frau vor mir schluchzend in die Arme.

Emma ist tot.
Fynn und Alexej haben sie umgebracht.
Fahrlässige Tötung.

Die Beerdigung fand im kleinen Rahmen statt. Nur die Familie und die engsten Vertrauten wurden eingeladen - und ich. Emmas beste Freundin. Ihre unbiologische Schwester.

Emmas Mutter erwidert meine Umarmung und weint ebenfalls: „Du kannst nichts dafür, Kindchen."

„Ich vermisse sie so!"

„Ich auch, Lillian. Ich vermisse meine Tochter auch. So unglaublich, dass es wehtut."



„Emma", spreche ich das schlichte Grab vor mir an, „Oh, Emma. Ich liebe dich. Und ich vermisse dich so dermaßen. Du fehlst mir, wie soll ich mein Leben nur ohne dich Leben? Wir hätten an diesem verdammten Abend nicht mit zu der scheiß Party gehen sollen. Wie konnte das alles nur passieren? Du warst zu jung zum sterben. Du hattest doch dein ganzes Leben noch vor dir, genau wie ich. Wir wollten doch zusammen unseren Abschluss machen. Jetzt habe ich ihn alleine gemacht - ohne dich an meiner Seite. Mein Vater hat mich übrigens von der Schule genommen. Er meint, es wäre besser, wenn ich Abstand zu allem hätte und privat Unterricht bekomme. Ich bin dann nur zur Abschlussfeier wieder in die Schweiz geflogen. Als ich Fynn und Alexej dort gesehen habe, hätte ich ihnen am liebsten eine Kugel in den Kopf geschossen. Ich schwöre dir, ich werde diese beiden Mörder niemals wieder sehen! Ach, Süße. Ich hoffe wir begegnen uns im nächsten Leben. Leb wohl, Emma", verabschiede ich mich von meiner besten Freundin, drehe dem Grab den Rücken zu und verlasse den Friedhof.



Wie hättet ihr an Lillians Stelle reagiert?

Ist es gerechtfertigt, dass sie Fynn & Alexej die Schuld gibt?

Vergesst nicht, dass Sternchen orange zu machen! <3

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt