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Theo:

Puh, endlich bin ich fertig mit der ganzen Arbeit, Influencer sein ist leider nicht so easy wie es aussieht.
Doch endlich hab ich all die notwendige Arbeit fertig, naja fast, das Video müsste ich noch fertig schneiden, aber meine Konzentration ist jetzt einfach am Ende. Und anstatt es heute Abend und dann morgen nochmals schneiden, weil ich die Hälfte vergeigt habe, könnte ich mich ja jetzt noch eine Runde amüsieren gehen. Immerhin ist es erst halb eins, die anderen müssten noch voll dabei sein. Odet sollte ich lieber ins Bett gehen?

Nachdenklich drehe ich meine leere Kaffeetasse in der Hand. Wahrscheinlich kann ich eh noch nicht einschlafen, den Kaffee hatte ich mir vor ner halben Stunde erst geholt.
Also was solls, ich zuücke mein Handy und schreibe schnell eine Nachricht an Nils, ob und wo sie noch feiern. Bin ja mal gespannt ob Heaven und Levin wirklich miteinander geredet haben oder ob sie sich hinter Konrad und Nils verschanzten. Wobei ich mir das bei den beiden eigentlich fast nicht vorstellen kann, vorallem nach heute Nachmittag.

Mein Display leuchtet auf, eine Sprachnachricht von Nils. Ohje, der ist bestimmt schon mega dicht.
Vorsichtshalber drehe ich die Lautstärke runter bevor ich die Audio anhöre, was sich als sehr weiße herausstellt.
Denn in dieser schreien nicht nur Nils und Konrad ins Mikrofon, sondern auch laute Partymusik, die im Hintergrund wummert.

"Hey, jo Theoooo, also- krg, krch, krg- Neiiiin Konraad, nicht-" "Hallllooo Theo - hicks - woo bleibscht du? Komm ma..." Es raschelt wieder unerträglich laut, als sich Nils vermutlich sein Handy zurück holt.
"Haha, also wir sind im gleichen Club wie letztes Mal und, oh mein Gott Konrad!" Die nächsten Worte verstehe ich nicht bevor die Audio schlussendlich abbricht und mich schmunzeln lässt. Na dann ist ja zumindest die wichtigste Information durchgekommen. Ich schreibe Nils schnell zurück, dass ich auch komme, zur Sicherheit wende ich mich aber noch kurz an Levin, doch bei ihm kommt die Nachricht gar nicht erst an. Naja egal, werde sie schon irgendwie finden.

Wenig später befinde ich mich draußen auf den Straßen Berlins, die kühle Nachtluft streicht um mich, während ich auf den Club zusteuere. Ein wenig ist mir unwohl zu Mute, weil Heaven dort die K.O. Tropfen untergemischt wurden. Wieso sind sie denn ausgerechnet wieder hierher gegangen? Klar ist ein guter Club, die Musik stimmt und die Preise für die Getränke sind verglichen mit dem sonstigen Großstadtwucher verschmerzbar.
Aber fühlt sich Heaven den wohl dabei? Oder hat er nur den anderen zu Liebe zu gestimmt? Wieso haben die sich überhaupt für den Club entschieden? Ich meine Nils und Konrad waren letzte Woche ja dabei und Levin weiß eigentlich auch Bescheid.

Ich stehe mittlerweile gedankenverloren in der Schlange zur Tür, in der es schnell vorran geht, Danke der Türsteher, die mit den meisten kurzen Prozess machen und sie weg schicken. Verständlich, denn angesichts der Uhrzeit ist der Club wahrscheinlich gut gefüllt, aber hoffentlich komme ich trotzdem rein.
Die Türsteher haben es beim aussortieren heute Abend besonders leicht, weil ein Großteil der Menschen vor mir sturzbetrunken scheinen. Wahrscheinlich kommen die von einer aufgelösten Rave oder so.
Über mir glizern schwach die Sterne am Himmel, der größten Teils vom Straßenlaternenlicht erhellt wird. Die seltsamen Geräusche der Nacht durchdringen das falsche Halbdunkel der Straßen und als ich der Türe näher komme steigt mir der Geruch von Asche in die Nase.
Irgendwo hier ist ein Außenbereich für Raucher, der mich unmerklich die Nase rümpfen lässt.

In dem Moment, in dem ich mich nach besagtem Ort umschaue tritt das Pärchen vor mir in den Club, sodass ich vor den Türstehern stehe.
"Ausweis bitte." murrt der eine und mustert mich mit starrem Blick, während der andere gelangweilt seine Fingernägel betrachtet. Innerlich seufze ich, selbst das ich die zwanzig Jahre schon eine ganze Weile hinter mir habe bringt mich wohl nicht draum herum. Äußerlich lächle ich lieb, zücke meinen Ausweis und warte kurz ab, bis der Mürrische ihn gemustert hat, mit hochgezogener Augenbraue. Dann winkt er mich durch, ohne weitere Fragen und Aufsehen, was mich zwar etwas überrascht, aber vorallem freut. Schnell tauche ich zwischen den beiden Riesen durch in den dunklen Flur des Clubs, der mich mit sich trägt, hinein in ein Lichtermeer, indem hunderte Gesichter zucken.

Nach einigen Minuten angestrengtem Ausschau halten entdecke ich schließlich Nils und Konrad vor mir auf der Tanzfläche, sie sind auch kaum zu übersehen. Vorallem Konrad der viel Platz um sich hat, denn der taumelnde Riese scheint sturzbetrunken dauernd Leute anzurempeln. Oder wohl eher umzuschubsen.
Einerseits tun mir die Leute ja schon ein bisschen Leid, doch andererseits sieht es einfach nur urkomisch aus wie Konrad und Nils übers Parkett trampeln. Grinsend schlage ich mich zu ihnen durch die Menge.

"Heeey, da ischt ja Theoooo!" gröhlt mir Nils freudig entgegen und schlägt mir kräftig auf die Schulter, während mir Konrads Alkoholfahne fast den Atem verschlägt. Der hat nämlich von hinten einen Arm um mich geschlungen, sodass er mir direkt ins Gesicht atmet.
" Heyy, Theoo. Na wie geht esch diiir? Mir gehtss beschissssnn! Aber... Das isch egaal, ich hab den hiiier." Mit seinem Drink in der Hand prostet er mir zu, bevor er das halbvolle Glas in einem Zug hinunterstürtzt. Dann löst er sich von mir und taumelt davon, schneller als ich ihn aufhalten kann.
Kopfschüttelnd wende ich mich an Nils.

"Der läuft ja noch ganz schön flott für seinen Pegel. Ich geh mal nach ihm schauen, kommst du mit?" Ich gebe mich zwar relativ locker, doch ich mache mir echt große Sorgen um Konrad, so hab ich ihn noch nie gesehen. Und das alle nur wegen Valentin? Nils nickt mir zustimmend zu, sodass wir uns gemeinsam einen Weg durch die Menge Richtung Bar bahnen, wo ich den Blondschopf erkennen kann.

Endlich dort angekommen, nachdem mich die Massen losgelassen haben, stütze ich mich neben Konrad an die Bar und tippe ihn an.
"Hey, du, also..." Konrad dreht den Kopf und tritt einen Schritt zurück, sodass meine Sicht auf den Gang hinter der Bar frei wird. Dass dort zwei Personen im Halbdunkeln stehen fällt mir nur auf, weil ich genau in ihre Richtung starre, wo eben noch Konrads Kopf gewesen ist.
Mein Körper fühlt sich plötzlich ganz starr an, wie aus Stein, schwer und unbeweglich, als ich erkenne wer da steht.

Heaven von dem sich gerade eine Frau gelöst hat.
Von seinen Lippen.

Auch wenn sie ihm dunkeln, abseits der zuckenden Lichtern stehen, ist klar zu erkennen, dass sie sich geküsst haben.

Meine Gedanken beginnen wild durcheinander zu purzeln.

Was?

Ich blinzele heftig und hoffe, dass dadurch das Bild vor mir verfliegt und weil mir Tränen in die Augen steigen. Ich bin vollkommen verwirrt.

Sobald sich die Frau von ihm abwendet zieht Heaven sie an einer Hand zurück zu sich.
Da wird es mir zu viel, ich drehe mich auf dem Absatz um und stürme hinaus. Vorbei an all den verschwommen, tanzenden Menschen und Levin, der mich erst freudig begrüßen will, dann aber innehält und mich fragend ansieht. Doch ich weiche ihm aus, reiße mich los, als er nach mir greift.

Meine Gefühle brodeln in mir, wie ein Sturm und brechen los, sobald draußen die kühle Nachtluft in meine Lunge strömt.

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