22.

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Haven:

Ich döse langsam an Theos Schulter ein, während er zum gefühlt hundertsten Mal den Vlog bzw. das Material abspielt, um zu sehen welche Sequenz er noch kürzen kann, damit der Vlog keine drei Stunden dauert. Meine Liedern flackern und ich schmige mich an Theo, als plötzlich ein Ringen die gewöhnliche Geräuschkulisse durchbricht. Ich bin augenblicklich wieder wach, richte mich auf und schaue Theo verwirrt an.
"Das ist die Haustür." antwortet er auf meine unausgesprochene Frage und runzelt die Stirn. "Seltsam... Eigentlich kommt heute niemand mehr, dachte ich zumindest" Er stellt den Laptop beiseite und steht auf und geht in den Gang, um die Tür zu öffnen. Ich folge ihm nach einem Moment des Zögerns, denn obwohl das hier nich mein Haus ist, bin ich doch ziemlich neugierig. Ich strecke mich und gähne verhalten auf dem Weg zum Gang.

Dort angekommen sehe ich wie Theo die Tür öffnet und jemand großes steht davor. Konrad.
Dieser lächelt schief, aber das Lächeln er reicht nicht seine Augen. Es ist ein trauriges Lächeln. Doch trotzdem sieht er schon etwas besser aus als heute morgen, seine Augen sind nicht mehr verquollen und kaum noch gerötet.
"Hey." begrüßt er uns zögerlich, doch Theo tritt vor und nimmt ihn in den Arm. "Ich bin echt froh, dass du wieder da bist." nuschelt er an der Schulter des blonden. Dann lässt er ihn los und macht einen Schritt zur Seite, sodass Konrad eintritt. Theo schließt die Tür und ich lächle Konrad vorsichtig zu. "Hey, wie geht's?" er schüttelt nur den Kopf und blickt zu Boden. Ich gehe ein Stück näher zu ihm und nehme seine Hand. Ich kenne ihn zwar kaum, aber ich hab das Gefühl wir verstehen uns echt gut. Und ich möchte ihm helfen und da ich sehr empatisch bin, nimmt es mich immer etwas mit, wenn es anderen schlecht geht.
Konrad schaut wieder auf und ich lächle ihm aufmunternd zu "Auch wenn es sich im Moment beschissen anfühlt, es wird wieder werden." ich drücke seine Hand.

Konrad nickt, schüttelt dann den Kopf und schlägt sich die Hände vors Gesicht. Ein Schluchzen entfährt ihm und sein Oberkörper bebt. Ich kann nicht anders und nehme ihn in den Arm, drücke ihn fest an mich und streiche mit einer Hand beruhigend über seinen Rücken. Einen Moment später schlingt auch Theo seine Arme um uns und wir stehen als großer Knäuel aus Armen und Beinen eine Weile mitten im Gang.
Dann hebt Konrad langsam den Kopf und lächelt uns traurig zu, "Danke Leute."
"Kein Problem." kommt direkt von uns zurück und Theo fügt hinzu "Willst du was essen? Du warst ja die ganze Zeit weg, da hast du bestimmt Hunger." Theo lässt ihn wieder los und auch ich weiche ein Stückchen zurück. Konrad nickt und reibt sich die Augen. Wenig überzeugend antwortet er "Ja..." "Okay, ich mach dir was, geht ihr zwei doch schon mal ins Wohnzimmer." Theo nimmt meine Hand und drückt sie kurz und ich lächle ihm bestätigend zu. "Komm Konrad, wir können uns ja aufs Sofa setzen." wende ich mich nun auch an ihn und lege eine Hand auf seine Schulter um ihn sanft ins Wohnzimmer zu schieben. Er nickt zaghaft und lässt sich willenlos von mir dorthin führen.

Bei der Couch angekommen lässt er sich resigniert in die Kissen sinken und seuftzt. Ich setzte mich neben ihn und blicke ihn an, "Möchtest du..." setzte ich vorsichtig an, "Möchtest du mir jetzt erzählen was los war? Also nur wenn es dir hilft, ich will dich nicht zwingen oder so..." Ich möchte ihm gerne helfe, aber wenn er nich reden will, vorallem mit mir, wir kennen uns kaum, dann kann ich das verstehen.
Konrad seufzt wieder und fährt sich mit einer Hand durchs Gesicht. "Weißt du, also... Es ist so -" dann unterbricht er sich selbst. "Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll."
"Hey, alles gut, nimm dir so viel Zeit wie du brauchst." Er atmet tief ein und nickt nachdenklich, während er seine Gedanken sortiert. Dann schaut er mich an.

"Also ich hab mich gestern mit Valentin gestritten. Er war gestern nicht auf der Party, weil er auf dem Geburtstag eines Kumpels war.
Er ist mein bester Freund, schon seit einer ganzen Weile, aber eigentlich stimmt das nicht, wir... Wir sind mehr als Freunde, aber, also wir wissen nicht genau was das ist, zwischen uns. Ich weiß, dass er mir sehr wichtig ist und umgekehrt ist es genauso. Aber wir hatten uns geeinigt erstmal abzuwarten und mit den anderen nicht darüber zu reden. Klar, manchmal machen wir für Videos vor ihnen rum, aber sie glauben zu wissen, dass wir hetero sind. Und ich dachte auch ich bin hetero, bis ich gemerkt habe, dass das mit Valentin nicht nur Freundschaft ist. Uns ist natürlich bewusst, dass die anderen kein Problem damit hätten, wenn wir zusammen wären oder schwul oder sonst was. Aber... Aber was wäre wenn wir durch unsere Beziehung den ganzen Why Nils Squad auseinander reißen? Wir haben keine Ahnung, was wir für Auswirkungen für die anderen und uns selber haben. Wenn wir uns trennen würden... Wir wollen niemanden verletzen..." traurig schaut Konrad zu Boden. "Jedenfalls haben wir ausgemacht, dass wir einfach schauen wie es sich zwischen uns entwickelt und eine unserer Bedingungen war, dass wir keine anderen Beziehung oder ähnliches anfangen. Damit niemand verletzt wird... " Konrad stockt und muss schlucken, sodass ich ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter lege." Aber... Als ich Valle gestern Abend, als alle von der Party gegangenen waren, angerufen haben, da... Ich wollte nur wissen wie es ihm geht und ob er noch vorbei kommen will, aber..." er holt tief Luft. "Er hat sich nachdem er bei seinem Kumpel war noch mit einem Mädchen getroffen. Als wir am Telefon geredet habe, hab ich sie im Hintergrund lachen gehört und mir erst nichts dabei gedacht. Aber als ich nach einer Weile nachgefragt hab, da hat er gemeint er sei bei einem Mädchen, mit der er seit Samstag was am laufen hat." Konrad hält inne und muss sich sammeln, bevor er weiterreden kann. "Das... Es tut weh, weißt du? Ich habe ihm vertraut, dass wir erstmal schauen... Davor ging das nämlich auch schon so, er hat ständig irgendwelche Beziehungen angefangen unter denen ich gelitten habe. Ich wusste aber am Anfang nicht, dass er für mich auch Gefühle hat, da war es nicht ganz so schlimm, aber jetzt..." Konrad blinzelt heftig um gegen die Tränen anzukämpfen. Doch eine läuft ihm längst über die Wange, einsam und alleine auf ihrem Weg nach unten.
"Ich hab ja nichts dagegen, " setzt er nach einer Weile fort" wenn Valle sagt, dass er nicht will, dass zwischen uns was ist und er sich jemand anderen sucht, dafür... dafür mag ich ihn zu sehr. Ich will... dass es ihm gut geht und er glücklich ist, auch wenn das nicht mit mir ist. Aber er meint es nie ernst in diesen 'Beziehungen', wenn man die überhaupt schon so nennen kann. " verächtlich und verletzt schnaubt Konrad, "Er spielt nur rum und sieht, dass er mir dabei weh tut. Trotzdem war er immer für mich da und hat sich verhalten wie ein guter Freund, mehr als das... Und weißt du, es tut weh zu wissen, dass er nicht offen zu mir ist, obwohl ich immer für ihn da bin." Konrad schüttelt enttäuscht den Kopf, "Mit dem Deal wollten wir gemeinsam Klarheit schaffen. Und nun ist genau das eingetreten was wir verhindern wollten... "

Er reibt sich verzweifelt die Stirn. "Das war einfach ein riesen Schock für mich, weil mir bewusst geworden ist wieviel er mir wirklich bedeutet und wie sehr wir uns normalerweise verstehen. Aber das gestern war einfach ein Schlag ins Gesicht... Wo wir doch ein paar Tage vorher erst ausgemacht haben... "Konrad schüttelt den Kopf. " Darauf hab ich mich erstmal betrunken, ich weiß nicht die beste Reaktion, aber ich wollte nicht mehr darüber nachdenken... Einfach nichts mehr fühlen..."

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