Haven:
Auf der Terrasse angekommen merken ich und Theo, dass es schon wesentlich kälter geworden ist, weshalb er nochmal rein geht und eine Decke holt. Ich setzte mich solange schon mal auf die Schaukel und nehme noch einen Schluck von meinem Glas. Dabei lasse ich meinen Blick schweifen und stelle wieder fest wie schön die Aussicht von hieraus ist. Man sieht zwar keine Sterne, aber dafür die Lichter von Berlin, die Sterne der Stadt.
Die Terrassentür quietscht, als Theo wieder zurück kommt und mit der Decke unter dem Arm winkt, was einfach nur dämlich aussieht. Ich lache auf und er grinst zurück, aber sobald er nahe genug ist schnapp ich mir die Decke und wickele sie um mich. "Meins." sage ich Besitz ergreifend und stecke meine Nase ebenfalls unter die Decke, dabei kommt mir Theos Duft entgegen und ich schließe die Augen.
Sobald ich diese Unachtsamkeit zu gelassen habe, nimmt Theo die Gelegenheit wahr und schnappt sich die Decke zurück. Die kalte Nachtluft umfängt mich wieder. "Neiiin, Theo, es ist kalt. Gib mir sie mir wieder." beschwere ich mich wie ein Kleinkind.
"Wie heißt das Zauberwort?" fragt er mich darauf und ich kann nicht glauben, dass er mich sowas fragt. "Du kannst mich mal." lache ich ihn aus und blize ihn aus meinen Augen an. "Ich werde erfrieren ohne die Wärme der Decke... Und es wird deine Schuld sein, gaanz allein Deine." Und ich pickse ihn theatralisch mit meinem Zeigefinger in die Brust, doch er kann mich einfach nicht ernst nehmen und muss lachen."Das ist nicht lustig... " maule ich beleidigt und kreuze die Arme vor der Brust.
"Ich werde dir die Decke nicht geben, wenn du das Zauberwort nicht sagst." er schaut mich 'streng' an, sofern man noch streng schauen kann in betrunkenem Zustand. "Aaaaaber..." fügt er mit dramatischer Pause hinzu, "Ich kann dich schließlich nicht erfrieren lassen." Und mit diesen harmlosen Worten packt er mich an der Tallie und zieht mich zu sich, sodass ich halb auf, halb neben ihm auf der Schaukel liege. Diese tut by the way genau das, was sie soll, nämlich schaukeln und bei Theos Aktion wären wir fast von ihr gefallen.
Und so halte ich mich krampfhaft lachend an Theos Arm fest und versuche nicht hinunter zu kullern. Dass er mir dabei immer wieder in die Seite pikst, ist nicht gerade hilfreich. "Theo...Theo...hör...auf... Ich - ahaaha- ich... Ich krieg keine Luft mehr... Haha...bitteeee, Theoo...hihi."Als er sich endlich erbarmt hat hänge ich schon halb von der Schaukel und jappse nach Luft. "Hmm... Ich frage mich, wie du dort hingekommen bist..." fragt mich Theo ironisch und muss ein Lachen unterdrücken. Haha seeehr witzig, ich funkle ihn an und rutsche weiter Richtung Boden, sodass mich Theo nun doch wieder hochzieht. Er rutscht nach hinten an die Lehne und zieht mich zu sich, sodass ich mich an seine Brust kuscheln kann, während er nun die Decke über uns beide breitet. "Vieeeel besser." kommentiere ich und er antwortet nur mit einem "Danke." und es wird still um uns.
Er schlingt seine Arme um mich und malt mit seinen Fingern kreise auf meinen Rücken, während ich eine meiner Hände unter der Decke hervorhole und mit den Haaren in seinem Nacken spielen lasse."Duu, Haven..." unterbricht Theo die Stille nach einer Weile. "Ja?"
"Also ich wollte fragen, em also wegen neulich wie genau du..." er überlegt kurz und ich drücke mich etwas von seiner Brust ab, damit ich ihn aufmerksam anschauen kann. "Also wie du denn dazu gekommen bist, dass du nonbinary bist, also wie du das herausgefunden hast meine ich. Weil mich interessiert das irgendwie, ich weiß nicht viel zu dem Thema... Aber wenn du nicht willst oder es dir unangenehm ist, dann musst du auch nichts sage." Er schaut mir in die Auge. " Ich will dich nicht ausnutzen nur weil du betrunken bist, sag also nur was wenn du auch morgen damit klar kommst."Ich schenke ihm ein aufrichtiges Lächeln, "Ich fühle mich sehr wohl bei dir, Theo. Und auch wenn ich nüchtern jetzt nicht so entspannt wäre und dir vielleicht nicht soo viel erzählen würde, weiß ich, dass ich es nicht bereuen werde." Er schaut mich überrascht an. "Danke, glaube ich..." er lacht nervös auf und zieht mich kurz an sich und lässt mich dann wieder los, sodass ich mich wieder an seine Brust kuschle. Ich schaue in den dunklen Himmel auf.
"Also..." ich hole tief Luft. "Ich fange am besten ganz von vorne an... Ich war als Kind eigentlich immer ganz glücklich und einfach ein normales... Mädchen, glaube ich. Aber meine Eltern haben mich auch immer machen lassen, bzw. anziehen was ich wollte und dieses Bewusstsein von Gender Rollen ist noch nicht so vorhanden gewesen, also war ich zufrieden. Dies war eigentlich auch die ganze Grundschule über so, bis ich in der sechsten Klasse, mehr weiblich wurde, aufgrund der Pupertät. Und auch alle um mich herum, also die Mädchen fingen an sich weiblicher zu kleiden, irgendwann auch zu schminken, sodass ich dies auch anfing. Ich hatte das Gefühl, ich müsste das auch tun und irgendwie macht es ja auch Spaß sich auszuprobieren, aber glücklich machte es mich nicht. In der achten Klasse dann wurden glücklicher Weise unsere Klassen durchmischt und ich kam in eine Klasse in der die Mädchen nicht so auf typisches Frauenbild fokussiert waren, sodass ich wieder vom Schminken ablies und mehr zu mir selbst kam. Ich entdeckte Musik für mich und entwickelte Ansätze für ein Mode-Bewusstsein, dass mehr in die alternative, emo-mäßige Richtung ging.
Als ich nach einiger Zeit dann in die Oberstufe kam, war dieses Bewusstsein soweit heran gereift, dass ich einen wirklichen Stil entwickelt habe, der mich zwar als weiblich präsentiert, aber der komplett ich war. Ich habe nie weiter darüber nachgedacht, wieso ich jetzt einen BH trage oder lange Haare. Es war einfach so, weil alle Mädchen irgenwie so waren, und ich war ja auch eins. Dachte ich zumindest.
Aber bevor ich mit meiner Gender Identität gestruggelt habe, habe ich meine Sexualität in Frage gestellt.Sobald ich in Kontakt gekommen war mit der LGBTQ+ Community, war mir klar, ich bin keine "heterosexuell 0815 Cis Person", was an sich ja nichts schlimmes wäre, also nicht falsch verstehen.
Aber ich habe mich schon eine ganze Weile nicht mehr wohl oder wirklich zufrieden gefühlt, und mir war klar irgendwas passt nicht. Also habe ich erst gedacht, ich sei einfach bisexuel. Das hat sich aber geänderten, zu pansexuel, sobald ich wusste was das war, weil mir ist das Geschlecht einer Person eigentlich egal, es macht keinen Unterschied für sie als Person. Doch dann habe ich auf Socialmedia, vorallem auf Insta und TikTok, immer öfter Beiträge von lesbischen Influencern gesehen. Und das eine hat zum anderen geführt und ich habe immer mehr LGBTQ+ Kontent gesehen, darunter auch von Transgendern und asexuellen Menschen. Da ich noch keinerlei Beziehungen gehabt habe und auch sonst nicht viel Interesse an Sex gezeigt habe, dachte ich dann ich bin asexuell. Hab das dann einfach so hingenommen und für mich behalten. Doch irgendwie hat immer noch nicht alles gepasst... Und ich weiß nicht wieso wir Menschen alles beim Namen nennen und in Kategorien stecken müssen, dass ist doch irgendwie dämlich." Ich warf kurz hilflos die Arme in die Luft und holte tief Luft. "Sorry... Irgenwie bin ich dann auf Nonbinary TikToks gestoßen und da hat es irgendwie Klick gemacht...So komisch es klingt...
Ich bin nicht irgendwie eine Frau oder ein Mann, ich bin einfach ich, ein Mensch, ich gehöre in keine Box. Ich bin weder das eine noch das andere." Ich schweige und starre auf den Boden.
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Teen FictionA u s z u g 1 Das Licht der Straßenlaterne verschwimmt. Alles wird unscharf. Etwas tropft auf meine Wange. Ich schaue nach oben. Regnet es? Nein. Es regnet nicht. Nun tropft es auch auf meine Hand. Ich wische mir über die Wange. Ich weine? "Hey."...