Achtzehn

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Mein Gesicht könnte genau so gut eine Eismaske sein. Keine einzige Emotion ist davon abzulesen. Ich halte mich gerade, aber nicht versteift, und ich habe die Hände gelassen vor dem Bauch gefaltet.

Eiskalte, abgestandene, feuchte Luft schlägt mir entgegen, als die Tür zur kleinen Kammer geöffnet wird. In einer Ecke tröpfelt langsam und gemächlich Wasser vor sich hin - einige Eiszapfen haben sich an der Decke gebildet und schmelzen nun langsam, da die wärmeren Monate sich nähern. Und auch wenn es in Luna nie wirklich warm im eigentlichen Sinne wird, so verschwindet zumindest der Schnee zeitweise.

An der hinteren Wand der Mauer sitzen zwei Gefangene, beide gefesselt und geknebelt. Überlebende des Gefechts, hier behalten zum Verhör.

Ein kleines, grausames Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Freedom ist keinen Schritt hinter mir - sie folgt mir wie ein Schatten, als ich in den Raum eintrete.

Ich bin hier, um Fragen zu stellen. Freedom ist hier, um die Glaubwürdigkeit der Antworten zu überprüfen - ein weiterer Aspekt ihrer Macht. Simpel, aber effektiv.

Mit einem kurzen Blick über die Schulter signalisiere ich den Wachposten, die Tür hinter uns zu schließen. Kurz stehen sie verunsichert da und treten auf einer Stelle herum, als seien sie um mein Wohlergehen besorgt, aber dann salutieren sie und  leisten meinem Befehl Folge.

Es braucht nur drei Schritte, um bei den beiden Gefangenen anzukommen und ihnen die eingerollten Stofffetzen aus dem Mund zu zerren. Kaum ist der Erste wieder in der Lage, seinen Mund zu bewegen, spuckt er mir ins Gesicht und grollt etwas unverständliches vor sich hin. Ich meine aber das Wort "Verräter" verstanden zu haben.

Ohne mit der Wimper zu zucken wische ich meine Wange mit meinem Ärmel ab und lächle weiterhin frostig. Das versetzt ihn wohl noch mehr in Rage.

Der Zweite strampelt herum, in einem verzweifelten Versuch, sich zu befreien.

Ich kehre an Freedoms Seite zurück und werfe ihr einen schnellen Seitenblick zu. Sie soll sich bereithalten. Dann wende ich mich an die Gefangenen.

"Wisst ihr, es gibt eine Möglichkeit für euch, hier lebend herauszukommen. Beantwortet einfach meine Fragen, und ich verspreche euch, dass ich euch werde gehen lassen - sobald wir hier fertig sind", beginne ich seelenruhig. In ihren Augen steht pure Abscheu.

"Ja, sicher", spuckt der Erste auf den Boden. "Das behauptet ihr Adeligen doch alle!"

Ich lasse mich von seinem Hass nicht aus der Ruhe bringen und lächle einfach weiterhin seelenruhig vor mich hin.

"Sie ist die Eishexe! Sie wird uns vernichten!", wimmert der Zweite. Seine Augen scheinen aus den Höhlen zu treten und er schielt überallhin. Es sieht nicht so aus, als sei er noch bei klarem Verstand. "Ich habe es gesehen! Sie hat alle in Fetzen gerissen!"

Freedom neben mir verkrampft leicht. Auch sie kann sich an das Geschehene noch lebhaft erinnern.

"Was wolltet ihr hier im Nirgendwo?", frage ich mit samtweicher Stimme.

"Als würden wir dir das verraten, du Hure!", schreit der Mutige herum. "Du hast unseren Kommandanten sterben lassen, um mit deinem Prinzen vögeln zu können, Miststück! Ich werde dir gar nichts sagen, selbst, wenn du mich zu Tode folterst!"

Ruhig hebe ich eine Augenbraue. "Euren Kommandanten?"

"Deinen eigenen Bruder hast du ermordet, um mit diesem Hurensohn das Bett teilen zu können!", brüllt er.

Der Andere wiegt sich nach vorne und hinten. "Wir werden alle sterben, wir werden alle sterben, wir werden alle sterben...", murmelt er panisch vor sich hin.

Storming LightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt