Lucien
Ach ja, die Geschichte des Schmieds Leo.
Ich bin damals zwölf gewesen - und selbst da bin ich schon größer als alle Jungen meines Alters gewesen.
Mein Vater und ich sind nach einer anstrengenden Reise zurückgekehrt und mein Vater hat nur noch seine Ruhe gewollt, weil er sich mit dem Gastgeber gestritten hat - das ist auch der Grund für unsere verfrühte Rückkehr gewesen.
Er hat mich also kurzerhand in mein Zimmer geschickt und die Wachen angewiesen, mich nicht hinauszulassen, während er selbst sich zurückgezogen hat, um nachzudenken.
Aber schon damals habe ich es nicht gemocht, wenn man mich wie eine Puppe irgendwo weggesperrt hat. Ich bin damals also aus meinem Fenster und über das Dach geklettert, ehe ich mich herabgehangelt habe und auf dem Boden gelandet bin.
Um meine Freiheit zu genießen und unter die Menschen zu kommen, bin ich zum Marktplatz gegangen, und damit man mich nicht erkennt, habe ich eine Maske angezogen und meine edlen Gewänder mit durchschnittlicher Kleidung ausgetauscht.
Auf den Straßen habe ich dann gesehen, wie eine Gruppe Soldaten auf einen alten Mann losgegangen ist, und bin eingeschritten. Die Wachsoldaten haben die Flucht ergriffen, als ich ihnen einen Beweis für meinen Titel geliefert habe, während die Menschen ringsum nichts davon mitbekommen haben.
Aus Dankbarkeit wollte der Alte mir einen Gefallen erweisen, und als ich mit meinen jungen zwölf Jahren einen Blick auf seinen Stand geworfen habe, und gesehen habe, dass er selbst geschmiedete Waffen verkauft und die Soldaten wegen eines überteuerten Preises wütend geworden sind, habe ich ihn gebeten, mir das Schmieden beizubringen. Er ist zwar überrascht gewesen, meiner Bitte aber nachgekommen.
Die Konfrontation mit den Soldaten hat mir aufgezeigt, dass ich nicht wirklich weiß, wie es meinem Volk überhaupt geht, und wie sich jene verhalten, die für meinen Schutz verantwortlich sind. Der Gedanke, dass ich mein Leben möglicherweise eines Tages in die Hände von Fremden mit eigenen Intentionen geben müsste, hat mich nicht mehr losgelassen.
Folglich habe ich mich immer wieder regelmäßig aus dem Schloss geschlichen, um als fremder Junge mit Maske unter dem alten Mann das Schmieden zu erlernen. Ich habe ihm in allen möglichen Bereichen der Kunst unter die Arme gegriffen und zeitgleich beobachtet, welche Meinung das Volk vertritt, worüber getuschelt wird und wie zufrieden es mit der Regierungsweise meines Vaters ist. Auch die Soldaten habe ich beobachtet und mir ihre Namen und Geschichten eingeprägt.
Natürlich wurde ich auch hin und wieder von den Soldaten gefragt, wer ich bin. Sie sind angewiesen gewesen, die Ordnung in der Stadt zu erhalten, und jede verdächtige Person aufzuhalten und zu befragen. Ich habe mir spontan also einen Namen geben müssen, und der, der mir am Schnellsten in den Sinn gekommen ist, ist Leo gewesen. Ich bin der Schmiedelehrling Leo, habe ich jedes Mal erklärt - und wurde in Ruhe gelassen.
Als ich fünfzehn war, ist der alte Mann einer schweren Krankheit erlegen und sein Stand auf dem Marktplatz wurde geschlossen. Ich habe die alten Waffen von ihm heimlich mit ins Schloss geschleppt und mit meinen eigenen Flammen verformt und umgeschmiedet, ehe ich auf dem Marktplatz einen provisorischen Stand für mich selbst eröffnet habe.
Auf diese Weise habe ich ein kleines, privates Vermögen angespart, sollte ich je alleine dastehen und die Krone mich nicht schützen können - eben dieses kleine Vermögen werde ich nun wohl nie wieder sehen, nach dem, was Snow mit dem Schloss angerichtet hat. Zeitgleich habe ich mir in der Stadt auch einen Namen und einen Ruf aufgebaut - ebenfalls für Notfallsituationen.
Nun, eben das scheint mich gerettet zu haben, als ich vor den Toren dieser Stadt aufgehalten und nach meiner Identität befragt worden bin. Gelogen habe ich jedenfalls nicht.
Und da ich offiziell als Schmiedemeister Leo hier bin, kann ich es mir auch leisten, meinen Umhang abzulegen und nur eine spontan gekaufte Maske auf dem Gesicht zu tragen, damit man mich nicht als Prinz erkennt.
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Storming Light
Fantasy↬ Wenn Leben und Tod kollidieren...↫ ...Ich will nicht sterben. Das ist alles, woran ich denken kann. Als er mich ansieht, fährt ein schmerzhafter Stich durch mich hindurch. Ich kenne ihn. Ein einziges Gefühlskarussel dreht sich in mir, so plötzlich...