𝐜𝐡𝐚𝐩𝐭𝐞𝐫 𝟏𝟏, 𝐩𝐫𝐢𝐝𝐞

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Die Woche bis zur Hochzeit verging für Andromeda wie im Flug. Mit Erleichterung stellte sie fest, dass das Wetter am Samstag nicht so schrecklich war wie in den vorigen Tagen. Der Himmel hatte sogar einen matten Blauton angenommen, und im Sonnenschein hörte man die letzten Vögel des Spätsommers zwitschern.

Narzissa und Andromeda machten sich schon morgens auf den Weg. Sie hatten sich von Professor Slughorn eine Genehmigung eingeholt, dass sie Hogwarts für dieses Wochenende verlassen durften.

Da es nicht viele Meilen bis zu ihrem Zuhause waren, legten sie den Weg auf Besen zurück. Der Wind pfiff Andromeda um die Ohren und sie wusste schon nach zwei Sekunden fliegen, dass ihre Haare, wenn sie zuhause ankamen, wie die von Hagrid aussehen würden.

Die beiden Schwestern flogen erst über die schroffen Berge, die Hogwarts umgaben, dann wurden sie immer grüner und bewachsener und die Landschaft verwandelte sich in waldige Hügel. Die einzelnen Bäume, welche dicht gedrängt auf dem Boden standen, sahen aus wie Brokkoli.

„Du fliegst, als wären zehn Drachen hinter dir her, Dromeda!", rief Narzissa ihr zu und versuchte, hinter ihrer großen Schwester herzukommen.

„Wir brauchen genügend Zeit, um uns zu schminken", sagte Andromeda. „Je früher wir da sind, desto besser."

„Du denkst wohl selber nicht, dass wir drei Stunden vor dem Spiegel sitzen, um fertig zu werden", sagte Narzissa.

„Lass uns trotzdem ein Wettrennen machen", schlug Andromeda vor.

„Oh man!", stöhnte Narzissa, beschleunigte aber trotzdem ihren Besen.

Andromeda tat es ihr gleich und schon sausten sie los, so schnell, dass sie Angst bekam, ihre Haare könnten abfallen. Sie drehte einen Looping und wich erschrocken einem kleinen Vogel aus, der ihr entgegen gekommen war.

„Scheiße meine Haare!", meckerte Narzissa. „Ich sehe nichts!"
Andromeda kicherte und warf ihrer kleinen Schwester einen amüsierten Blick zu. Narzissas Haare wanden sich um ihr blasses Gesicht wie die Tentakeln eines Oktopusses.

Und schon ragte das Anwesen der Blacks wie eine Insel im grünen, waldigen Meer vor ihnen auf. Obwohl Andromeda in den Sommerferien sehr froh gewesen war, wieder nach Hogwarts zurück zu kommen, ließ der Anblick ihres Elternhauses ihr Herz schneller schlagen, ob sie wollte oder nicht.

Narzissa und sie landeten etwas außer Atem auf dem dichten Rasen, welcher so weich war, dass ihre Schuhe keine Geräusche machten.

„Mum und Dad übertreiben echt ein wenig", sagte Narzissa und schaute sich um, während Andromeda noch versuchte, ihre Haare wenigstens ein bisschen mit den Fingern durchzukämmen. Zissy hatte recht, Cygnus und Druella Black legten anscheinend viel Wert auf eine dekorative und aufwendige Location für die Hochzeit.

Unter den weißen Zelten waren mehrere meterlange Tafeln aufgestellt, darauf befand sich edles, fein verziertes Geschirr und magisch angezündete Kerzen verschafften eine gemütliche Stimmung. Ohne Gäste sah alles verlassen und leer aus, eine kleine Brise Wind ließ die Zeltplanen flattern.

Verkniffen musste Andromeda feststellen, dass ihre Eltern die Hochzeit so schnell wie möglich hinter sich bringen wollten. Wahrscheinlich, damit Bellatrix nicht noch auf hirnlose Ideen in ihrem Liebesleben kam. Nicht mal Andromeda wusste, mit wie viel Jungen sie zu Hogwartszeiten gegangen war, doch sie fand, das Cygnus und Druella sich keine Sorgen darüber machen mussten, ob Bellatrix sich einen muggelstämmigen oder einen reinblütigen Zauberer zum Mann nahm.

Denn niemand der drei Schwestern empfand so viel Hass und Abscheu gegenüber „diesen dreckigen Schlammblütern" – wie sie so gerne sagte – wie Bellatrix.

Sich erstaunt umschauend liefen Andromeda und Narzissa auf die Marmortreppe zu, welche hoch an die schwere Flügeltür führte. Ihr Vater Cygnus begegnete ihnen in der Eingangshalle, er war allerdings so abgelenkt von den letzten Planungen für den heutigen Tag, dass er ihnen nur kurz zunickte.

Die beiden Schwestern trabten eine weitere Treppe hinauf und lugten in das Ankleidezimmer hinein. Dort saß Bellatrix auf einem hölzernen Stuhl vor dem riesigen Spiegel, direkt hinter ihr stand Druella. Zwei schlanke Gestalten mit den gleichen schweren Augenlidern und vollen Haaren, nur dass Druellas Wellen aschblond waren und die von Bellatrix rabenschwarz.

Gerade legte Druella ihrer ältesten Tochter eine Goldkette um den Hals, ihr Blick war wie immer streng und etwas verkniffen. Andromeda fragte sich, ob ihre Mutter jemals richtige Fröhlichkeit an einem solch freudigen Ereignis wie einer Hochzeit zeigen würde. Doch Druella war ein Mensch, der nicht gerne Emotionen zur Schau stellte, deshalb sagte sie einfach: „Du weißt nicht, wie stolz ich auf dich bin, Bellatrix."

Bella antwortete nicht, sie schaute kurz auf ihre Schuhe, sodass Andromeda und Narzissa anhand des Spiegels den dunklen Lidschatten, den sie schon trug, erkennen konnten.

„Du wirst eine wunderschöne Braut", meinte Druella und legte ihre knochigen Hände auf Bellatrix' Schultern.

In diesem Punkt musste Andromeda ihr Recht geben. Die Locken ihrer großen Schwester fielen rabenschwarz über ihre Schultern, ein paar Strähnen waren hochgesteckt und sie hatte sich schon ein weißes Unterkleid angezogen. Ihre Haut war weiß wie bei Schneewittchen, ihre Lippen mit weinrotem Lippenstift überzogen und die Lider dunkel geschminkt. Als Bella sich mit der einen Hand zum Ohr fuhr, um eine Locke aus ihrem Gesicht zu schieben, erkannte Andromeda schwarz lackierte, lange Nägel.

„Mum, wir sind da", unterbrach Narzissa die Stille.

Druella drehte sich um und ihr Gesicht hellte sich ein wenig auf. „Schön, dass ihr gekommen seid", sagte sie und Andromeda wusste, dass sie es ernst meinte. „Man weiß ja nie, ob Dumbledore eine Hochzeit der dunklen Seite erlaubt."

Andromedas Gesicht beschlich ein unbehaglicher Ausdruck. „Ähm ... wir haben Dumbledore gar nicht informiert, nur Sluggy –"

„Professor Slughorn", berichtigte Druella sie. „Ihr solltet den Hauslehrer von Slytherin immer respektieren, wie oft muss ich euch das noch sagen?"

„Jaah, ich weiß, ich habe es nur vergessen", meinte Andromeda etwas genervt. „Jedenfalls hat Professor Slughorn gesagt, er werde den Schulleiter informieren, dass wir weg sind und er hat uns viel Spaß gewünscht. Dann hat er noch hinzugefügt, Bella sei seine begabteste Schülerin gewesen, bla bla bla."

„Hat er das wirklich gesagt?", fragte Narzissa.

„Klar. Vielleicht wollte er sich einschleimen, damit er zu der Party kommen kann", meinte Andromeda.

„Slughorn kommt nicht zu meiner Hochzeit!", schnauzte Bellatrix. Es war das erste Mal an diesem Morgen, dass Andromeda sie sprechen hörte. Sie klang angespannt.

„Das wird er auch nicht, Bella", beschwichtigte Druella sie. Dann wandte sie sich zu Andromeda und Narzissa. „Ich würde mal sagen, jetzt seid ihr beiden dran mit schick machen. Und – oh! – was ist denn mit euren Haaren passiert?"

„Mum, so sieht das aus, wenn man mit einem Besen fliegt. Hast du das über all die Jahre vergessen?", fragte Narzissa und setzte sich neben Bellatrix auf einen Stuhl, Andromeda tat es ihr gleich.

𝐬𝐢𝐬𝐭𝐞𝐫𝐬 𝐨𝐟 𝐡𝐨𝐮𝐬𝐞 𝐛𝐥𝐚𝐜𝐤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt