𝐜𝐡𝐚𝐩𝐭𝐞𝐫 𝟐𝟔, 𝐬𝐥𝐲𝐭𝐡𝐞𝐫𝐢𝐧 𝐝𝐫𝐞𝐬𝐬𝐞𝐬

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Mit Anbruch des Frühlings tauchten immer mehr Todesmeldungen in den Nachrichten auf. Der Schnee begann, zu schmelzen. So schnell wie der Winter gekommen war, verließ er die raue, schottische Landschaft auch schon wieder. Anscheinend hatte er keine Lust gehabt, lange zu bleiben, was Andromeda vollkommen nachvollziehen konnte. Immer prekärer wurde die Lage um die mysteriösen Geschehnisse, und Andromeda fragte sich, ob es nicht schlauer sei, Professor Dumbledore über Lord Voldemort zu informieren.

„Im Tagespropheten steht, man weiß nicht, wer dahinter steckt", sagte Ted jedes Mal, wenn er mit Andromeda darüber redete. „Glaubst du, das ist dieser Jemand?"

„Kann gut sein", meinte Andromeda achselzuckend. Sie war immer noch nicht dazu gekommen, ihm zu sagen, dass ihre eigene, leibliche Schwester zum Teil hinter diesen Angriffen steckte.

Die „maskierten und dunkel gekleideten Zauberer und Hexen", wie der Tagesprophet sie umschrieb, hielten sich zurück und offenbarten sich nicht. Lord Voldemort persönlich war ebenfalls keine Sekunde in das Rampenlicht getreten – Andromeda vermutete, er wolle ausprobieren, wie das mit dem Leute umbringen klappte.

Leider sehr gut. Sie würde gerne wissen, wie es um Bellatrix stand und ob sie selber einen Mord davon begangen hatte, doch der Kontakt zwischen ihr und ihrer großen Schwester war seit den Weihnachtsferien zerbröckelt wie ein trockener Marmorkuchen. Generell war die Stimmung zwischen ihnen meistens aufgeladen, weil es Andromeda aufregte, dass Bellatrix immer so gelassen blieb, und weil Bellatrix genervt von Andromedas ständigen Sorgen war. Irgendwann würde es eine Eskalation geben, das stand fest. Fragte sich nur, wann.

An einem Nachmittag mitten unter der Woche wurde die Vorfreude auf den bevorstehenden Abschlussball der Siebtklässler deutlich sichtbar. Obwohl er erst in wenigen Monaten stattfinden würde, empfanden es vor allem die Mädchen als wichtig, sich früh genug um ihre Ballkleider zu kümmern.

Dies resultierte darin, dass sich Andromeda, Narzissa, Rebecca, Hazel und ein paar Andere in heraufbeschworenen Spiegeln betrachteten. Diese hatten sie in den Gemeinschaftsraum der Slytherins gehext und davor Kisten voller Roben, Schuhen, Handtäschen und Schmuck ausgebreitet. Im steinernen Kamin brutzelten wilde Flammen, während viele Schüler mit smaragdgrünen Krawatten auf den Ledersofas lasen oder an den schwarzen Tischen Zaubererschach spielten.

Scherzend und lachend die Mädchen wie Models vor den Spiegeln auf und ab, jedes Mal mit einem anderen Kleid bestückt.

Narzissa, die nicht am Abschlussball würde teilnehmen dürfen, da sie noch zu jung war, hatte sich einen violetten Filzmantel übergezogen und setzte sich gerade einen eleganten, französischen Hut mit perlenbesetztem Rand auf. Dazu gab sie genugtuend Kommentare ab: „Dromeda, du solltest kein braunes Kleid anziehen", sagte sie und betrachtete ihre große Schwester mit kritischem Blick.

„Ja, die Farbe beißt sich mit deinen Haaren", meinte Rebecca, während sie Hazel eine Kette um den Hals legte. „Ich finde, du solltest ein Schwarzes anziehen."

„Schwarz?", fragte Andromeda ungläubig. „Das ist so düster, dann sehe ich so schlecht gelaunt aus."

„Bist du in letzter Zeit doch auch", rutschte es Narzissa heraus und sie schaute erschrocken in eine andere Richtung, um Andromedas scharfem Blick auszuweichen.

„Wieso denn das?", fragte Rebecca und schaute fragend zwischen den beiden Schwestern umher. Narzissa fummelte unruhig an einem Stück Kleidung herum und Andromedas Blick lastete immer noch auf ihr, denn sie hatte Angst, ihre kleine Schwester könne noch mehr über die Familienkomplikationen der Blacks verraten.

Und obwohl Rebecca und Hazel ihre besten Freundinnen waren, denen sie bis jetzt alles anvertraut hatte – okay, mal abgesehen von der Tatsache, dass sie sich mit Ted traf –, fand sie, es sei nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu sprechen.

Autsch!", unterbrach Hazel die angespannte Stille, die sich in der Ecke des Gemeinschaftsraumes ausgebreitet hatte und Andromeda wandte den Blick unwillkürlich von Narzissa zu Hazel.

Letztere hatte versucht, auf High Heels zu laufen, war aber sehbar gescheitert und lag nun auf dem kühlen Steinboden. Da es nicht so aussah, als hätte sie sich ernsthaft verletzt, kriegte Andromeda es nicht hin, ein Kichern zu unterdrücken.

„Alles okay?", fragte Narzissa glucksend.

Hazel stöhnte. „Wieso muss immer mir so etwas passieren?" Schwerfällig ließ sie sich von Andromeda aufhelfen, die ihr amüsiert eine Hand entgegen gestreckt hatte. „Aber wie sieht das aus, wenn ich neben Corban so klein bin? Ich gehe ihm nur bis zur Brust!" Das stimmte. Hazel war nicht gerade die Größte, Yaxley dagegen der Mount Everest höchstpersönlich.

„Du gehst mit Yaxley?", fragte Andromeda und schaute angeekelt drein.

Hazel lief leicht rot an. „Ja. Er hat mich gefragt ..."

„Aber was ist mit Mike? Du weißt schon dieser eine – ich habe seinen Nachnamen gerade vergessen –"

„Über Mike bin ich hinweg", sagte Hazel. „Ich hoffe, du hast nicht vergessen, wie er mich bei der Party hat sitzen lassen ..."

„Andromeda", schaltete Rebecca sich ein. „Mit wem gehst du eigentlich?"

„Boah, Leute", schnaubte Andromeda. „Es dauert noch Monate, bis der Ball stattfindet. Ihr habt doch nicht ernsthaft alle schon einen Partner?"

„Ich noch nicht", meinte Rebecca. „Aber hätte ja sein können, dass dich schon jemand gefragt hat."

„Mich hat noch niemand gefragt", sagte Andromeda. Unwillkürlich dachte sie an Ted, an das herzliche Lachen und die Art, wie seine Mundwinkel immer nach oben zuckten, wenn er sich kurz vor dem Loskichern nicht mehr beherrschen konnte. Sie wusste, dass es ganz klar dumm wäre, mit ihm zum Ball zu gehen. Da hätten sie sich gleich mitten in der Großen Halle treffen können, schon ab ihrer ersten Verabredung.

Andromeda wusste, dass sie keine andere Wahl hatte als sich jemand anderes zu suchen als Ted. Das würde keine schwere Aufgabe für sie sein, schließlich war sie nicht unbeliebt bei Jungs, vor allem nicht bei den Slytherins. Sie hatte alles an sich, was ein Junge aus Slytherin wollte: reines Blut, gutes Aussehen und eine gewisse Selbstsicherheit mit Ehrgeiz verbunden, die man klischeehaft nur von den Blacks oder anderen, angesehenen Zaubererfamilien kannte. Im Notfall müsste sie sonst auf Malcolm zurückgreifen, wenn es nicht anders ging.

Doch ihre Gedanken wandten sich wieder der kleinen Modeshow zu, als ihr Blick auf Rebecca fiel, welche sich ein samtgrünes, eng anliegendes Kleid angezogen hatte. Es betonte ihre kurvige Figur und passte perfekt zu ihren dunklen, leicht grünstichigen Augen.

„Oh Merlin, Beckie!" Andromeda stand der Mund auf. „Ich – ich stehe ja eigentlich auf Jungs, aber du siehst so gut aus –"

„Meinst du?", fragte Rebecca etwas unsicher und drehte sich leicht, um ihr Spiegelbild besser betrachten zu können.

„Natürlich!"

Rebecca lächelte und stolzierte einmal auf und ab, sodass ihre dunklen Haare auf ihren Schultern wippten.

Narzissa dagegen wandte sich an Andromeda. „Probier doch nochmal das Rote aus. Das mit dem hohen Beinschlitz."

Und so kam es, dass Andromeda den ganzen restlichen Tag Kleider anprobierte. Sie hatte jede Menge Spaß, doch als sie von Malcolm schließlich ein Kompliment für ihre langen Beine bekommen hatte, fühlte sie sich etwas beobachtet und zog sich zurück, scherzte stattdessen mit Hazel herum.

Alles in allem hatte Andromeda kein passendes Kleid gefunden. Entweder waren sie zu ungemütlich oder falsch geschnitten.

𝐬𝐢𝐬𝐭𝐞𝐫𝐬 𝐨𝐟 𝐡𝐨𝐮𝐬𝐞 𝐛𝐥𝐚𝐜𝐤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt