Die fünf Rekruten

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Am Samstagvormittag zogen Marlene und ich nach unten zum Waldrand. Beziehungsweise ich humpelte. Trotz Madame Pomfreys Behandlung, tat das Bein noch gut weh, aber ich hatte schon Schlimmeres überlebt und ließ mich von dem Kratzer nicht kleinkriegen.

Der Morgen war wieder wolkig und grau und so erreichten wir bei nur schwachem Morgenlicht schließlich den Waldrand. Marlene hatte mir versprochen, mir endlich den Plan zu erklären, aber vorher wollten wir noch die Seilkonstruktion abnehmen. Das gestaltete sich zum Glück sehr viel einfacher, als das Anbringen und nicht mal eine halbe Stunde später, waren die Seile und der andere Kleinkram wieder zu sauber verstaut, wie sie es in Hagrids Schuppen eben sein konnten.

„Jetzt erzähl.", sagte ich, während ich die Tür hinter mir zuzog. „Wie lautet dein Mörderplan."
„Erst mal-" Marlene sprang vom Absatz der Treppe auf den Boden und wartete, bis ich die paar Holzstufen hinabgehinkt war, „brauchen wir deine diebischen Tiere."
Ich seufzte innerlich auf variablen Ebenen, aber nickte. „Hoffentlich ist Madame McKinnon dann auch zufrieden damit.", seufzte ich und führte sie zur Rückseite der Hütte.
Mit einem Ruck hob ich den Deckel von der Tonne und drückte Marlene den vollen Becher mit Holzläusen in die Hand. „Halt mal kurz."
„Das sind deine diebischen Tierwesen?", fragte sie mit Augenbrauen auf einer Höhe, dass sie in ihrem Haaransatz verschwinden hätten können.
Ich prustete und ließ fast den Deckel fallen. „Die leben doch nicht mal mehr." Ich nahm der erleichtert aussehenden Marlene den Becher wieder ab und führte sie zu den drei Bäumen der Bowtruckles.

Auf das vertraute Rascheln des Bechers hin, ließen sie nicht lange auf sich warten. Wir ließen uns auf den Boden sinken.
„Darf ich vorstellen. Nummer eins, zwei und drei." Stellte ich die kleinen Astmännchen vor, während ich ihnen jedem ein paar Holzläuse gab.
„Die heißen so? Eins, Zwei und Drei?", fragte Marlene irritiert.
„Nein. Die haben keine Namen. Wozu auch? Kommen, wenn man sie ruft tun sie eh nicht."
Aber das Rascheln des Bechers hatte natürlich nicht nur die Bowtruckles angelockt. Wenige Sekunden später wuselte der rundliche, schwarze Niffler aus dem Unterholz und ließ sich auf seinen pelzigen Hintern plumpsen, bevor er mich doch etwas treudoof ansah. Ich konnte das Oh, wie süüüüß aus Marlenes Gedanken förmlich neben mir spüren.
„Nummer vier. Nummer fünf dürfte auch nicht mehr lange auf sich warten lassen.", stellte ich ihn vor.
„Darf ich ihn mal streicheln?", flüsterte Marlene, offensichtlich ein beglücktes Quietschen unterdrückend.
Ich zuckte die Schultern. „Wenn er dich lässt."
Sie lehnte sich nach vorne und hielt dem Niffler die Hand hin, der sich sofort daran schmiegte.
„Oh mein Gott, ist der weich.", hauchte Marlene, während sie ihn vorsichtig kraulte. Der Niffler ließ sich ein paar Sekunden von ihr streicheln, bevor er anfing in seinem Beutel zu wühlen. „Was macht er jetzt?", fragte sie irritiert.
„Nicht schon wieder.", murmelte ich, aber da streckte der Niffler Marlene auch schon stolz eine Gartenschaufel entgegen. „Kleiner, ich hab dir schon oft gesagt, dass du Hagrids Sachen in Frieden lassen sollst.", tadelte ich ihn und nahm ihm die Schaufel an Marlenes Stelle ab
„Das ist so putzig!", quiekte Marlene.
Ich verdrehte die Augen. „Das ist nervig. Der klaut regelmäßig Hagrids Geschirr und bleibt in Spalten stecken, durch die er nicht passt."
Ein Schnurren ließ mich bemerken, dass auch Nummer Fünf mittlerweile eingetroffen war. Der graue Kniesel warf einen zunächst interessierten Blick auf die Bowtruckles, die ihre kleinen, aber doch fiesen Zähne bleckten, und entschied dann, dass sie sich wohl nicht als Vormittagssnack lohnen würden. Würdevoll setzte er sich in die Reihe neben den Niffler und starrte uns erwartungsvoll an. Vermutlich hoffte er noch darauf, dass der Jobberknoll auftauchen würde.
Marlene blickte die Reihe nachdenklich auf und ab. „Ich denk mal, damit können wir arbeiten. Was haben die so im Kopf? Außer Holz?"
„Der Niffler kann Gegenstände erkennen. Das hab ich mit ihm geübt, dass er immerhin nicht Hagrids Wertsachen klaut. Außerdem hängt er wie ein Entenküken am Kniesel. Der Kniesel kann sich gut Wege merken, aber viel hab ich mit ihm nie gemacht. Entweder ist es ein Streuner aus Hogsmeade, oder einer von den Schülern hat ihn hier vergessen. Die Bowtruckles können in schmale Ritzen. Türschlösser knacken und so. Aber sonst sind sie zugegeben doch nicht die schlausten.", erklärte ich der Reihe nach.
Marlene nickte langsam und zog dann einen Stapel Pergament aus ihrer Tasche.
„Was ist das denn bitte?", fragte ich konsterniert.
„Das-" Sie zog die Heftklammer von der Ecke, „Ist das Ergebnis von mehreren Monaten Stalking." Marlene sortierte die Zettel sehr konzentriert auf scheinbar genau festgelegte Stapel. „Ich hab alles dokumentiert. Essen, schlafen, sogar pinkeln. Alle Gewohnheiten der vier Backfische."
„Okay. Wow.", war das Einzige, was mir dazu einfallen wollte. „Und wofür brauchst du jetzt die fünf hier?"
„Nun, meine Liebe. Ich hab ja gesagt, dass ich keine Gryffindor bin. Leuten die Fresse zu polieren ist nicht wirklich meine Art. Also machen wir ihnen das Leben eben anders zur Hölle. Langsam und gemein. Kennst du das, wenn du was verlierst und dann findest du es an einem Ort wieder, an den du dir sicher bist, dass du es nicht dort hingelegt hast?"
Ich nickte. Das passierte mir doch sehr häufig. „Schon. Aber ich versteh den Zusammenhang nicht."
Marlene zog einen Zettel aus einem Stapel. Darauf war der fein säuberliche Grundriss eines Turmes zu erkennen. „Wir machen genau das. Sachen an Stellen, an die man sie nicht getan hat."
Langsam begann ich zu verstehen. „Du willst ihnen die Sachen klauen und sie dann im Schloss verteilen?"
„Genau das. Das ist keine Stinkbombe, oder ein Eimer Pisse, den man vielleicht vergessen kann. Das macht einen wahnsinnig."
„Meinst du nicht, das ist ein bisschen fies?" Zweifel kamen in mir auf, als ich an Pettigrews Entschuldigung denken musste.
„Freya, für die ist nichts zu fies. Ich würde mich auch nicht schlecht fühlen, wenn ich Potter vom Astronomieturm teckeln würde."
„Und wie hast du die Aktion jetzt genau geplant?"
Marlene deutete auf den dicksten der Stapel. „Ich weiß genau, wann die Idioten normalerweise in ihrem Schlafsaal rumgammeln und wann sie draußen herumziehen. So können wir immerhin halbwegs sicherstellen, dass sie nicht plötzlich drei kleine Zweige in ihrer Sockenschublade finden, die versuchen ihr Lieblingspaar zu klauen."
„Aber was ist, wenn die ihren Plan ändern und doch plötzlich aufkreuzen?", fragte ich misstrauisch, während ich Holzläuse an unsere Rekruten Eins bis Vier verfütterte.
„Dafür brauch ich dich." Ich erstarrte. „Zumindest beim ersten Mal will ich sicherstellen, dass wir genug Zeit haben, falls was schief geht."
„Und was soll ich bitte machen? Mit den Fünf in den Schlafsaal schleichen, verkleidet als Pilmpy?"
„Nein. Du verschaffst mir die Zeit und die reine Luft.", antwortete Marlene. Sie tippte auf ein Zeitfenster in einer Tabelle.
Ich seufzte. „Marlene, hör auf in Rätseln zu sprechen. Was soll ich machen?"
„Du hältst mir die Deppen vom Hals. Ich schick dich auf ein-" Sie malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, „Date, mit Lupin. In die Bibliothek oder so. Die drei anderen werden sich das nicht entgehen lassen wollen. Das dürfte mir die Zeit schaffen."
„Ich gehe sicher nicht auf ein Date mit Lupin! Das kannst du vergessen!", entrüstete ich mich.
„Erstens, ist das am effektivsten. Der wird ganz sicher nicht nein sagen. Dass der ein Auge auf dich geworfen hat, das sieht sogar ein Binder mit drei Krückstöcken." Ich verkniff mir die Bemerkung, dass ich das nicht gemerkt hatte und es mir auch ehrlich gesagt nicht wirklich behagte. „Und zweitens, hatten wir eine Wette."
„Ich hasse dich."
Marlene grinste und klopfte mir auf die Schulter „Ich dich auch."

Kelpie || HP/Rumtreiber FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt