Vier Briefe für ein Halleluja

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Wie gewohnt wachte ich am nächsten Morgen viel zu früh auf. Draußen war es noch stockdunkel und auch der Rest der Famile schlief vermutlich noch. Leise stand ich auf und zog die drei kleinen Päckchen aus meiner Nachttischschublade. Noch im Schlafanzug und barfuß tappte ich die Treppe nach unten, durch die Küche und ins Wohnzimmer. Nur die Reste der glühenden Kohle leuchteten durch den dunklen Raum und erleuchteten das hubblige und abgewetzte Parkett.
Schnell steckte ich die drei Pakete in die zugehörigen Socken und schob die Glut etwas zusammen, dass sie auch in einer Stunde noch warm sein würde. Der Blick auf die Standuhr verriet mir, dass es gerade ein mal viertel vor Sieben war. Es würde also noch dauern, bis Mum und Dad aufstehen würden. Zügig tappte ich die Treppe wieder nach oben und wickelte mich in meine Bettdecke. Hier oben war es doch deutlich kälter als unten im Wohnzimmer.
Ich angelte ein Buch von meinem Nachttisch, zündete mir die Öllampe an und begann, im schwummerien Licht zu lesen.

Ein Tippeln am Fenster riss mich aus dem Buch. Irritiert legte ich es umgedreht auf das Bett und lief zum Fenster. Davor saß eine große, kräftige Schneeeule, die einen dicken Brief im Schnabel trug. Ich schob das Fenster auf und nahm der Eule den Brief ab. Seltsam. Die McKinnons hatten keine Schneeeule. Schnell schob ich der zeternden Eule einen Keks in den Schnabel, damit sie nicht das ganze Haus aufweckte. Zufrieden scheinend zog sie von Dannen.
Ich drehte den Brief in der Hand, während ich das Fenster wieder zuzog. Jetzt war es noch kälter hier drinnen. Na super. Das Licht der Öllampe flackerte über das raue Pergament.

Freya Winter

Nur das stand in etwas gedrungener Schrift auf dem Umschlag. Ich bildete mir ein, sie schon mal irgendwo gesehen zu haben. Vorsichtig durchbrach ich das Siegel. Es war rot mit einem eingeprägten Löwen.
Vorsichtig zog ich den Brief heraus. Aber wie es sich herausstellte, war es nicht ein Brief, sondern vier. Vier einzelne, jeweils zusätzlich versiegelte Stücke Pergament. Irritiert legte ich den Umschlag beiseite. Wer schrieb mir denn Weihnachtspost, wenn nicht Marlene?
Ich drehte den ersten Brief. Sein Siegel war ebenfalls rot, mit einem eingeprägten P. Vorsichtig öffnete ich das Siegel und begann zu lesen.

Hallo Freya,
ich weiß gar nicht wirklich, was ich hier schreiben soll. Eigentlich habe ich dir schon alles gesagt. Es tut mir leid. Ich war ein Dummkopf und ein Feigling. Eigentlich hätte ich viel früher mit dir reden und mich entschuldigen sollen.
Damals im Wald hast du meine Entschuldigung abgelehnt, aber seit dem ist viel passiert. Deshalb fragte ich noch einmal. Nimmst du die Entschuldigung an?
Peter

Ich ließ den Brief sinken. Mit zitternden Händen nahm ich den nächsten der Briefe. Er trug das gleiche Siegel, wie der Umschlag.

Hi Winter,
die ganze Aktion war nicht meine Idee, sondern Moonys. Das nur zu meiner Verteidigung. Und er hat recht. Ich war ein Arsch. Sowohl ich, als auch Tatze (wenn du seinen Brief von meinem liest, egal was er über mich sagt, glaub ihm nicht). Wenn man Streiche spielt, denkt man oft nicht über die Konsequenzen nach. Klar, nachsitzen. Aber was ist schon nachsitzen?
Für uns warst du immer das perfekte Opfer. Keine Freunde außer McKinnon, mit denen du reden konntest. Keine Petze. Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass du für uns wie ein lebloses Etwas warst, an dem man Streiche ausprobieren konnte. Es hieß immer „lass uns das mit Winter probieren".
Es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist und ich bereit, alles zu tun, um das Geschehene wieder rückgängig zu machen. Vor allem Moony zuliebe.
Halt die Ohren steif, James

Ich legte den gelesenen Brief auf Peters. So kannte ich Potter gar nicht. Wie viel Überwindung es ihn wohl gekostet haben musste, zuzugeben, dass er im Unrecht war? Aber ob er es auch wirklich nur so meinte. „Es war nicht meine Idee, sondern Moonys". Ich nahm den nächsten Brief. Die Initialen SB prangten im schwarzen Siegelwachs, das im Licht der Lampe schimmerte. Hatte Remus sie dazu gezwungen, diese Entschuldigungen zu schreiben? Mit weiter, auch vor Kälte, zitternden Fingern brach ich das schwarze Siegel auf.

Sorry

Mehr stand da nicht. Nur dieses eine Wort in schwarzer Tinte. Ich schüttelte den Kopf. Anscheinend war Black nicht so auf Einsicht bedacht.
Der letzte Brief war etwas schwerer. In das dunkelblaue Wachs war ein R geprägt. Als ich das Siegel aufgebrochen hatte, rutschte mir etwas entgegen. Eine dünne, silberne Kette. Irritiert legte ich sie zur Seite und begann zu lesen.

Liebe Freya,
vielleicht hat es einer von den anderen schon gesagt, aber es war meine Idee, die Briefe zu verschicken. Ich hoffe, sie kommen rechtzeitig zum Weihnachtsmorgen bei dir an.
Ich hab es dir nie wirklich gesagt, aber es tut mir leid. All die Streiche und die Schikanen und ich bin mir sicher, dass es den anderen auch leid tut. Am Anfang warst du für uns immer ein leichtes Opfer. Ich weiß noch genau, wie du damals fast geweint hast, weil du nach Ravenclaw und nicht zu deiner Schwester gekommen bist. Aber es hat sich viel geändert. Je älter du geworden bist, desto ruhiger und verschlossener bist du geworden. Ich habe jedes Mal deine Narben gesehen und mich gefragt, ob du wohl so bist wie ich. Wie sich herausgestellt hat, warst du so viel mehr. Ein etwas lebensmüdes, starkes Mädchen mit einem Willen, der Wälder versetzen könnte.
Ich habe keine Ahnung, wie eir so viele Jahre denken konnten, dass dich diese Streiche kalt lassen. Dass wir einfach gedacht haben, dass es dir egal wäre, gedemütigt zu werden. Vielleicht haben wir gedacht, du hättest keine Gefühle, einfach, weil du sie nicht zeigst, wie andere es tun. Tatze meinte immer, du bist das genaue Gegenteil von deiner Schwester. Er meinte es abwertend, aber ich finde es gut. Hogwarts braucht keine zweite Iduna, es braucht Menschen wie dich, die zuhören und vertehen können.
Die Kette, die hier mit dabei liegt ist für dich. Ich weiß, dass kein Geschenk das alles wieder gutmachen kann, aber vielleicht ein Stück weit.
Remus

Verzweifelt versuchte ich die Tränen wegzublinzeln, die sich in meinen Augen gesammelt hatten. Langsam hob ich die Kette auf. An der dünnen Silberkette hing ein silbern glänzender Anhänger mit einem eingeprägten Triskel.

Kelpie || HP/Rumtreiber FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt