Beutezug

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Aber auch die Tatsache, dass Remus und Peter sehr viel netter - im Falle von Remus fast schon übertrieben nett - geworden waren, hielt Marlene und mich nicht davon ab, unseren zweiten Beutezug zu planen. Mittlerweile waren alle Socken und andere Gegenstände verteilt und wir hatten keinen Nachschub mehr.
Nachdem die vier Rumtreiber Nachsitzen für eine Stinkbombe unter Flitwicks Pult für einen verschneeregneten Freitagnachmittag Mitte Dezember kassiert hatten, entschieden wir uns kurzerhand für eben diesen Nachmittag.

Wie ich mit dem Niffler, der sich unter meinem Umhang dicht an meinen Bauch kuschelte, fühlte ich mich ein bisschen wie eine Mutter, die versuchte ihr Kind unerlaubt irgendwo mit hineinzuschmuggeln. Die Bowtruckles hatten sich im dichten Winterfell des Kniesels vergraben. So schlichen wir, in einer auffällig-unauffälligen Karawane in Richtung des Gryffindor-Gemeinschaftsraumes.
Leise quetschten wir uns hinter die Statue eines Löwen neben dem Porträtloch. Mein Herz pochte in meinen Ohren. Ohne Marlene hätte ich vermutlich schon längst Fersengeld gegeben, aber als eine kleine Gruppe schnatternder Viertklässler aus dem Gemeinschaftsraum kletterte, kam unsere Chance. Schnell bedeutete dem Kniesel, durch das Porträtloch zu klettern, während ich die Krallen des Nifflers aus dem Stoff meines Umhangs befreite, bevor ich auch ihn in Richtung des, sich langsam schließenden Porträts schob.
Die beiden Tierwesen warfen unsichere Blicke zurück. „Los!", flüsterte ich hektisch, während sich das Porträt der fetten Dame weiter schloss. Das reichte den beiden zum Glück. Mit einem eleganten Satz hechtete der Kniesel durch den Spalt und auch der Niffler schaffte es gerade so durch, bevor sich das Porträt mit einem leisen Klicken schloss.
Marlene hielt mir die Hand zum Abklatschen hin. Ich ließ meinen Blick kurz den leeren Gang entlangwandern, bevor ich einschlug.
„Jetzt heißt es warten.", murmelte sie und stand auf.
Ich tat es ihr nach. Meine Beine kribbelten unangenehm.
„Und was ist unser Alibi?", fragte ich und versuchte durch ziehen an meinem Umhangstoff die Fäden, die der Niffler herausgezogen hatte, wieder an ihren Platz zu bekommen.
„Wir warten auf Lily." Marlene zuckte die Schultern und zog ein Buch aus ihrer Umhangtasche. Mein Verdacht des Vergrößerungszaubers bestärkte sich und es erstaunte mich jedes Mal aufs Neue, dass sie in Situationen, in denen ich gefühlt das Denken verlernte, in der Lage war, an wirklich Alles zu denken.

Die Minuten verstrichen schneckenlangsam. Es war mir unergründlich, wie Marlene so ruhig und gelassen bleiben konnte, während ich mir fast in die Hose machte.
Neben uns klickte das Porträt leise. Schnell blickte ich zur Seite, in der Hoffnung einen grauen und einen schwarzen Flauscheball zu sehen, aber stattdessen standen wir einem hochgewachsenen, dunkelhäutigen Siebtklässler gegenüber. Von seinem Umhang schimmerte ein Vertrauensschülerabzeichen. Seine Miene war unergründlich.
„Was macht ihr hier?", fragte er, mit einem Blick auf unsere Ravenclawkrawatten. Mein Gehirn versagte. Wie so oft bei sozialer Interaktion.
Es war Marlene, die uns, wie so oft, aus der Patsche holte. Sie hob das stoffgebundene Buch in die Höhe. „Wir warten auf Lily.", erklärte sie mit einem Unschuldslächeln.
Ich starrte nur auf den Boden, konnte aber aus dem Augenwinkel sehen, wie der Junge abschätzend nickte und dann wieder im Gemeinschaftsraum verschwand.
Nicht einmal eine Minute, nachdem wir beide erleichtert aufgeatmet hatten, stand unser nächstes Problem vor uns. Es hatte dunkelrote Haare, grüne Augen und trug den Namen Lily Evans. Ihre Augen musterten mich zunächst etwas irritiert. Vermutlich war mein Umhang noch voller Knieselhaare. Dann wandte sie sich an Marlene und wurde spürbar freundlicher.
„Sean meinte, du hättest was für mich?", fragte sie lächelnd. Im Gegensatz zu mir hatte ich das Gefühl, dass sie sich wirklich über Marlene freute.
„Ja." Meine Freundin reichte ihr das Buch. „Ich hab's durch. War nicht wirklich so mein Fall, mit dem ganzen Drama, aber war schon okay."
Lily nickte. „Ich mochte es eigentlich ganz gerne, aber wenn du willst, kann ich dir mal Herr der Ringe ausleihen!"
Marlene nickte und lächelte. „Kannst es mir ja zum Abendessen mit runterbringen."
Lilys Augen funkelten freudig, bevor sie sich mir zuwandte. „Remus ist übrigens nicht hier. Der muss mit nachsitzen."
„Ich weiß. Bin nur mit Marlene hier.", erklärte ich schnell und nickte zu Marlene, als wüsste Lily nicht selber, wer Marlene war.
„Naja. Solange du nicht mit Black irgendwas anfängst...", murmelte Lily, bevor sie sich umdrehte und wieder in den Gemeinschaftsraum verschwand. Irritiert kniff ich die Augen zusammen. Warum bildeten sich plötzlich alle ein, mir Raschläge geben zu müssen? Ich hatte doch eh nicht vor, etwas mit Remus anzufangen. Geschweige denn mit Black.

Kelpie || HP/Rumtreiber FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt