„Als hätte mich eine Horde Bergtrolle als Bauklotz benutzt..."

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Ich driftete zwischen wach und schlafend hin und her. Wusste nicht, wann ich mir Dinge in der Luft nur einbildete, oder wann ich träumte. Im einen Moment war mir eiskalt, im nächsten so warm, als würde mich ein Drache anhauchen.
Immer wieder zwangen mich Hustenanfälle zum Aufwachen. Ich hatte jegliches Gefühl der Zeit verloren, als mir jemand ein Glas mit Wasser in die Hand drückte. Es war Madam Pomfrey.
„Hier, trink. Das hilft.", sagte sie sanft, aber doch irgendwie bestimmt. In wenigen Zügen leerte ich das Wasser meinen Rachen hinunter. Es brannte. Meine Kehle war so ausgetrocknet, wie die Wüste Gobi. „Weißt du, eine Erkältung ist nicht wie ein gebrochener Arm, den ich von außen einfach heilen kann. Ich kann deinem Körper helfen, aber letzten Endes muss er die Viren selber loswerden."
Sie drückte mich wieder in die Kissen. Stumm starrte ich an die Decke. Wie viel Uhr war es eigentlich? Draußen schien keine Sonne, es konnte also noch Vormittag, oder schon später Nachmittag sein.
Ein erneuter Hustenkrampf zwang mich dazu, mich zur Seite zu drehen. Es war ein kurzes, abgehacktes Husten. Ich fühlte mich, als würde ich gleich explodieren vor Hitze.
Wenig später war ich auch schon wieder in einen unruhigen Schlaf gefallen.

Als ich das nächste mal aufwachte, war es fast dunkel im Krankenflügel. Vielleicht ein paar Minuten nach Sonnenuntergang. Unscharf erkannte ich Marlene neben meinem Bett sitzen, das Gesicht hinter einem Buch vergraben. Kraftlos und schlapp versuchte ich mich aufzusetzen. Sie sah auf.
„Na, wieder heile?", fragte sie mit einem schiefen Lächeln.
„Noch nie besser.", murmelte ich und fuhr mir mit der Hand über die Stirn. Sie klebte. Vor Schweiß vermutlich. „Was habt ihr heute in Pflege magischer Geschöpfe gemacht?"
Sie klappte ihr Buch mit einem Kopfschütteln zu. „Du liegst mit über 40 Grad Fieber im Krankenflügel und das ist deine erste Frage?"
„Offensichtlicherweise." Ich angelte etwas ungeschickt nach dem Glas Wasser, was auf meiner anderen Seite auf einem kleinen Tisch stand. Dabei fiel mein Blick auf einen Jungen, der zwei Betten weiter lag. Ich brauchte ein paar Sekunden, um ihn zu erkennen. Lupin. Mit den Ellbogen aufs Bett gestützt und die Nase in einem Buch auf dem Kopfkissen. Schnell drehte ich mich wieder zurück und das Glas mit Wasser rutschte mir fast aus der Hand.
„Wir haben mit geflügelten Pferden angefangen. Der Typ ist mit unserer Klasse leicht am Verzweifeln ohne dein lexikongleiches Gehirn." Ich nickte langsam und nahm einen Schluck vom Wasser. Meine Lippen waren trocken und spröde. „Aber jetzt sag mal. Wie geht's?"
„Scheiße.", murmelte ich.
„Definiere Scheiße?" Sie tippte mit ihren Fingern in einer unregelmäßigen Reihenfolge auf den Buchdeckel.
„Als hätte mich eine Horde Bergtrolle als Bauklotz benutzt und mich dann zum Abendessen geröstet." Ich stellte das Glas wieder zurück und konnte nicht verhindern, dass mein Blick wieder an Lupin hängen blieb.
„Sehr bildhaft beschrieben."
„Danke." Kurz herrschte Stille. „War Iduna eigentlich hier?"
Marlene schüttelte den Kopf. „Ich hab ihr noch vor der ersten Stunde Bescheid gesagt, aber soweit ich weiß nicht."
Ein unfreiwilliges Seufzen verließ meine Kehle.
„Irgendwann dreh ich deiner Schwester den Hals um, ich sag's dir."
„Lass gut sein. Sie hat doch so viel um die Ohren, als Schülersprecherin und mit ihren Noten..." Ich sank wieder in meine Kissen.
„Und du verteidigst das auch noch. Als hätte sie nicht mal fünf Minuten Zeit hier hoch zu schauen, wenn ihre Schwester krank ist. Das kannst du mir doch nicht erzählen, Freya!"
„Miss McKinnon, sie waren jetzt lange genug hier. Miss Winter braucht ihre Ruhe.", ertönte Madam Pomfrey. Sie kam mit einem Teller Zwieback aus ihrem Büro, den sie auf meinen Seitentisch stellte.
„Aber-", setzte Marlene zur Widerrede an.
„Kein aber. Sie können morgen früh noch ein mal wiederkommen, aber für heute ist die Zeit zuende."
Grummelnd stand Marlene auf und trollte sich.

Schweigend knabberte ich an den Zwiebackscheiben. Schon nach einer hörte ich auf, da sich mein Magen so anfühlte, als würde er den Zwieback liebend gerne sofort wieder loswerden. Ich stellte den Teller wieder weg und starrte stumm an die Decke, die langsam immer dunkler wurde. Es dauerte nicht lange und ich glitt wieder in unruhige Träume.

Ein Flüstern weckte mich.
„Ich hab dir noch nen Schokofrosch mitgebracht. Wenn uns die olle Pomfrey schon nicht tagsüber reinlässt." War das Pettigrew? Was hatte der denn mitten in der Nacht hier zu suchen? Ein Lattenrost knarzte.
„Schade, dass du heute nicht beim Kesselbrand mit dabei warst. Du hättest sehen müssen, wie aufgeschmissen der ohne seine Lieblingsschülerin war. Die kotzt ihm ja sonst immer alles vor die Füße." Anscheinend war Pettigrew nicht alleine gekommen. Das war Black. Eigentlich hätten mich seine Worte wütend machen sollen, aber ich fühlte einfach nichts. Ich fühlte mich einfach nur leer, wie ein Waschlappen, den jemand bis zum Verrecken ausgewrungen hatte.
„Ist ja echt nett von euch, aber ich wollte eigentlich schlafen."
„Pff. Schlaf wird überbewertet, mein Lieber."
„Peter, hier sind auch noch andere, die schlafen wollen. Nicht nur ich."
„Machst du dir etwa Sorgen um Winter oder was?", fragte Potter leicht spöttisch.
Mein Rachen kribbelte leicht. Oh nein. Nicht jetzt husten, Lunge. Ganz schlechter Zeitpunkt.
„Und wenn? Du hättest mal Madam Pomfrey hören müssen. Die kann froh sein, dass sie noch-"
Der Rest seines Satzes wurde von meinem Hustkrampf übertönt.
„Alternativ hör dir ihren Husten an." Lupins Stimme triefte vor Ironie.
„Soll ich jetzt Mitleid haben oder was?", fragte Potter.
„Da sind wir auch nicht ganz unschuldig dran."
„Er hat recht.", entgegnete Pettigrew. „Übernehmt mal Verantwortung für eure Taten."
Ungewollt spürte ich, wie der Schlaf versuchte, sich mein Gedächtnis zurückzuholen.
„Das sagst ausgerechnet du..."
Mehr hörte ich schon nicht mehr. Das Fieber drängte mich wieder in den Schlaf.

Kelpie || HP/Rumtreiber FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt