𝐓𝐇𝐈𝐑𝐒𝐓𝐘

.𝕹𝖔 𝕱𝖔𝖗𝖒𝖆𝖑𝖎𝖙𝖎𝖊𝖘.

Jeon

"Du siehst beschissen aus."

Jeon wischt sich mit beiden Händen über sein müdes Gesicht, bevor er es ganz in seinen Handflächen vergräbt und mit einem sarkastischen Seufzen nuschelt: "Danke."

Diesmal ist er es, der auf dem kleinen Sessel gegenüber von Jo im Krankenhaus sitzt; die Ellenbogen auf seine Knie gestemmt, während sein Partner zufrieden seinen Pudding aus einer kleinen Plastikpackung löffelt.

"Heftige Kopfschmerzen, Gedächtnisverlust, ein paar Probleme mit der Feinmotorik...aber er wird wieder.", hatte Vis ihm versichert, sobald das Herz seines Partners wieder zu schlagen begonnen hatte und dieser den ersten, kräftigen Atemzug nahm.

Jeon war vor Erleichterung wieder auf die Knie gesunken, eine Hand an seinem Herz, als wäre er es ebenfalls für ein paar Minuten stehen geblieben. "Was sollen wir ihm sagen, was passiert ist?"

'Hey Partner- du wurdest von einem Dämon gegrillt- aber keine Sorge, ich habe einem Feuergott meine Seele verauft und jetzt bist du wieder Top-Fit.'

Im selben Moment war Jo wieder zu sich gekommen und hatte sich stöhnend vor Schmerzen auf dem leuchtenden, glatten Boden des Nachtclubs hingesetzt: "Was...was ist...",- doch Vis hatte nach Jo's Waffe gegriffen und ihm kräftig damit gegen den Hinterkopf geschlagen, sodass er mit dem Gesicht voraus wieder bewusstlos zu Boden ging.

"Sagen wir einfach, er wurde aus dem Hinterhalt attackiert.", meinte Vis dann trocken.

Das kühle Sonnenlicht fällt auf das helle Krankenhausbett und Jeon betrachtet die Bandage um Jo's Kopf, aus der sein hellbraunes Haar herauslugt wie aus einem modischen Bandana.

"Vielleicht solltest du dich von diesem Fall zurückziehen.", schlägt er vor und streicht sich die schwarzen Bangs aus seinem Gesicht, "Im Moment bin ich ohnehin nur am ermitteln, für dich ist es zu riskant."

Jo zieht ungläubig die Augenbrauen hoch und zeigt mit dem Löffel auf seinen Partner. "Denkst du etwa, nur weil ich mal was einstecken musste, gebe ich sofort auf? Du warst vor mir hier drin, Jeon."

Er schluckt schwer, bevor er seinen Blick aus dem Fenster richtet und die graublaue Innenstadt von Gangnam dabei beobachtet, wie sich der Abend in die dunklen Straßen legt; Autos füllen den Verkehr auf dem Weg nach Hause und kleine Läden an den Straßenrändern schließen ihre Türen.

Diese Mission hat Jo bereits einmal das Leben gekostet, ein weiteres Mal wird er ihn nicht retten können.

"Du hast nur diese eine Seele zu bieten- sieh zu, dass es sich auch wirklich lohnt", hatte Vis ihm gesagt.

"Du sagst also, dass Vis irgendwelche Feinde hat, die seinen Nachtclub terrorisieren?", Jo stellt die leere Puddingpackung auf den Nachttisch und lutscht nachdenklich die letzten Reste von dem Löffel.

Jeon nickt vorsichtig und starrt auf die unsauber gebundenen Schnürsenkel seiner dunklen Nike-Sportschuhe.

Deimos, ein Gott des Terrors. Sieht also wirklich nicht gut für uns alle aus.

Ein leises klopfen erregt ihre Aufmerksamkeit, als ihr Mr. Lee das Krankenzimmer betritt.

"Officer Kim.", wie immer grüßt er Jo, indem er sich zwei Finger an die Schläfe hält und ihm mit einem schwachen Lächeln salutiert- eine Geste, die sein Partner sofort erwiedert. Irgendwie scheint das so ein Ding zwischen den beiden zu sein, doch Jeon hat sich nie wirklich getraut, nachzufragen.

Mr. Lee's Blick fällt auf Jeon, der in einer bequemen Jogginghose und einem weiten, grauen T-Shirt steckt, über das er sich eine dunkle Jacke von Carhatt gezogen hat. "Und Officer Jeon... Sie sind hoffentlich nicht in diesem Aufzug im Dienst?", beschämt nimmt sein Vorgesetzter die Brille ab und reibt sich die Augen.

Fragend blinzelt Jeon ihn an. Es kommt wirklich selten vor, dass er in seiner Uniform herumläuft, ohne gerade auf einer Mission zu sein; weite Shirts und Jogginghosen sind immerhin viel bequemer als seine Uniform. Außerdem erregt er so nicht immer jedermann's Aufmerksamkeit, womit er sich sehr viel wohler fühlt.

"Habe mir heute frei genommen, um Joseph hier Gesellschaft zu leisten.", gibt Jeon zu und Mr. Lee lehnt sich mit verschränkten Armen seitlich gegen die Wand.

"Ihren Bericht habe ich mir durchgelesen, jedoch konnten wir keine neuen Informationen zu Mr. Min finden- keine Clubs oder größere Unternehmen. Jedenfall keine, die mit Lizens im Register gemeldet sind. Vermutlich betreibt er sein Geschäft im Untergrund, daher müssen Sie weiter ermitteln, um uns eine neue Spur zu geben, die wir verfolgen können.", teilt Mr. Lee ihm mit und mustert seinen Partner prüfend.

"Ab wann sind Sie wieder einsatzbereit, Officer Kim?"

Bevor dieser ihm antworten kann, springt Jeon bereits auf die Beine. "Ich weiß, wo ich mir mehr Informationen beschaffen kann, Sir.", meint er entschlossen.

Es wird Zeit, dass Vis ihm ein paar Fragen beantwortet, wenn die Polizei sie nicht finden kann.

Sein Vorgesetzter hebt die Augenbrauen über den Rand seiner Brille und ein amüsiertes Lächeln zuckt an seinen Mundwinkeln. "Gehen Sie es langsam an, Officer Jeon... jedes Mal, wenn sie einen Fall zugeteilt bekommen, versuchen Sie ihn auf eigene Faust zu lösen und hängen sich zu sturköpfig hinein. Sie können den Fall ruhen lassen, bis ihr Partner wieder voll einsatzfähig ist, oder wir teilen Ihnen solange einen anderen Partner zu..."

Doch Jeon schüttelt nur mit dem Kopf: "Ich beschaffe uns lediglich ein paar Informationen, ohne ein Risiko einzugehen.", er macht eine halbe Verbeugung vor seinem Vorgesetzten und die langen Bangs kitzeln seine Wangen. "Lassen Sie mich helfen, Sir."

Er schweigt eine Sekunde, und Jeon muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass er einen unentschlossenen Blick mit Jo tauscht.

"Na schön.", Mr. Lee seufzt schwer, "Werden Sie vorher etwas formelleres Anziehen?"

"Nein, Sir."

Deprimiert schließt er die Augen, als Jeon einen Finger hebt, "Aber ich habe meine Dienstmarke immer bei mir...", er kramt in der Tasche seiner Jogginghose herum, doch aus dieser zieht er lediglich eine Packung Kaugummis heraus, "Uhm... ich hab sie ganz sicher im Auto. Oder an meinem Arbeitsplatz...""

"Na los, verschwinden Sie."

"Ja Sir!", Jeon verbeugt sich nochmals knapp, bevor er das Krankenzimmer verlässt und seine schweren Sportschuhe über den weißen Gang davonlaufen.

Etwas sagt ihm, dass es ihm nicht unbedingt nur um die Antworten zu Mr. Min geht, als er sich auf den Weg in's 'Thirsty?' macht, um Vis zu sehen.

Vielmehr sehnt er sich einfach danach, sich wieder in dem charismatischen, dunklen Braun seiner Augen zu verlieren, sich von seiner tiefen Stimme einlullen zu lassen und seine vollen Lippen zu beobachten, während er spricht.

Wieso kann ich dich hören, obwohl du nicht bei mir bist?

Weshalb fühle ich die Berührungen deiner Haut durch meine eigenen?

Er muss diese Verbundenheit endlich versehen.

___note_____________

Bild: Mr. Lee (you are welcome)

Heute wieder zwei Chap's auf einmal, cuz...why not.

xoxo