34. Ich erzähle von Tom

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Eleanors Sicht:

Als er lächelte, erwiderte ich es, doch er merkte, dass es nicht echt war und runzelte die Stirn. Seine Zeigefinger strichen über meine Wangen, bevor er meine Mundwinkel leicht anhob. Ich drehte meinen Kopf weg und stand von seinem Schoß auf.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er sich auf die Lippe biss und sich dann kaputt über das Gesicht rieb.

>> Was ist so passiert in der letzten Woche? <<, fragte ich, um die Stille zu durchbrechen.

>> Die letzte Woche war die Schlimmste, seit mein Vater gestorben ist. Ich will wirklich nicht darüber reden. Wie war deine? << Als Antwort zog ich einen Mundwinkel hoch, damit er wusste, dass ich ebenfalls nicht drüber reden wollte.

Nachdem sich meine Gedanken relativ geordnet hatten, ging ich langsam wieder zum Bett, auf dem Ander noch immer saß. Er sah mich mit großen Augen an und dank der Nachttischlampe sah ich, dass seine Pupillen geweitet waren.

Als ich auf das Bett kletterte und mich auf die Seite legte, sodass ich ihn anschauen konnte, gab er seine sitzende Haltung auf und legte sich zu mir. Als wir uns anschauten, erinnerte ich mich daran, als wir das zum allerersten Mal gemacht haben.

Es hatte ein wenig gedauert, bis wir uns nach dem Anfreunden auch im Haus getroffen hatten. Aber irgendwann hatten wir vor Anders Tür gestanden und Tanja hatte die Tür geöffnet, weil sie gerade den Müll hatte rausbringen wollen. Dort hatte sie uns stehen sehen und uns zum Abendessen reingerufen.

Danach waren wir hoch in Anders Zimmer und nachdem er mir seine Büchersammlung gezeigt hatte, hatten wir uns in sein Bett gesetzt und irgendwann hatten wir nebeneinander gelegen. Obwohl wir dabei die ganze Zeit geredet hatten, wusste ich, dass ich kaum auf seine Worte geachtet hatte. Dafür war ich viel zu aufgeregt gewesen.

Mein Herz hatte damals genauso schnell geschlagen wie jetzt und bei der Erinnerung daran lächelte ich. Ander lehnte sich zu mir und legte einen Arm um meine Hüfte.

>> Déjà-vu? << Er dachte an den selben Moment wie ich, da war ich mir sicher. Als Antwort kuschelte ich mich an ihn. Ich liebte die Wärme in meinem Körper, die seine Berührungen in mir auslösten.

>> Danke für die Geschenke. << Jetzt sah ich doch zu ihm hoch. Mein Blick strich über seine Lippen, doch ich zwang mich dazu, schnell weiter hoch in seine Augen zu schauen. Doch er wand selbst geradeerst den Blick von meinen Lippen ab. Wir sahen uns an und ich lächelte.

>> Kein Problem. Spielt sich die Gitarre gut? <<

Er nickte wild. >> Sie ist besser als die Alte. Und auch die Reifen für mein Skateboard sind wirklich gut. Aber am besten war das Buch. <<

>> Hast du es schon gelesen? <<, fragte ich überrascht und stützt mein Kinn auf seiner Brust ab.

>> Mehrmals, ja. Ich habe irgendwie das Gefühl, als wäre ich das Jahr bei dir gewesen. << Liebevoll strich seine Hand über die freie Haut an meinem Rücken. Dabei musterten seine Augen mein Gesicht.

Ich hatte jeden Tag ununterbrochen an ihn gedacht, also war er irgendwie bei mir gewesen. Ich merkte erst, dass ich ihm durch die Haare fuhr und mein Daumen über seine Wange, bis zu seiner Unterlippe strich, auf der jetzt mein Blick lag, als er seinen Kopf ins Kissen zurücksinken ließ und sich auf die Wangeninnenseiten biss.

Ups, dachte ich und zog schnell meine Hand zurück. Da es mir peinlich war, legte ich meinen Kopf auf seiner Brust ab, sodass ich ihn nicht anschauen musste.

>> Wo hast du eigentlich die Gitarre herbekommen <<, fragte Ander und seine Hand strich mir weiterhin über den Rücken.

>> Jemand hatte sie bei Ebay-Kleinanzeigen hochgeladen und ich habe sie abgeholt. <<

>> Das ist cool. Danke echt. Ich liebe sie. Ich liebe alle deine Geschenke! <<

Ein kleiner, fieser Teil von mir wollte testen, wie er reagierte, wenn ich ihm von Tom erzählte. Als ich ihm von Linus berichtet hatte, hatte er zunächst seltsam reagiert, aber das war vermutlich, weil ich ihn damit überrumpelt hatte. Und meinen ersten Freund hatte Ander vorher schon nicht so richtig gemocht. Das zählte alles nicht.

Ich wollte wissen, wie er jetzt reagierte. Nach unserem Kuss.

Vermutlich reagiert er normal, immerhin hat er sich mit einer Anna getroffen, dachte ich. Doch der Gedanke an dieses mir fremde Mädchen sorgte dafür, dass ich es aussprach, ohne weiter darüber nachzudenken. >> Gerne. Der Besitzer war in meinem Alter und auch wirklich süß, da hatte sich die Fahrt erstrecht gelohnt. <<

Als Ander schwieg, rieb ich nervös Zeigefinger und Daumen meiner rechten Hand übereinander. Seine Brust hatte sich angespannt, aber sagen tat er noch immer nichts. Als ich mich aufsetzte, starrte er mich an.

>> Ähm... Cool. Also... was? <<, brachte er schließlich heraus und setzte sich ebenfalls auf. Er blinzelte mehrmals und biss dann die Zähne fest aufeinander, sodass sein Kiefermuskel hervortrat. >> Schade, dass er dann woanders wohnt, oder? <<, fügte er hinzu, lächelte dabei allerdings ziemlich steif.

>> Ach, das geht schon. Wir haben uns auch schon getroffen, dass passt. <<

Sein Lächeln verrutschte und seine Hände ballten sich zu Fäusten. >> Was? <<, entfuhr es ihm und weil er es so laut sagte, zuckte ich zusammen.

>> Meine Familie schläft. Psst! <<

>> Sorry... ich weiß nicht... was? << Er schien ein wenig überfordert und zog die Beine an, sodass er im Schneidersitz saß. >> Wann habt ihr euch denn getroffen? <<

>> Heute. Ich bin erst vor ein paar Stunden nach Hause gekommen. << Anders Mund stand offen und als er es merkte, schloss er ihn schnell. Er murmelte irgendetwas, das ich nicht verstand, bevor er wieder aufsah. >> Wie läuft es denn mit Anna? <<, fragte ich, weil er ziemlich durcheinander wirkte.

Außerdem interessierte es mich wirklich, ob er sich nochmal mit ihr getroffen hatte.

Ich hoffte, dass es nicht so war und ich wusste, dass war fies von mir. Das Treffen war toll gewesen und beide hatten viele Gemeinsamkeiten gehabt, hatte er gesagt.

Alles was ich will, ist das Ander glücklich ist, dachte ich ehrlich. Also sollte ich ihm das gönnen.

Eleanor und Ander ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt