30. Die kalte Schulter

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Eleanors Sicht:

In den folgenden Tagen hatte ich keinen Kontakt zu Ander. Ich sah ihn nicht, ich schrieb ihm nicht, gar nichts. Ich hatte zwar Kira und Leonie von dem Abend erzählt, ansonsten jedoch versucht, jegliche Erinnerung aus meinen Gedanken zu vertreiben. .

Erfolglos.

Mein erster Schultag war der Horror gewesen. Zwar waren die Leute in meinen Kursen alle nett gewesen, aber niemanden von ihnen zu kennen, war komisch. Zwar war ich in den Pausen zu Kira und Leonie gegangen, aber dennoch hatte ich mich allein gefühlt. In der Schule hatten wir die Cafeteria gemieden, sodass ich Ander nicht sehen musste.

Ich hatte noch nie so lange keinen Kontakt zu diesem Jungen gehabt. Einerseits war ich total traurig darüber, andererseits war ich viel zu wütend auf Ander.

Man hatte mich tatsächlich schon zwei Mal darauf angesprochen, ob Ander und ich uns getrennt hatten, weil man uns nicht mehr zusammen in der Schule sah.

Jetzt war Donnerstag und unsere Freunde würden sich bei Leonie treffen. Das hieß, dass ich auch Ander sehen würde und ich spielte mehrfach mit dem Gedanken abzusagen. Doch ich konnte ihm schlecht ewig aus dem Weg gehen.

Also stand ich vor dem Spiegel und strich mir die Haare glatt und zupfte an dem Kleid herum. Dann schnappte ich mir Schuhe und Jacke und verließ das Haus. Mit dem Fahrrad fuhr ich Kira abholen und dann weiter zu Leonie.

Doch als ich die Autos und Fahrräder der anderen sah, die bereits da waren, bekam ich wieder Panik.

>> Hör auf damit, es wird alles gut <<, sagte Kira ernst und zog mich zurück, als ich mich fluchtartig umdrehte, um abzuhauen.

>> Aber ich piss mich gleich ein vor Angst <<, rief ich verzweifelt, als sie mich mit sich zog.

>> Immerhin hast du ein Kleid an, da sieht man keine Flecken. <<

>> Kira du bist ein blödes Wesen. <<

>> Immer wieder gerne und jetzt komm. Ignorier ihn einfach und rede nur mit den anderen. <<

Als sie klingelte, kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Feo öffnete die Tür und ich stellte meine Schuhe unter der Garderobe ab und hängte meine Jacke auf. Ich konnte die Stimmen der anderen in der Stube hören und bevor ich weitere Fluchtversuche planen konnte, zog Kira mich mit sich.

Als ich Ander sah, wurde mein Körper sofort ruhiger. Die Anspannung ließ nach und ohne es kontrollieren zu können produzierte mein Körper Glückshormone ohne Ende.

Doch als er in unsere Richtung schaute, wand ich schnell meinen Blick ab und setzte mich mit Kira auf zwei freie Stühle. Ich zog die Beine an, sodass ich im Schneidersitz saß und zupfte mein Kleid zurecht, sodass man nicht drunter schauen konnte. Einfach um irgendetwas zu tun zu haben.

Auf die Gespräche der anderen konnte ich mich nicht konzentrieren. Dafür lenkte mich Ander zu sehr ab. Als ich es irgendwann nicht mehr aushielt, schaute ich auf und begegnete seinem Blick. Doch als er sofort den Blick abwand, zog sich mein Herz zusammen und ich schaute wieder auf meine Hände.

Aber als Eric Ander ansprach wurde ich hellhörig. >> Ander, du hast dich mit einem Mädchen getroffen? <<

Mit gerunzelter Stirn schaute ich auf, sicher, dass Eric irgendetwas falsch verstanden hatte. Mit wem sollte er sich auch getroffen haben?

>> Ja. Eine, die ich auf dem Skatepark getroffen habe. Gestern. <<

Ich biss mir von innen auf die Wangen. Wann hatte er ein Mädchen kennengelernt? Okay, komische Frage, er wurde andauernd von anderen Menschen angesprochen, einfach, weil er eben Ander war. Aber bisher hatte ihn nie jemand wirklich interessiert.

Bisher hatte ich gedacht Ander datete nicht. Weil er vor mir nie Interesse an anderen zeigte. Aber wer wusste schon, wie er sich verhielt, wenn ich nicht dabei war. Warum es mich so sehr verletzte, konnte ich nicht so genau sagen.

Wir hatten etwas miteinander gehabt, ja. Es hatte mir mehr gefallen, als mit jedem anderen Jungen, ja. Es war klar, dass es also für mich nicht nur Freundschaft sein konnte, auch richtig. Allerdings hatte ich nicht mit diesem Schmerz gerechnet, der sich jetzt in meiner Brust ausbreitete.

>> Wie wars denn so? War es gut? <<, fragte jetzt auch Feo und stopfte sich Chips in den Mund.

Ich sah auf und wieder trafen meine Augen auf die von Ander. Er wand den Blick von mir ab. >> Ja klar. War richtig gut. Ich meine sie ist mir wirklich ähnlich. Sie skatet, sie macht Musik, sie betreibt Sport, sie malt. <<

Das waren alles Dinge, die ich nicht tat. Es waren sogar die Dinge, die ich überhaupt nicht konnte. Dinge, in denen ich schlecht war.

>> Und sie hat braune Haare, du weißt, dass ich auf Brünetten stehe. <<

Gut, dass er mich geküsst hatte, wenn ich anscheinend das komplette Gegenteil von seinem Typ war. Und seit wann hatte er einen Typ. Seit wann waren es Brünetten? Nicht, dass ich braune Haare nicht mochte, schon als Kind hatte ich lieber dunkle Haare gehabt, weil ich persönlich dunkle Haare lieber mochte. Aber konnte man seinen Typ so festlegen?

Ich sah, dass Casper die Stirn runzelte und er Ander fragend anschaute.

Aber ich hielt es nicht mehr aus. Ich musste hier weg, ganz schnell. Ich stand auf und streckte mich. Dabei zwang ich mir ein Lächeln auf die Lippen. >> Meine lieben Freunde, ich muss nach Hause. War wie immer schön mit euch. <<

Eleanor und Ander ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt