22. Unangenehme Stille

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Hektisch löste ich mich von ihm und keuchend öffneten sich meine Augen.
Eine Sekunde später schlug er die Augen auf und wir starrten uns an. Eigentlich starrten uns alle hier an.

Ich schluckte und riss meinen Blick von Anders wunderschönem Gesicht los. Selbst bei dem wenigen Licht, dass das Lagerfeuer warf, sah ich, wie riesig seine Pupillen waren und dass seine Wangen von dem Kuss gerötet waren. Ich sah bestimmt genauso aus, zumindest fühlte ich mich mindestens ebenso erhitzt.

Und wirklich sah uns jeder überrascht an. Nicht nur, weil der Kuss doch so lange gedauert hatte und emotionaler war als geplant. Sie fragten sich vermutlich alle, wieso wir vorher dann beide so gejammert hatten, wenn wir uns danach so küssten.

Ich zog die Nase hoch und sah schnell Leonie an. >> Leonie, Wahrheit oder Pflicht. <<

Sie antwortete zunächst nicht, fing sich aber schnell wieder. Vermutlich, um mir zu helfen, die Aufmerksamkeit auf jemand anderen als Ander und mich zu richten. >> Pflicht. <<

>> Ähm... Mache einen Salto. << Ich wusste, dass sie das konnte und es würde definitiv für genug Aufregung sorgen, um die Blicke der anderen von uns zu lenken. Und ich hatte Recht.

Ander setzte sich etwas steif neben mich und sah mich nicht an, während Leonie ihre Aufgabe erfüllte und dann an jemand anderen weitergab.

Ich versuchte immernoch meinen Atem zu kontrollieren, weil er weiterhin viel zu schnell ging. Ich hörte Anders Atem, der ebenfalls unregelmäßig war, viel zu deutlich neben mir. Doch ich tat es ihm gleich und schaute starr in eine andere Richtung.

Das war das letzte, was ich jemals mit Ander hätte tun wollen, doch jetzt wo es passiert war, ließ sich die Tatsache, dass es mir scheiße doll gefallen hatte, nicht leugnen.

--

Um halb fünf waren schließlich alle kaputt und ich war nur noch zwei Mal drangekommen und ich hatte beide Male Wahrheit genommen. Ander genauso.

Wir hatten uns die letzten Stunden nicht einmal angeschaut, geschweige denn miteinander gesprochen. Ich nüchterte langsam aus und das Einzige, was ich wollte, war nach Hause in mein Bett zu kommen.

Ich lief neben Kira zu ihrem Auto. Die Jungs liefen hinter uns und Leonie ging mit Max zusammen voraus. Ich traute mich nicht mich umzudrehen, doch als wir die Autos erreichten, sah ich in die Runde, bedacht, Ander nicht länger als die anderen anzuschauen und verabschiedete mich.

Doch Ander schien ähnlich wenig begeistert von einem Blickaustausch zu sein, denn als mein Blick zu ihm streifte, sah er weg.

Mein Herz zog sich schmerzlich zusammen. Fick dich Feo!

Dieses Mal setzte ich mich auf die Rückbank und überließ Leonie den Beifahrersitz. Bis Leonie sich von Max verabschiedet hatte und wir losfuhren, ließ ich die Augen ganz einfach geschlossen.

>> Eleanor? <<, fragte Leonie irgendwann leise und ich schaute sie an. >> Alles okay? <<

Ich nickte nur und schaute aus dem Fenster.

>> Das war wirklich scheiße von Feo! Und von Max übrigens aus. Und Casper. Sie sind alle scheiße! <<, sagte Kira wütend und ich seufzte.

>> Auch egal. Wir waren alle betrunken und es war eine Pflichtaufgabe. Nicht weiter schlimm. << Ich versuchte wirklich meinen eigenen Worten glauben zu schenken.

Nicht!

Weiter!

Schlimm!

>> Also, wie geht es mit dir und Phil weiter Kira? <<, fragte ich. Ich sah, wie sie die Schultern zuckte.

>> Ich glaube gar nicht. Ehrlich gesagt war es witzig, aber ich hoffe einmalig. Ihr wisst ja, ich bin nicht so der... Beziehungsmensch. << Man sah, dass sie ein Schaudern überfuhr, als sie das letzte Wort aussprach. Da musste ich tatsächlich lachen.

>> Dann freut es mich, dass es heute Spaß gemacht hat. << Doch als ich die nächsten fünf Minuten wieder schwieg, sah ich, dass die beiden einen Blick austauschten.

>> Wie wärs, wenn ihr bei mir pennt? <<, fragte Kira dann. Die Ablenkung nahm ich zu gerne an. Als wir auf Kiras Hof rollten schlief Leonie und wir mussten sie wecken, nur damit sie hundert Meter weiter in Kiras riesiges Bett fiel und sofort weiterschlief.

Kira war hellwach, was kein Wunder war, da sie Nachts praktisch nie schlief. Sie zog sich um, bevor sie mir einen Pyjama lieh. Ich schlüpfte aus den Klamotten und zog ihre dafür an. Dann hängten wir die Klamotten auf, da sie nach Rauch stanken.

>> Komm, wir backen jetzt Muffins. Dann kannst du aufhören dir Gedanken zu machen. <<

Ich wusste, dass es fast sechs Uhr morgens war, als ich zustimmte und wir anfingen Schokomuffins zu backen, von deren Teig wir den größten Teil roh in uns hineinfraßen und über alles redeten außer Jungs

Eleanor und Ander ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt